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Familienpackung

Familienpackung

Titel: Familienpackung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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eigenen, morgens um 7 . 30 Uhr solche Anstrengungen zuzumuten, grenzt ja an häusliche Gewalt.
    Ich probiere es allein. Mist, jetzt ist ein Stück French-Manicure-Lack vom Daumen abgeplatzt. Ich könnte einen Anfall bekommen. 19  Euro hat mich das ›schlichte gepflegte Aussehen‹ bei der Maniküre gekostet. Und jetzt ist es schlicht nicht mehr gepflegt. Normalerweise kann ich mir selbstverständlich alleine die Nägel feilen. Zur Not auch lackieren. Aber für den Anlass, habe ich gedacht, da investiere
ich mal was. Unter der Decke im Krankenhaus sieht man ja nicht wirklich viel. Nur Kopf, Hände und Füße gucken raus. Also müssen wenigstens die was hermachen. Beim Kopf sind die Möglichkeiten leider beschränkt, außer man lässt sich vor der Entbindung noch eben mal liften und botoxen. Ich habe die sparsame und weniger aufwendige Variante gewählt: Die Wimpern gefärbt, die Fingernägel mit eben dieser French Manicure aufpeppen lassen und die Fußnägel leuchten in sattem Tiefdunkelrot. Nur weil mein Mann ein faules Stück ist, muss ich jetzt den Daumen der rechten Hand unter der Decke lassen oder zur Unperfektion stehen. Ich zerre weiter am Reißverschluss. Ich schaffe es. Hurra. Das Ding ist zu. Aber nur auf einer Seite. Die andere platzt komplett auf. Das war’s. Phantastisch. Erst der Nagel, jetzt die ganze Tasche. Meine Lieblingsreisetasche. Cognacfarbenes Leder. Wirklich ein schickes Teil. Nicht zu aufgemotzt, mehr aus der Abteilung lässige Eleganz. Leider jetzt lässige Eleganz ohne Reißverschluss. Wie sieht denn das aus? Ich kann doch nicht mit einer aufgeplatzten Reisetasche zur Entbindung gehen. Obwohl ›aufgeplatzt‹ zum Thema Entbindung an sich sehr gut passen würde. Ich will gar nicht im Detail darüber nachdenken. Nachher ist diese Reißverschlussgeschichte ein Omen. Wird mir die Kaiserschnittnarbe aufreißen? Gott wie grausig.
    Ha, mein Aluminiumkoffer. Obwohl – ein Koffer wirkt vielleicht auch etwas übertrieben. Heutzutage darf man ja selbst bei Kaiserschnitt keine 14 Tage mehr in der Klinik bleiben. Fünf Tage sind die Norm. Und mein Kaiserschnitt ist fest eingeplant. Für morgen früh 9 . 00 Uhr. Ich wollte eigentlich vor dem Termin noch prüfen, ob das für den Aszendenten des Kindes was Gutes bedeutet, aber Christoph
hielt das für Astroschnickschnack und der Arzt war bei dem Thema null verhandlungsbereit.
    Christoph nähert sich aus dem Badezimmer. Mein Gatte nur locker verhüllt mit einem kleinen Handtuch. Hhm. Netter Anblick. Sehr netter Anblick sogar. Aber trotzdem, man darf die Hormone nicht immer gewinnen lassen. »Danke«, sage ich nur vorwurfsvoll und deute auf die ehemals perfekte Reisetasche. »Ich hab dir gleich gesagt, die ist zu voll«, ist seine einzige Bemerkung. »Die ist nicht zu voll, höchstens ein wenig klein«, motze ich zurück. »Dann nimm halt meine«, schlägt er in versöhnlicherem Ton vor. »Die ist eh praktischer und es geht irre viel rein.« Insoweit mag er Recht haben. In seine Tasche geht verdammt viel rein, aber sie sieht dermaßen grauenvoll aus, dass man sie eigentlich nur verschleiert tragen kann oder in Ländern, in denen es ständig dunkel ist. Er hat sie beim Weihnachtsfest seines Lauftreffs gewonnen. In der Tombola. Mann, hat der sich damals gefreut. Einfach übers Gewinnen. Die Tasche konnte wahrlich nicht der Grund sein. Das ist die hässlichste Tasche, die ich je gesehen habe. So eine Pseudo-Sporttasche in neongrün mit einem senfgelben Streifen. »Wenn diese Tasche die erste Tasche ist, die ein neugeborenes Etwas sieht, kannst du selbst mit einem frühen Schöner-Wohnen- und einem zusätzlichen InStyle-Abo nichts mehr retten.« »Eine Tasche ist eine Tasche ist eine Tasche«, sagt mir ausgerechnet der Mann, der seit neustem behauptet, nur ein BMW sei ein richtiges Auto. »Ich kann nicht mit dieser Tasche ins Krankenhaus«, bleibe ich standhaft. »Ich habe noch Reste von Schamgefühl.« »Dann pack den Krempel doch in Plastiktüten«, grinst er mich an. Jetzt reicht es aber gleich. Soll das hier vielleicht witzig sein? Oder sind das erste
Anzeichen von Sparwahn? Geiz-ist-geil-Symptome? Für mich die blödeste Werbung aller Zeiten. Was soll denn an Geiz geil sein? Geiz ist so ziemlich das Unsexyeste, was es gibt. Jetzt auf keinen Fall klein beigeben, Schnidt. »Ich will sofort eine neue Tasche, ich kann so nicht entbinden«, stelle ich Forderungen. »Ja, dann musst du dir wohl eine kaufen gehen«, ist seine kurze Antwort. Wie schlau. Da wäre

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