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Familienpackung

Familienpackung

Titel: Familienpackung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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sich beim Bohren eine Spritze geben lassen? Gehen auch Frauen wie Claudia Schiffer und Julia Roberts in solche Gruppen oder sind die genau wie ich unsensibel und pragmatisch? Irgendeinen Vorteil muss ein Kaiserschnitt ja haben, sonst würden nicht so viele Frauen drauf bestehen, oder? Natürlich hat die so genannte natürliche Geburt ihre Vorzüge, aber wieso ist es eigentlich so verwerflich, selbst wählen zu wollen? In Zeiten, in denen
sich Frauen neue Brüste passend zum Kleid machen lassen, und keine Socke regt sich darüber auf, ist es immer noch ein wenig bäh, sich freiwillig und ohne Not für einen Kaiserschnitt zu entscheiden. Von diesem Makel bin ich klar freizusprechen. Schließlich hat mein Arzt mir den Kaiserschnitt ja nahe gelegt und ich neige dazu, auf Fachpersonal zu hören.
    Christoph, der instinktiv ahnt, dass er noch was gutzumachen hat, kümmert sich um Claudia. »Ich ziehe dich erst mal an Liebling, dann gibt’s Frühstück und dann fährt Papa dich zur Oma«, strukturiert er eben schnell die nächsten Stunden. Mehr für sich, als fürs Kind. Männer sind mit einer solchen Anhäufung von Dingen, die vor ihnen liegen, fast schon mental überlastet. »Na dann viel Vergnügen euch beiden«, gebe ich dem Gatten noch einen kleinen Ansporn und mache gleichzeitig unmissverständlich klar, dass ich mit diesen Programmpunkten – bis auf Frühstück – nichts zu tun habe. Terrain abstecken ist eine der wichtigsten Dinge in Beziehungen. Wer denkt, es lange, einmal zu sagen: »So läuft das hier, du machst bitte das und ich das«, hat sich böse geschnitten. Man muss immer wieder aufs Neue daran arbeiten, sonst wacht man eines Tages auf und die Grenzen haben sich still und heimlich äußerst ungünstig verschoben. Ich habe Freundinnen, die das mühsam finden und keine Lust auf das ewige Gezacker haben. Natürlich hat man ein ruhigeres Leben, wenn man sich brav in sein Schicksal fügt. »In der Zeit, in der ich dem erkläre, was zu tun ist, habe ich es doch längst selbst gemacht«, seufzen diese Frauen gerne hingebungsvoll. So weit bin ich noch nicht. Auf diese Art Kapitulation kann meiner lange warten. Sonst endet man wie die Ehefrau eines bekannten Vorstandsbankers. Der
ließ sich jahrelang, egal wann er heimkam, noch eine nette warme Mahlzeit servieren – frisch zubereitet und nie aus der Mikrowelle! – und nach Jahrzehnten hat er sich genau darüber mokiert. Sie war ihm lästig, die warme Mahlzeit und ebenso die Frau. Zu unselbständig. Heimchen am Herd. Das war die infamste Frechheit, die ich in den letzten Jahren von einem Kerl gehört habe. Erst tut der alles, um sie genau dahin zu bekommen, und dann nervt es ihn. Was lernt man aus solchen Geschichten? Nie zu pflegeleicht sein und nie zu diensteifrig. Es gibt keine Sammelheftchen zum Einkleben von Bonuspunkten für gute Führung. Eine regelmäßige warme Mahlzeit sichert keine Beziehung.
     
    Als Claudia und Christoph losgefahren sind, genieße ich die Stille, wohl ahnend, dass es vorerst für lange, lange Zeit das letzte Mal sein wird. Bald ist wieder ein Baby im Haus. Es ist komisch, genau zu wissen, dass ich morgen um diese Uhrzeit zum zweiten Mal Mama sein werde. Seit Monaten freue ich mich darauf und jetzt wird mir erstmals ein ganz klein wenig mulmig. Mit zwei Kindern wird mein Leben sehr anders. Ich werde nicht mehr arbeiten gehen. Vorübergehend hoffentlich, aber wer weiß das schon. Planen kann man viel.
    Liebt man das zweite Kind genauso wie das erste? Kann man beide gleich lieben? Was, wenn es ein schwieriges Kind ist? Tag und Nacht schreit? Wie in diesen Reportagen, bei denen verzweifelte Mütter mit fettigem Haar und im schmuddeligen Jogginganzug kurz vor dem Suizid stehen und immer wieder beteuern, wie anders sie sich ihr Muttersein vorgestellt haben. Wird Claudia sehr eifersüchtig sein? In meinem Kopf geht es wirr zu. Soll ich in dem Zustand
wirklich noch eine Tasche kaufen gehen? Ich beschließe, die geplatzte mitzunehmen. Was soll’s. Ich muss sie ja eh aufmachen und dann bleibt sie eben gleich auf. Im Schrank wird es ja keine Taschenreißverschlusskontrolle geben. Stattdessen mache ich es mir gemütlich, schalte den Fernseher an und halte eine kleine Zwiesprache mit meinem Sohn. Das in meinem Bauch ist ein Junge. Tatsächlich. Genau wie bei meiner Schwester. Erst das Mädchen, dann der Junge. Klassisch. Fehlt nur noch das Reihenhaus und der Kombi, dann habe ich alles, was zu einer typischen Mittelstandskleinfamilie gehört.

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