Familienpackung
dein ist, ist ja dann auch mein.« Mein Zukünftiger scheint das alles nicht ganz so lustig zu finden. Er wird blass. Hat der so weit noch gar nicht gedacht? Ist ihm nicht klar, dass ich ihn, mit bald zwei Kindern, ein paar Euros kosten werde?
Wir beginnen eine Grundsatzdiskussion. Ich biete ihm an, wenn das zweite Kind da ist, die Elternzeit zu nehmen:
»Ich gehe arbeiten und du kümmerst dich um die Kinder und den Haushalt.« Er holt tief Luft, schaut mich ernst an und antwortet: »Im Prinzip kein Problem, ich würde gerne viel mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen. Aber«, blablabla. Und dann geht’s los. Von wegen, »Wenn ich da aussteige, dann war es das für immer. Juristen sind konservativ, man wird nicht für voll genommen und du verdienst doch nun weniger als ich«, und so weiter. Man merkt deutlich, dass in ihm leise Panik aufsteigt. Christoph ist ehrgeiziger, als man denkt. Und noch dazu einer dieser ›an sich schon, theoretisch ja‹-emanzipierten Männer. Er würde selbstverständlich – wenn nicht die Gesellschaft noch so wahnsinnig traditionell wäre. Und überhaupt, wofür das lange Studium, wenn er dann inmitten der Legginsfront Windeln wechselt? Und steht er nicht nachts auch manchmal auf? Was sollen Männer denn noch alles tun? Demnächst vielleicht auch noch die Kinder kriegen? Das Anforderungsprofil ist ja unmöglich zu realisieren. Die Diskussion fängt an, mir Spaß zu machen. »Aber es sind doch auch deine Kinder. Und manchmal muss man gesellschaftlich auch Vorreiter sein, um an einer Schieflage was zu ändern.« Er stöhnt, als hätte ich verlangt, dass er nackt ins Büro geht oder sich öffentlich ein Intimpiercing machen lässt. Ich lenke ein, tue so, als hätte ich durchaus Verständnis und schlage dann ganz spontan eine Halbe-halbe-Regelung vor: »Schatz ich hab’s, wir arbeiten beide halbtags und teilen so wirklich fair. Du bist doch auch für die Gleichberechtigung, gell?« Welcher aufgeklärte Mann sagt an dieser Stelle nein? Der müsste ja bekloppt sein. Jetzt schwant ihm Böses und er läuft zur Hochform auf: »Natürlich bin ich für Gleichberechtigung, oder hältst du mich für einen rückständigen Neandertaler?«
Kleine Pause und ernster Blick. Dann geht’s weiter: »Also echt, Andrea. Was hast du für ein Bild von mir? Aber mal ehrlich, Andrea, wie soll denn das im Alltag funktionieren«, sagt er nervös, »halbtags arbeiten? In meinem Beruf. Soll ich im Prozess aufstehen und gehen, vor dem Plädoyer, weil meine Hausmannschicht beginnt? Wie stellst du dir das vor, Andrea?« Immer wenn er mich mit meinem Namen explizit anspricht, und das auch noch mehrfach, fast schon manisch, ist es ernst. Da unterscheidet er sich kein Stück von meinem Vater. Wenn der streng »Andrea« gesagt hat, war das Warnstufe eins. Aber jetzt habe ich ihn. Der hat solche Angst, beruflich kürzer treten zu müssen oder jahrelangen Diskussionen ausgeliefert zu sein, dass er garantiert bei anderen Dingen zu größten Eingeständnissen bereit ist. »Entspann dich«, sage ich freundlich, »das können wir ja später noch besprechen. Außerdem habe ich in der Redaktion schon gesagt, dass ich die ersten Jahre daheim bleibe. Keiner nimmt dir deine herrlichen Akten weg«, ich sehe wie er innerlich aufatmet, »aber wegen der Hochzeit, also da hätte ich schon gerne was Größeres. So eine richtig feine Feier.« »Von mir aus«, sagt er erleichtert und lenkt ein. Er ist so froh, dem Hausmanndasein wenigstens kurzfristig entronnen zu sein, dass ihm eine Hochzeit mit allem Drum und Dran als geradezu erträgliches kleines Übel erscheint. Gut gemacht, Andrea, denke ich mir und fühle mich mal wieder in meiner Überzeugung bestätigt, dass man die Gunst der Stunde nutzen muss. Jetzt gilt es, direkt alles verbindlich einzutüten, möglichst so, dass er denkt, er hätte selbst nie was anderes gewollt. Zu Detailgesprächen ist er allerdings nicht sofort bereit. »Mach, wie du meinst«, sagt er nur, nicht wissend, dass ihn dieser Satz sehr viel Geld
kosten wird. Uns sehr viel Geld kosten wird. Seins ist ja bald auch meins. Ein Umstand, der, meiner Meinung nach, eine große Anzahl Männer sehr ängstigt. Diese finanzielle Verantwortung. Diese dunkle Ahnung, dass das eine nicht nur teure, sondern auch langfristige Angelegenheit werden kann.
Er will, dass ich mache, was ich will. Wunderbar. Letztlich besser, als jede Kleinigkeit in mühseligen Gesprächen durchzukauen. Jetzt die Freude nur nicht zu deutlich zeigen.
Weitere Kostenlose Bücher