Fangjagd
Streifenwagen – sie überwachen den gesamten Jura – hat über Funk die Entdeckung zweier Leichen gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch mit dem Hubschrauber unterwegs. Zwei Männer ohne irgendwelche Personalpapiere in den Taschen. Beide mit je einer Neunmillimeterpistole bewaffnet. Einer der Männer hatte seine noch in der Hand, als sie gefunden wurden“. Beck wandte sich an Nancy. „Morgen findet im Bellevue Palace ein großer Empfang anläßlich des Ärztekongresses statt. Haben Sie vor, daran teilzunehmen?“
„Ja. Da wir nach Bern zurück müssen, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um mit Professor Grange zu sprechen. Ich will ihm ein paar Fragen stellen…“
„Dieser Empfang wird möglicherweise recht explosiv“, meinte Beck nachdenklich. „Unmittelbar vor unserem Abflug habe ich erfahren, daß Dr. Max Nagel – Professor Granges erbittertster Feind – aus Basel eingetroffen ist. Vielleicht kommt es zu mehr als einer Konfrontation. Mein Instinkt sagt mir, daß die Ereignisse bald ihren Höhepunkt erreichen werden“.
„Ich bin schon halb erfroren!“ protestierte Nancy. „Können wir nicht endlich abfliegen?“
„Natürlich! Entschuldigen Sie bitte. Gestatten Sie, daß ich vorausgehe. Der Hubschrauber ist sehr geräumig, so daß ich Ihnen einen angenehmen Flug garantieren kann.“
„Aber hoffen Sie lieber nicht, daß wir unterwegs Konversation machen!“ knurrte Newman.
Der Hubschrauber war eine französische Alouette III. Als er abhob und Höhe gewann, blickte Newman auf die Schneewüste herab, in der in einer einzigen Nacht drei Männer den Tod gefunden hatten. Von zwei kleinen Zwischenfällen abgesehen, verlief der Flug nach Bern-Belp ohne besondere Vorkommnisse.
Beck öffnete Seidlers Koffer und hielt die Deckel dabei so hochgeklappt, daß nur er den Inhalt sehen konnte. Newman beobachtete, wie der Schweizer förmlich erstarrte, als er die Gasmaske sah. Beck beugte sich zu ihm hinüber und sprach leise in Newmans Ohr.
„Haben Sie schon Gelegenheit gehabt, diese Koffer zu öffnen?“ Der Engländer schüttelte lediglich den Kopf, anstatt zu versuchen, den Triebwerkslärm zu übertönen. Wenig später ging über Funk eine Nachricht für Beck ein, die er kommentarlos zur Kenntnis nahm, während der Hubschrauber nach Belp weiterflog.
Auf dem Flughafen stand ein weiterer schwarzer Audi für sie bereit. Beck hatte Nancy eine der hinteren Türen geöffnet und setzte sich ans Steuer, nachdem er die beiden Gepäckstücke im Kofferraum verstaut hatte. Newman hatte neben ihm Platz genommen. Er war entschlossen, dem Schweizer keine Gelegenheit zu geben, ein Gespräch mit ihm zu beginnen.
Seine einzige Äußerung bestand aus der Bitte, Beck solle sie ins Bellevue Palace fahren. Keine weiteren Vernehmungen in der Taubenhalde. Nancy fielen vor Müdigkeit bereits beinahe die Augen zu, und Newman war ebenfalls ziemlich erledigt.
„Ich wollte Ihnen noch von dem Funkspruch erzählen, den ich an Bord der Alouette erhalten habe“, begann Beck, als sie den Stadtrand von Bern erreichten. „Eine Streifenwagenbesetzung hat bei Neuchâtel einen roten Mercedes angehalten, um die Insassen – den Chauffeur und den Fahrgast auf dem Rücksitz – zu kontrollieren“.
„Wieso sollte mich das interessieren?“
„Vielleicht interessiert es uns beide. Der Mann auf dem Rücksitz ist Dr. Bruno Kobler gewesen. Laut eigener Aussage hat er sich auf der Fahrt von Bern nach Genf befunden – allerdings auf einer merkwürdigen Route. Er hat strikt geleugnet, irgendwo im Jura gewesen zu sein. Einem der Beamten ist allerdings aufgefallen, daß an den Stoßstangen Schnee geklebt hat. Aber dort, wo der Wagen kontrolliert worden ist, liegt kein Schnee mehr…“
„Aha. Warum haben sie den Wagen dann nicht durchsucht?“
„Mit welcher Begründung?“ Beck schüttelte den Kopf. „Ich muß äußerst vorsichtig sein. Sehr einflußreiche Männer warten nur darauf, daß ich einen Fehler mache – damit sie mir die Ermittlungen aus der Hand nehmen können. Ich finde das von Kobler genannte Fahrtziel interessant, wenn man bedenkt, daß Oberst Signer ebenfalls nach Genf wollte“.
„Der Mercedes ist also
rot
gewesen?“ erkundigte Newman sich. Er schwieg, nachdem Beck die Wagenfarbe bestätigt hatte.
„Mein Gott, ich komme
mir gefangen
vor, Bob!“ meinte Nancy, als sie wieder in ihrem Hotelzimmer waren. Sie ging ruhelos zwischen Tür und Fenstern auf und ab. „Einerseits will ich hierbleiben, um in Jesses Nähe
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