Familienpackung
Frauen wollen und die Männer abgeschlafft ins Bett fallen und sofort wegratzen«, fügt sie noch an. Eine Lösung weiß sie auch nicht. Paartherapeuten empfehlen, sich neu kennen zu lernen und es einfach mal wieder zu tun. Leicht gesagt. Man möchte ja auch nicht beim eigenen Mann um einen kleinen Beischlaf betteln. So nötig hat man es ja dann auch nicht. Oder doch? Aber keine Lust, es zuzugeben. Und so weit, dass man auf Almosen angewiesen wäre, ist es auch noch nicht. Sigrid kichert. »Als ich das letzte Mal Anwandlungen hatte, habe ich mir rattenscharfe Unterwäsche gekauft. Im Outlet. Von La Perla. Rot-schwarz mit Spitze und Strapsen. Hundertdreißig Euro. Und so habe ich den Walter abends empfangen. Mit nichts als den schwarz-roten Winzteilen am Körper. Die Jungs waren aus und Betty im Bett. Also perfektes Timing. Ich hatte einen Teller mit Meeresfrüchten
vorbereitet und eine Flasche Sekt kalt gestellt. Um die Sache in Schwung zu bringen. Man sagt Meeresfrüchten ja unglaubliches nach.« »Und«, frage ich, »wie ist es gelaufen?« »Ernüchternd«, sagt sie, »reichlich ernüchternd. Walter hat mich gesehen, eine Augenbraue hochgezogen und gesagt, ›was läufst du denn so nackig rum? Du weißt doch, wie schnell du es an der Blase bekommst. Zieh dir mal besser was drüber.‹ Dann hat er sich die Meeresfrüchte reingehauen und gefragt, ob es noch was Richtiges zu essen gäbe.« »Das war’s? Oh, Mist«, bin ich entsetzt.
Ich erzähle Sigrid, was Sabine, meine Freundin, zu dem Thema gesagt hat. Die war nämlich total konsterniert, als ich ihr gebeichtet habe, dass im Bett nicht mehr viel läuft. Sabine hält vier- bis fünfmal Sex in der Woche für normal und wechselt auch gerne mal den Partner. Dann hat sie den Sex in einer langen Beziehung mit Kantinenessen verglichen. Und da habe ich damals gedacht, »stimmt, da ist was dran«, allerdings ist Kantinenessen ja auch nicht nur schlecht. Du weißt, was es gibt. Kennst es und weißt, wie du es genießen kannst. Weißt, was dir schmeckt. Und du musst nicht um jedes Essen ein Riesengedöns machen. Es kann auch mal schnell gehen. Ohne Vor- und Nachspeise. Das ist doch auch ein Vorteil. Außerdem hat man nicht mehr den zwanghaften Drang, in jeder öffentlichen Toilette übereinander herzufallen, man hat ja ein Zuhause. »Na ja, wenn man es so sieht«, seufzt Sigrid, »da ist natürlich was dran. Und fünfmal die Woche, das würde mich auch nerven. Man hat ja auch noch anderes zu tun.« Ich stimme ihr zu und frage dann das, was mich schon die ganze Zeit beschäftigt: »Wo um alles in der Welt ist das La-Perla-Outlet?«
Wir verlassen das Schlafzimmer, um nach unseren Kleinen
zu gucken. Betty und Claudia haben Athene mindestens 20 Zöpfe ins Fell geflochten, ansonsten ist alles prima. Mark buddelt gedankenverloren im Sand. Mein Sohn ist ein Sandkastenfetischist. Gib ihm ein Förmchen und der Kerl backt drauf los. Da sag mal einer, Männer würden sich fürs Backen generell nicht interessieren. Okay, wenn man ihn lässt, findet er die Zerstörung der Backwerke fast aufregender als das Backen selbst, aber meistens kann ich das Schlimmste verhindern. Das Bild, wie er da so hingebungsvoll in aller Ruhe vor sich hin schaufelt, erinnert mich an den letzten Sommer:
»Türkei, wir kommen«, freue ich mich. Es ist unser erster großer Familienurlaub zu viert. Mark ist eindreiviertel und Claudia fast fünf. Und in diesem Jahr leisten wir uns eine richtig tolle Reise. Einen Ferienhausurlaub habe ich kategorisch abgelehnt. Ich mache doch nicht im Urlaub das, was ich sonst auch mache. Nur ohne Geschirrspüler. Nein, vielen Dank. Ich kann auf Waschen und Kochen in den Ferien gut mal verzichten. Und ein wenig Gesellschaft habe ich auch gern. Unser letzter großer Urlaub ist mittlerweile gut drei Jahre her. Costa de la Luz. War schön. Sonne pur. In diesem Jahr haben Christoph und ich ein geradezu wahnwitziges Anliegen. Wir wollen gerne ein wenig Zeit für uns als Paar. Deshalb machen wir Cluburlaub. Fahren in den ›Robinson Club‹. Nicht, um rund um die Uhr animiert zu werden. Im Gegenteil. Der Gedanke, dass ständig jemand an meiner Liege hockt und mich zu munteren Poolspielchen, einer neckischen Schwammschlacht oder einem Aerobicstündchen in sengender Hitze überreden will, ist
abschreckend. Aber der Prospekt verspricht, neben Spiel und Sport, auch noch etwas ganz anderes: Kinderbetreuung – schon für die Kleinsten. Ich sehe uns schon am Meer liegen, zwei fette
Weitere Kostenlose Bücher