Family Affairs - Verbotenes Verlangen
Couch.
„Setzt euch doch. Wollt ihr was zu trinken?“
Sie war ganz fürsorgliche Gastgeberin, als wäre es normal, dass man den ehemaligen Geliebten in Begleitung der Tochter willkommen hieß. Chloe lehnte dankend ab und setzte sich dicht neben Ryan auf die gepolsterte Fläche. Ihr war die ganze Situation furchtbar unangenehm, und so kam sie tief einatmend gleich zur Sache.
„Nein, ich will nichts trinken. Was ich eigentlich möchte, ist eine Erklärung.“
Ein bebendes Lächeln glitt über Leannes Züge.
„Das habe ich befürchtet …“
„Hast du was anderes erwartet?“
Die blauen Augen ihrer Mutter bohrten sich in ihre, sie schüttelte den Kopf.
„Natürlich nicht. Und du wirst deine Antworten bekommen. Frag mich, was immer du wissen willst.“
Chloe presste Ryans Finger so fest, dass es ihm wehtun musste. Die Stunde der Wahrheit. Gleich war es so weit, sofern Leanne nicht wieder mit Lügen um sich warf, als wären es Smarties.
„Es gibt eigentlich nur eines, das ich wissen will. Wieso hast du mir all die Jahre verschwiegen, dass ich einen Vater und eine Schwester habe?“, brach es aus ihr heraus.
Leanne seufzte tief und drehte den Kopf zur Seite, als bereite ihr der vorwurfsvolle Blick ihrer Tochter körperliche Schmerzen.
„Das lässt sich nicht in ein paar Sätzen abhandeln. Wie soll ich dir etwas begreiflich machen, was ich selbst nicht verstehe.“
Ein schmerzlicher Zug überschattete ihr wunderschönes Profil.
„Willst du mir etwa weismachen, du weißt nicht, warum du damals gegangen bist?“
„Nein, das nicht, aber damals war ich ein anderer Mensch, es kommt mir alles so weit weg vor. Ein anderes Leben …“
Leanne stockte.
„Das hat so keinen Zweck“, flüsterte sie mehr zu sich selbst und ließ sich in einen Sessel sinken. Sie strahlte etwas eigenartig Verlorenes aus in dem wuchtigen Gebilde. Schließlich ging ein Ruck durch sie.
„Chloe, ich hätte eine Bitte an dich.“
„Ich höre.“
„Sei so lieb und unterbrich mich nicht, bis ich dir die ganze Geschichte erzählt habe. Sie wird mich zwar nicht unbedingt im besten Licht zeigen, aber nach all meinen Lügen hast du endlich ein Anrecht auf die Wahrheit.“
Chloe blieb kühl. Ryans unmittelbare Anwesenheit half ihr dabei, nicht wutentbrannt auf Leanne einzudreschen, weil sie jetzt die reuige Sünderin spielte.
„Ich bitte darum“, sagte sie lediglich. Sie fühlte sich innerlich wie versteinert, weil der Seelenschutt eines ganzen Lebens auf ihr lastete. Die Stimme ihrer Mutter klang ganz weit weg, als sie mit ihrer Beichte begann.
„Ich war sechzehn, als ich Ross kennenlernte, jung und naiv und von dem Wunsch erfüllt, der erdrückenden Enge meines Elternhauses zu entfliehen“, begann sie.
Chloe fixierte ihr Gesicht, sah, dass Leanne geistig weit zurück in die Vergangenheit abdriftete. „Meine Mutter … sie war eine unglaublich strenge Frau und hat unsere Farm allein geführt, nachdem mein Vater mit einer Jüngeren abgehauen ist. Sie war danach nie wieder die Gleiche und hat keinen Mann mehr an sich herangelassen, obwohl sie wirklich eine wunderschöne Frau war. Mutter war verbittert und hielt alle Männer für lüsterne Monster, die einer Frau nichts als Unglück bringen.“ Ein heiseres Lachen entwich Leanne. „Hätte ich mal nur auf sie gehört, aber als Teenager sieht man die Dinge nun mal anders, und ich wollte mir von ihr keine Vorschriften machen lassen. Alles hat sie mir verboten, und ich habe mich gefühlt, als wäre ich lebendig begraben, umgeben von Kühen und Feldern, so weit das Auge reicht. Das Einzige, was mich aufrechtgehalten hat, waren meine Träume.“
Plötzlich grinste sie und sah dabei unheimlich jung aus.
„Ich wollte schon damals Schauspielerin werden, weißt du. Berühmt sein und umschwärmt … und ich wusste tief in mir drin, dass ich es schaffen konnte. Das hat mir geholfen durchzuhalten, doch dann tauchte Ross auf der Farm auf, und alles wurde nebensächlich. Er suchte Arbeit, und meine Mutter hat ihn zu meinem größten Erstaunen sofort eingestellt. Weiß der Himmel warum …“
Chloe war gegen ihren Willen fasziniert von dieser Reise in die Vergangenheit und hörte wie gebannt zu. Ryan, der ganz still neben ihr saß, äußerte sich gar nicht. Er blieb ein stiller Beobachter, der darauf achtete, dass die Situation nicht in irgendeiner Weise eskalierte.
„Was ist dann passiert?“
Leanne sah kurz zu ihr und hob die Schultern an.
„Gott, das Übliche. Ross war jung und
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