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Familienpackung

Familienpackung

Titel: Familienpackung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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da am Kopf Ihrer Frau, hinter den Tüchern«, erklärt ihm die strenge OP -Schwester. »Nicht, dass Sie uns umkippen und wir uns noch um Sie kümmern müssen, gell.« »Ich wollte nicht mitoperieren und weiß, wo mein Platz ist«, antwortet mein Mann ganz freundlich und streicht mir übers Gesicht. Eine Berührung, die glatt eine Feuchtigkeitsmaske ersetzen würde, so glitschig sind seine Hände. Gott, der ist ja total aus dem Häuschen und die haben noch nicht mal angefangen.
    Mein Bauchbereich ist komplett mit Tüchern verhüllt. Ich kann rein gar nichts sehen. Es sieht aus wie beim Kasperle-Nachmittag. Es würde einen nicht wundern, wenn der Wiedmann seinen Kopf aus den Tüchern stecken würde
und »Tritratrullala« rufen würde. Macht er aber nicht. Stattdessen sagt er: »So die Herrschaften, alles so weit?« Alles nickt, Frau Dr.Zefler überprüft nochmal meine Werte und gibt dann ihr Okay.
    »Geht’s Ihnen denn gut, Frau Schnidt?«, richtet der Herr Oberarzt jetzt auch das Wort an mich. »Ja, so gut es einem geht, wenn man festgeschnallt auf einem unbequemen Stahltisch liegt und in wenigen Sekunden den Bauch aufgeschnitten bekommt«, erlaube ich mir eine Prise Ironie. Er lacht ein ganz klein wenig. Immerhin. Ich habe dem großen Oberarzt eine menschliche Regung abgerungen. Das ist doch mal was.
    Dann geht alles sehr, sehr schnell. Bis auf die Zefler und eine OP -Schwester verschwinden alle hinter den grünen Tüchern und ich merke, wie meine Anspannung wächst. Die Zefler merkt’s auch. Puls und Blutdruck sind verräterische Gesellen. »Ganz ruhig bleiben«, säuselt sie, und Christoph fasst mir schon wieder ins Gesicht. Ich schüttle den Kopf und sage: »Lass mal«, und der guckt doch echt ein bisschen beleidigt. Merkt der nicht, dass ich gleich aussehe wie frisch geduscht? Muss ich das jetzt hier vor all den Leuten sagen? Da will man den Liebsten vor Peinlichkeiten verschonen und dann so was. Wiedmann macht sich bemerkbar. Und das gleich doppelt. Ich spüre was in meinem Bauch. Ein Rumoren. Als würde jemand unter meiner Bauchdecke herumsuchen. Das muss ja wohl der Wiedmann sein. »Merken sie etwas, Frau Schnidt?«, fragt er da auch schon. »Sie machen eine kleine Tour durch meinen Bauch«, antworte ich und fühle mich doch sehr seltsam. »Richtig, gut beobachtet«, sagt Wiedmann, »aber keine Sorge, gleich haben wir den Kleinen raus.« Ich sehe Blut spritzen. Über die grünen
Tücher. Das muss ja meines sein. Mein Puls rast und die OP -Schwester tupft mir die Stirn. »Ich gebe Ihnen ’ne kleine Ladung Sauerstoff«, sagt Frau Dr.Zefler. »Gerne«, antworte ich und habe das Gefühl, einen komplett steifen Oberkörper zu haben. Eine Verspannung ist ein Dreck dagegen. Meine Schultern schmerzen, mein Hals ist bretthart und ich glaube, langsam reicht mir das alles. »Mir tut alles weh, so hier obenrum«, jammere ich in Richtung Zefler und Christoph. »Es dauert nicht mehr lange«, versucht sie, mich zu trösten.
    Und sie hat Recht. »Ich hab ihn«, ruft Wiedmann erfreut und hält etwas sehr Glitschiges über die grünen Tücher. Etwas Glitschiges, das Geräusche macht. Es schreit. Unser Sohn. »Ein Junge«, sagt Wiedmann und dreht das schleimige Etwas in meine Richtung. »Ich weiß«, sage ich. »Aber jetzt ist es ganz eindeutig«, scherzt Wiedmann und Christoph weint. Ohne Geräusch. Aber ich sehe es sofort. Er darf über die Tücher hinweg die Nabelschnur durchtrennen und dann wird der Kleine auch schon an uns vorbei in den Nebenraum getragen. Christoph wetzt hinterher. Ich fühle mich mies. Die Geburt ist gelaufen und ich habe meinen Sohn noch überhaupt nicht richtig gesehen. Gut, dass Christoph mit ist, die könnten mir ja sonst irgendein Kind zeigen und behaupten, es wäre meins. »Ich will meinen Sohn«, schluchze ich, »wenigstens mal kurz ansehen, bitte.« Meine Güte, wie devot bin ich denn. »Gleich, Frau Schnidt, sie saugen ihm nur eben den Schleim ab, und dann, wenn alles okay ist, bringen wir ihn hierher«, erklärt mir die OP -Schwester das Prozedere. »Gut«, sage ich und schluchze ein bisschen vor mich hin.
    Und da kommt Christoph auch schon. In seinen Armen
das Kind. Eingewickelt in ein Handtuch. »Er ist wunderschön und hat Eins-a-Werte. Sein Apgar ist Top. Er ist fünfundfünfzig Zentimeter groß und wiegt stattliche viertausendeinhundertzwanzig Gramm«, ist sein erster Kommentar zu unserem Sohn. Klingt, als würde er über ein Auto sprechen. Mords PS und so. Der Stolz dringt ihm aus allen

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