Family Affairs - Verbotenes Verlangen
und Ryan – viel Glück, und ich möchte, dass du weißt, dass ich dir die Affäre mit ihm nicht übelnehme. Ich kann sehen, dass ihr euch liebt, und manchmal ist Liebe eben stärker als Vernunft oder Moral. Ich hoffe wirklich, ihr beide werdet glücklich miteinander. Niemand verdient es mehr als du. Und du, Ryan, pass gut auf meine Kleine auf. Sie hat in ihrem Leben schon genug Enttäuschungen erleben müssen.“
Chloe schluckte die Tränen runter und warf einen schnellen Blick auf Ryan, der ebenfalls sichtlich mit seinen Gefühlen zu kämpfen hatte. Seine Augen fanden ihre, und sie nickte ihm unmerklich zu, weil sie ahnte, was in ihm vorging. Er sollte tun, wozu sie noch nicht imstande war.
„Ist schon okay, geh ruhig zu ihr.“
Erleichterung glättete seine Züge, bevor er die paar Schritte zu Leanne überbrückte und vor ihr stehen blieb.
„Es tut mir ehrlich leid, wie alles gekommen ist, Leanne“, erklärte er schließlich mit ernster Stimme.
Sein Kopf drehte sich zurück zu Chloe, und ihr wurde die Kehle eng, als sie seinen liebevollen Blick auf sich spürte. Seine anschließenden Worte gingen ihr durch und durch.
„Chloe hat mich getroffen wie eine Naturgewalt, ich konnte mich nicht dagegen wehren.“
Sie senkte ergriffen die Lider, bis sie die Spitzen ihrer Wimpern auf der dünnen Haut unter ihren Augen fühlen konnte.
„Ryan, mach dir keine Vorwürfe“, erwiderte Leanne in diesem Augenblick. Keine Wut, kein Bedauern war aus ihrer Stimme herauszuhören, nur Verständnis. „Das mit uns war wunderbar, aber auf Dauer hätte es nicht funktioniert. Das ist mir klar geworden, als Ross plötzlich wieder in meinem Leben aufgetaucht ist. Kein Mann hat es dauerhaft geschafft, mich ihn vergessen zu lassen, und obwohl er mich abgrundtief hasst und wir nie wieder zusammenkommen werden, wird es wohl für den Rest meines Lebens so bleiben.“
„Das tut mir leid“, entgegnete Ryan.
Er strich ihr vorsichtig übers Haar, sein Blick drückte Zärtlichkeit aus. Chloe wusste, dass seine Gefühle für Leanne nicht tot und begraben waren, doch sie empfand keine Wut darüber. Nur eine leise Trauer, weil das Leben manchmal furchtbar ungerecht sein konnte.
Er räusperte sich, und Chloe hörte ihm wieder aufmerksam zu.
„Leanne, eines Tages wirst du einen Mann treffen, der dich auf Händen trägt, und Ross vergessen.“
Leanne lachte traurig.
„Ich fürchte, diesen Mann gibt es nicht. Leider gehöre ich zu den Frauen, die jeden Mann mit ihrer ersten Liebe vergleichen, und keiner hat dem standhalten können.“ Plötzlich wich die Melancholie in ihren Zügen einem verschmitzten Grinsen, das blitzartig über ihr Gesicht eilte. Sie knuffte ihn spielerisch in die Seite. „Außer dir, du hättest es beinahe geschafft …“
Chloe war seltsam gerührt von dieser Szene, da Leanne auf einmal ganz natürlich wirkte. Nicht so aufgesetzt und affektiert. Vielleicht steckte doch mehr hinter dieser glamourösen Fassade, als man auf den ersten Blick erkennen konnte. Nachdenklich begutachtete sie ihre Mutter. Sie war noch meilenweit davon entfernt, ihr verzeihen zu können, doch im Gegensatz zu gestern oder heute Morgen, schloss sie diese Möglichkeit nicht mehr aus.
Chloe hoffte nur, dass der ewige Kampf, den Leanne gegen sich selbst und gegen Ross führte, nicht eines Tages Opfer von ihr verlangen würde, die sie nicht mehr ausgleichen konnte. Eine Schauspielkarriere hatte sie schon hinter sich, jetzt gab es nichts mehr außer ihrem Stolz und ihrem Seelenfrieden, das sie als Einsatz geltend machen konnte.
Ryan küsste Leanne zum Abschied keusch auf die Stirn, drückte sie noch einmal kurz an sich und verließ mit Chloe die Wohnung.
Leanne sah den beiden hinterher und fühlte wieder jene Leere, die schon so viele Jahre ihr Inneres aushöhlte. Sie wankte auf wackligen Beinen in ihr Schlafzimmer und unterdrückte die Tränen, während sie sich an ihren Sekretär setzte und die Schublade aufzog. Darin befand sich ein schlichtes Kästchen aus Holz mit einem Schloss davor. Sie drehte das quaderförmige Gebilde um und nahm den Schlüssel heraus, der in einer Vertiefung steckte, schloss auf, öffnete die Klappe und holte mit zitternden Fingern zwei alte Fotografien heraus. Mit wehmütigem Lächeln strich sie über das erste Bild. Es zeigte Chloe in einem hübschen Kleid und schicken Schuhen, mit traurigem Gesichtsausdruck. Das Bild hatte nicht sie gemacht, sondern eines der zahllosen Kindermädchen. Sie war damals zu
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