Familienpackung
ihn bei einer Sicherheitskontrolle am Frankfurter Flughafen, vor den Augen neugieriger Anzugträger, auspacken und dann auch noch anstellen musste. »Das war so demütigend«, erinnert sie sich. »Wie die geglotzt haben und der Typ vom Sicherheitsdienst, so ein Schmierlappenkerl, hat den Delphin ständig an- und ausgestellt. Ich glaube, so amüsiert hatten die sich lange nicht. Ich bin dunkelrot angelaufen und dabei wollte ich auf meiner kleinen Geschäftsreise abends nur ein wenig Spaß haben.« »Wie konntest du den denn auch ins Handgepäck tun, den Delphin? War das nicht ein bisschen unvorsichtig?«, frage ich. »Na ja, ich hatte nur Handgepäck für die zwei Tage und außerdem hatte ich den Delphin in den Kulturbeutel gesteckt, nachdem ich ihn vorher nochmal in Folie eingeschlagen hatte. Alufolie. Ich dachte, das hilft. Hat allerdings eher das Gegenteil bewirkt. Man lernt nie aus. Außerdem, wer ahnt denn, dass die dermaßen indiskret sind? Die haben meinen gesamten Kulturbeutelinhalt ausgeräumt. Tampons, Rasierer, Pinzette, meine Schilddrüsenhormone – einfach alles. Und dann haben die den ganzen Kram, wie zur Ansicht für die tumben Geschäftsfritzen, liegen gelassen. Es war das Grauen. Die Tampons ›extra stark‹ lagen kreuz und quer.« Ich kann es mir sehr gut vorstellen. Es muss ein ähnliches Gefühl gewesen sein wie in der S-Bahn. »Wie schrecklich«, zeige ich Einfühlungsvermögen, »man wird bloßgestellt und fühlt sich wehrlos.« »Genau«, bestätigt sie meinen Gedanken, »und dann die Krönung. Im Flieger sitzt einer von den Hauptglotzern neben mir und legt mir beim Start die Hand aufs Knie. Widerlich. Und dann, als ich sie wegschieben will, sagt der doch, ›Wenn Sie mal ein richtiges Tier im Bett wollen, nehmen Sie mich. Statt
Ihres Delphins.‹ Ich hätte kotzen können. Am allerliebsten hätte ich dem auch noch hässlichen Kerl ein paar runtergehauen, aber ich habe mich nicht getraut. Stattdessen habe ich die Flugbegleiterin nach einem anderen Platz gefragt und ihr sehr laut mein Problem geschildert. War aber alles ausgebucht. Da ist eine ältere Frau, zwei Reihen vor mir, aufgestanden und hat gesagt, ›Kommen Sie, ich tausche mit Ihnen. Bei mir haben sich die meisten sehr gut unter Kontrolle. In meinem Alter ist man für diese Grabscher unsichtbar.‹ Und tatsächlich steht sie auf und tauscht den Platz mit mir. Ich muss sagen, das war sensationell. So hat jeder im Flieger mitbekommen, neben was für einer Spezies Mann ich sitze. Einen derartigen Solidaritätsakt hätte ich nicht erwartet. Und der Typ, ich sage dir, der wäre am liebsten ins Handgepäckfach gekrochen. Vor allem, als spontan einige applaudiert haben. So schnell haut der seine ungepflegte Pranke auf kein Frauenknie mehr. Und auch einigen anderen war das sicherlich eine Lehre.
Übrigens, um mal was Erfreuliches zu berichten. Arne ist verliebt. Und wie«, wechselt sie das Thema. Arne ist der jüngere von Sigrids Söhnen. Arne kifft gerne, macht sich wenig aus der Schule, geht nur ab und an hin und will Schauspieler werden. »Andrea, der ist wie neu, der Kleine. Den würdest du gar nicht erkennen. Er duscht ständig, geradezu zwanghaft, zieht von sich aus frische Wäsche an und geht zur Schule. Täglich. Und das ohne Aufforderung meinerseits. Nur, weil seine Angebetete in seiner Klasse ist. Ich hoffe sehr, sie erhört ihn. Denn ob der sonst dieses Disziplinprogramm lange durchhält, ist zweifelhaft. Außerdem macht sein Bruder Druck. Weil Arne noch nie Sex hatte. Er redet seinen Bruder nur noch mit Jungfrau an. Und erzählt
von morgens bis abends ungefragt seine Fickerlebnisse. Entschuldige das Wort, aber so reden die Jungs. Auf die Dauer färbt das ab.«
Ist doch schön, wenn der Junge zu dem Thema so viel zu erzählen hat. Bei mir wäre da momentan nicht viel zu holen. Das bisschen Sex kann man wirklich nicht als Fickerlebnisse bezeichnen. Wäre nun echt maßlos übertrieben. »Ich wollte, ich hätte zu dem Thema auch mehr zu sagen«, vertraue ich mich Sigrid an. »Wem sagst du das, ich erinnere mich kaum mehr, wie es geht«, stöhnt sie, »und wenn man dann mal aus der Übung ist, ist es sauschwer, wieder in Schwung zu kommen.« Was bin ich froh. Man hat ja manchmal das Gefühl, man wäre weltweit die einzige Frau, deren Mann heftige Anzeichen von Lustlosigkeit zeigt. Nicht, dass ich Sigrid keinen herrlichen Sex gönnen würde, aber es ist doch sehr tröstlich, nicht allein zu sein. »Ich kenne viele, bei denen die
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