Fangjagd
Schweizer Soldaten in der Klinik Bern gesehen?“ fragte Newman drängend. „Vergessen Sie nicht, was Foley Ihnen geraten hat!“
„Ich bin seit einem Jahr hier. In dieser Zeit habe ich nur Männer in irgendeiner Uniform gesehen. Mal im Pförtnerhäuschen, mal beim Streifengang in der Nähe des Labors…“
„Ah, das Labor!“ Newman beugte sich nach vorn. „Woran wird dort gearbeitet?“
„Tut mir leid, das weiß ich nicht. Im Labor bin ich noch nie gewesen. Aber ich habe gehört, daß dort Versuche mit Frischzellen stattfinden. Die Schweizer scheinen auf diesem Gebiet – der Verlangsamung des Alterns – weltweit führend zu sein.“ Novak, der sich für dieses Thema erwärmte, wirkte erstmals fast entspannt. „Das Verfahren ist schon vor dem Zweiten Weltkrieg bekannt gewesen. Im Jahre 1938 hat der Schriftsteller Somerset Maugham sich der ersten derartigen Behandlung unterzogen. Sein Arzt war der berühmte Dr. Niehans, der ihm aus ungeborenen Lämmern gewonnene Frischzellen injiziert hat. Dabei musste ein genauer Zeitplan eingehalten werden. Zwischen der Schlachtung eines trächtigen Muttertieres und der Injektion der Zellen durfte nicht mehr als eine Stunde liegen. Niehans hat die aus dem Fötus gewonnenen Zellen zerkleinert und mit einer Kochsalzlösung versetzt. Diese Lösung wurde dem Patienten ins Gesäß injiziert …“
„Das klingt alles ein bisschen makaber“, stellte Newman fest.
„Somerset Maugham ist immerhin einundneunzig geworden!“
„Und Grange ist auf diesem Gebiet ähnlich erfolgreich?“
„Das ist Granges Geheimnis. Sein Verfahren scheint gegenüber dem ursprünglichen ganz erheblich verbessert zu sein. Ich weiß, daß er in seinem Labor eine ganze Auswahl von Tieren hält – aber ich weiß nicht, um was für Tiere es sich handelt. In der Nähe von Montreux gibt es übrigens eine weitere Klinik für Frischzellentherapie. Das Unternehmen nennt sich Cellvital“.
Newman nickte langsam. Er fand Novaks Ausführungen sehr interessant. Vielleicht war das die Erklärung für die, „Versuche“, von denen Jesse Kennedy gesprochen hatte – eine Behandlungsmethode, deren unheimlichster Aspekt darin bestand, daß sie von der Schulmedizin noch nicht anerkannt wurde.
„Sie haben mir erzählt, woher die Patienten stammen“, fuhr er nach einer kurzen Pause fort. „Sie selbst sind Amerikaner. Wie steht’s mit den übrigen Ärzten?“
„Meine Kollegen kommen alle aus der Schweiz. Grange hat mich bei einer seiner Vortragsreisen durch Amerika aufgefordert, zu ihm zu kommen“.
„Und Sie sind aus einem sehr einleuchtenden Grund gekommen – wegen des Geldes?“
„Er zahlt mir, wie gesagt, zweihunderttausend Dollar Jahresgehalt. Für jemand in meinem Alter ist das ein Vermögen…“
Newman überlegte sich, daß Novak diese Zahl vorhin offenbar doch nicht einfach aus dem Ärmel geschüttelt hatte, nur um ihn zu beeindrucken. Er hatte das Gefühl, noch immer nicht die richtigen Fragen zu stellen. Deshalb versuchte er es jetzt mit einer anderen Methode, um den Amerikaner herauszufordern.
„Was müssen Sie dafür tun?“ fragte er beiläufig. „Ab und zu eine falsche Todesursache angeben?“
„Scheren Sie sich zum Teufel!“
„Ich habe den Verdacht, daß in der Klinik nicht alles mit rechten Dingen zugeht – und daß Sie mehr vermuten oder wissen, als Sie zugeben. Sie wohnen auf dem Klinikgelände?“
„Ja“, antwortete Novak mürrisch. „Das ist vertraglich vereinbart.“
„Und die Schweizer Ärzte?“
„Die wohnen außerhalb. Hören Sie, Newman, ich verdiene mir mein Geld schwer genug. Ich habe praktisch ständig Bereitschaftsdienst…“
„Schon gut, schon gut! Kommen Sie, ich spendiere Ihnen noch einen Drink.“
Newman gab dem Ober ein Zeichen und wartete schweigend, bis er Novak den Canadian Club serviert hatte. „Was ist mit dem restlichen Klinikpersonal?“ fragte er dann.
„Wo kommen diese Leute her?“
„Das ist merkwürdig“, gab Novak zu. „Grange beschäftigt keine Einheimischen – jedenfalls niemand aus Thun oder Umgebung. Das Personal wohnt wie ich in der Klinik. Die meisten stammen aus anderen Kantonen – bis auf Willy Schaub. Er wohnt in Bern und fährt jeden Abend nach Hause.“
„Welche Funktion hat er in der Klinik?“ erkundigte sich Newman und zog sein Notizbuch aus der Jackentasche.
„Er ist Hausmeister und gewissermaßen Mädchen für alles.
Soviel ich weiß, ist er schon eine Ewigkeit dort. Kann alles und repariert alles. Sehr
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