Fangjagd
zu sein und zu versuchen, ihn aus dieser gräßlichen Klinik rauszuholen. Andererseits will ich so schnell wie möglich fort – dabei gefällt mir Bern, dabei finde ich die Schweizer nett. Muß ich wirklich morgen früh mit dir zu Beck fahren?“
„Hör doch endlich auf, wie eine Tigerin rumzurennen! Setz dich hin und trink ein Glas Wein. Das beruhigt dich ein bißchen…“
Sie hatten sich vom Zimmerservice eine Platte Räucherlachs und eine Flasche Yvorne bringen lassen. Newman schenkte zwei Gläser mit dem trockenen Schweizer Weißwein voll und trank einen Schluck, während Nancy sich in den zweiten Sessel fallen ließ.
„Beck will unsere Zeugenaussagen protokollieren lassen.
Immerhin haben wir den Mord an Seidler aus nächster Nähe miterlebt …“
„Wir haben auch zwei weitere Morde miterlebt! Du hast blitzschnell reagiert, als er nach dem Bahnhof Le Pont gefragt hat. Kommen wir damit durch? Ist das richtig gewesen?“
„Das war eine Selbstverteidigung“, behauptete der Engländer.
„Beck hat bereits genug in der Hand, um uns hier festhalten zu können. Wozu sollen wir ihm noch mehr Gründe dafür liefern?
Bist du nicht neugierig, wer der Scharfschütze gewesen sein könnte?“
„Ich mache mir augenblicklich mehr Gedanken darüber, wie ich Grange auf dem Empfang in aller Öffentlichkeit gegenübertreten werde – nachdem wir nun zwangsweise bleiben müssen. Was hast du als nächstes vor, Bob? Du hast gesagt, es gebe einen weiteren Zeugen. Wer ist das?“
Newman schüttelte den Kopf und trank noch einen Schluck, bevor er antwortete. „Ich treffe morgen Nachmittag mit ihm zusammen. Für dich ist’s besser, wenn du gar nicht weißt, wo ich mich mit wem treffe. Und vergiss nicht, das wir immerhin noch Novak haben. Er kommt auch zu diesem Empfang. Beck hat davon gesprochen, er könnte brisant werden. Damit hat er wahrscheinlich recht – vor allem falls Nagel aufkreuzt. Beck ist als Drahtzieher hinter den Kulissen tätig, das steht fest. Das Dumme ist nur, das ich nicht recht weiß, ob ich ihm wirklich trauen kann“.
„Wir dürfen also gar keinem trauen?“
„Genau das hab’ ich dir die ganze Zeit beizubringen versucht!
Beck hat Seidler auf dem kürzesten Weg zu dem Hubschrauber geführt – also an den Autoscheinwerfern vorbei –, aber das war vielleicht doch ein bißchen verdächtig… Dann hat Signer sich so demonstrativ vor dem Saab aufgebaut, um ebenfalls im Scheinwerferlicht zu stehen. Ich habe ihn im Verdacht, dem Scharfschützen ein Zeichen gegeben zu haben…“
„Das würde ich ihm sofort zutrauen! Er ist ein Schuft, ein eiskalter Schweinehund! Aber wie soll er den Schießbefehl gegeben haben?“
„Ist dir das nicht aufgefallen? Er hat einen Handschuh ausgezogen und die Faust geballt.
Abknallen! So
muß es gewesen sein, glaub’ ich“.
„Soll das heißen, daß Beck und Signer zusammengearbeitet haben?“
„Nancy! Das
weiß
ich noch nicht!“
„Hast du Beck deshalb weder die Minikassette mit Seidlers Aussagen noch den Film gegeben, auf dem die Photos von dieser scheußlichen Gasmaske sind? Das wäre wichtiges Beweismaterial….“
„Richtig, aber Beck bekommt es erst, wenn ich der Überzeugung bin, ihm völlig trauen zu können – falls überhaupt. Dann wäre allerdings eine weitere eidesstattliche Aussage fällig, daß du das aufgezeichnete Gespräch zwischen Seidler und mir mitgehört hast“.
„Ich bin völlig erledigt“. Nancy trank einen Schluck Wein und verschwand im Bad, während Newman sich über den Räucherlachs hermachte. Sie kam im Nachthemd zurück und kroch unter die Bettdecke. „Was hast du als nächstes vor?“
fragte sie mit schläfriger Stimme.
„Als erstes muß ich morgen mit meinem noch verbliebenen Augenzeugen sprechen. Vielleicht bringt seine Aussage die ganze Sache zum Platzen. Danach begleite ich dich natürlich zu diesem Empfang, um mir Grange anzusehen – und vielleicht auch Dr. Max Nagel, den Führer des anderen Machtblocks.
Falls sämtliche anderen Bemühungen erfolglos geblieben sind, will ich anschließend versuchen, mit Novaks Hilfe in die Klinik Bern einzubrechen. Ich möchte mir das Labor ansehen – und den Atombunker…“
Newman sprach nicht weiter, weil er sah, daß Nancy, deren rabenschwarzes Haar das Kopfkissen bedeckte, friedlich eingeschlafen war. Er hielt sich schulterzuckend an den Räucherlachs, trank noch ein Glas Wein, zog seinen Mantel an und verließ leise das Hotelzimmer, dessen Tür er hinter sich
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