Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)
Wollten mich ausquetschen wie eine Zitrone. Sie waren Verbrecher und haben ihr Ende verdient.«
»Ein solches Urteil hätten Sie den Gerichten überlassen müssen.«
»Meine Methode ist sicherer.«
»Methode …« Keller fragte freiheraus, weshalb Bartels seine Methode am Ende radikal geändert hatte: »Erst die clever vorbereiteten Unfälle, die uns erfolgreich auf die falsche Fährte lenkten, und am Schluss eine Hinrichtung durch Kopfschuss. Warum?«
Bartels schien mit sich zu hadern. »Mir lief die Zeit davon. Die Polizei war Rolf auf den Fersen. So dumm, wie er sich anstellte, hätten Ihre früheren Kollegen ihn sehr schnell gefasst. Auch Ihnen und Ihrer Privatarmee ist er ja nur knapp durch die Lappen gegangen. Ich habe das beobachtet. Also musste ich handeln.« Er hob die Pistole an und ahmte das Geräusch eines Schusses nach. »Peng!« Er lachte, als er sah, wie Keller erschrak. »Heute bin ich noch einmal arbeiten gegangen, um den Schein zu waren und nicht die Pferde scheu zu machen. Morgen früh mache ich die Fliege. Ich habe schon die Tickets besorgt. Über Frankfurt nach Rio, übermorgen liege ich am Strand der Copacabana.«
»Das können Sie vergessen!« Keller war dermaßen entrüstet über diese Dreistigkeit, dass sein Kampfgeist zurückkehrte. »Sie dürfen nicht ausreisen. Sie stehen auf der Fahndungsliste!«
»Noch nicht«, gab sich Bartels überheblich. »Bis ich ins Visier der Ermittler gerate, bin ich längst raus aus dem Zugriffsbereich der deutschen Polizei und Interpol.« Er lachte erneut. »Und glauben Sie nicht, dass Sie mich verraten können. Dieses Risiko werde ich ganz bestimmt nicht eingehen.«
Mit diesen Worten setzte Bartels die Pistole direkt auf Kellers Brust. Im nächsten Moment zerriss ein Schuss die eisige Stille auf der Aussichtsterrasse.
32
Der Schuss war selbst durch die schallisolierten Scheiben des Obergeschosses zu hören und zog die Aufmerksamkeit der Patienten auf sich.
Burkhard und Jochen trafen nahezu gleichzeitig mit Jasmin Stahl und einer Handvoll Polizisten im Klinikum ein. Schnell wurde ihnen der Weg hinauf auf die Aussichtsplattform gewiesen, wo sich bereits eine Traube von Menschen versammelt hatte und sich mehrere in Weiß gewandete Männer und Frauen über eine gekrümmt auf dem Boden liegende Person beugten.
Jasmin Stahl hatte ihre Dienstwaffe gezogen, sondierte die Umgebung. Die uniformierten Kollegen taten es ihr gleich, schlichen langsam vorwärts, alle in geduckter Haltung. Mit einem kurzen Blick zurück und einem Wink gab sie Jochen und Burkhard zu verstehen, sich im Hintergrund zu halten.
Burkhard kam dieser Aufforderung nach, nicht aber Jochen. Als er seinen Vater sah, der ebenfalls neben dem am Boden Liegenden kniete, gab es für ihn kein Halten mehr. Er stürmte an den Polizisten und an Jasmin vorbei, lief quer durch einen mit Schnee bedeckten Blumenkübel und rief: »Konrad! Ist alles okay mit dir? Bist du unverletzt?«
Erst als er sein Ziel fast erreicht hatte, registrierte er eine weitere Person, die in etwa sieben Metern Abstand von ihm stand und im Dämmerlicht kaum zu erkennen war. Diese Person hielt ein Gewehr in der Hand. Jochen erstarrte mitten in der Bewegung.
»Zurück, zurück!«, rief ihm Jasmin zu.
»Lassen Sie die Waffe fallen!«, dröhnte nahezu gleichzeitig ein Polizist durch ein Megafon.
Jochen, vom Schreck wie gelähmt, war nicht imstande, Jasmins Aufforderung nachzukommen. Stattdessen starrte er gebannt auf die silhouettenhafte Erscheinung, deren Gewehrlauf in seine Richtung zeigte.
»Was, um Himmels willen, soll das?«, stammelte er entsetzt. Er hörte, wie die Polizisten um ihn herum ihre Waffen entsicherten. Wenn es zu einer Schießerei käme, stände er im Kreuzfeuer!
Doch es fiel kein weiterer Schuss. Binnen Sekunden, die Jochen wie zähe Minuten vorkamen, senkte die schemenhafte Figur das Gewehr und trat aus dem Schatten.
Jochen war ebenso erstaunt wie Burkhard und auch Jasmin Stahl, als sie in dem Schützen niemanden anderes als Doris Keller erkannten.
Die Versorgung hätte nicht besser sein können: Während Dr. Bartels auf eine Trage gelegt und auf kürzestem Weg in den OP gebracht wurde, erhielten Keller, seine Frau und beide Söhne wärmende Decken und Tee, so viel sie wollten. Eifrige Mediziner maßen den Blutdruck und boten Medikamente an, die den Schock des gerade Erlebten lindern sollten.
Die Kellers, die zusammen mit Jasmin Stahl in der Teeküche der chirurgischen Abteilung eine vorläufige
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