Fangjagd
Ziels im Zweifel sein können. Aber auch der zweite Schuß hat Seidler haargenau getroffen. Das läßt auf einen ausgebildeten Scharfschützen schließen. Wie viele Scharfschützen unterstehen Ihnen, Signer?“
„Hören Sie, was … wollen Sie damit andeuten?“
„Meine Herren!“ Beck war jetzt ebenfalls aufgestanden und ließ eine Hand auf Nancys Schulter liegen, um ihr dadurch zu bedeuten, sie solle in Deckung bleiben. „Meine Herren“, wiederholte er, „wir haben einen weiteren Mord aufzuklären.
Viele der Anwesenden stehen noch unter Schockwirkung.
Keine Diskussionen, kein Streit! Das ist mein letztes Wort.
Herr Oberst, wollen Sie mit uns nach Bern zurückfliegen?“
„Geben Sie mir einen Wagen mit Fahrer. Ich will nach Genf, nachdem wir schon einmal in der Nähe sind. Und soviel ich weiß, wollte der Militärische Nachrichtendienst diesen Seidler vernehmen…“
„Das dürfte jetzt schwierig sein“, meinte Beck sarkastisch.
„Wir kümmern uns um den Toten – und Sie können einen Wagen mit Fahrer haben, der Sie nach Genf bringt. Ich schlage vor, daß Sie den Saab nehmen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie gleich abfahren würden, Herr Oberst, damit ich mich wieder auf meine dienstlichen Aufgaben konzentrieren kann.“
Das war eine deutliche Aufforderung, die Signer nicht mißverstehen konnte. Er war sichtlich verärgert, als er jetzt ohne ein Wort des Dankes kehrt machte und hinten in den viertürigen Saab stieg. Eine Minute später verschwanden die Schlußlichter der Limousine in Richtung französische Grenze.
„Ich dachte, das sei die Straße nach Frankreich“, sagte Nancy zu Beck.
„Sie führt nicht nur nach Frankreich, Madam“, antwortete der Polizeibeamte höflich. „Man überschreitet die Grenze nach Frankreich, fährt fünfzehn bis zwanzig Kilometer weit nach La Cure und erreicht dort eine Straßengablung. Nach Norden führt eine Straße ins französische Hinterland, und nach Süden verläuft die andere – wieder auf Schweizer Boden – als schwierige Bergstrecke zum Genfersee hinunter.“ Er sah zu Seidlers lebloser Gestalt hinüber. „Jetzt hat irgendein unbekannter Scharfschütze unseren letzten noch lebenden Zeugen zum Schweigen gebracht.“
„Vielleicht gibt’s noch einen weiteren“, meinte Newman geheimnisvoll.
„Name?“ fragte Beck sofort.
„Der Mann, an den ich denke, ist vermutlich weniger gefährdet, wenn ich seinen Namen vorerst für mich behalte.
Mir ist übrigens aufgefallen, Beck, daß Sie Seidler vor die Autoscheinwerfer geführt haben.“
„Ich habe noch nie behauptet, unfehlbar zu sein“, antwortete Beck steif. „Ich schlage vor, daß wir jetzt gemeinsam nach Bern zurückfliegen“.
Er holte den zweiten Koffer aus dem Citroen.
„Den nehmen wir natürlich auch mit!“
„Beck, ich bitte Sie nochmals: Lassen Sie Frau Dr. Kennedy weiterfahren. Sie kann zunächst in Frankreich bleiben und…“
„Ausgeschlossen!“ unterbrach der andere ihn. „Tut mir leid, Madam, aber Sie sind eine wichtige Zeugin…“
„Dann können Sie in Zukunft auch nur ein Minimum an Kooperation von mir erwarten“, erklärte Newman ihm.
„Höchst bedauerlich, aber nicht zu ändern. Ich muß eben sehen, wie ich allein zurechtkomme. Können wir jetzt abfliegen? Ich hab’s ziemlich eilig!“
„Was wird aus der Leiche?“ wollte Newman wissen.
„Ich habe bereits einen Krankenwagen angefordert, der sie nach Bern ins Leichenhaus bringen soll. Wieder Arbeit für unsere arme Frau Dr. Kleist. Und auf dem Bahnhof Le Pont liegen zwei weitere Leichen abholbereit. Wie sind Sie übrigens hierhergekommen? Und wo haben Sie sich mit Manfred Seidler getroffen?“
Newman sprach rasch, bevor Nancy etwas sagen konnte. „Ich bin von Rolle aus heraufgekommen. Seidler hatte mich nachmittags angerufen und ein Treffen vereinbart. Er hat vor dem Hotel de la Truite auf uns gewartet. Ich habe gewendet und bin in Richtung französische Grenze weitergefahren.
Seidler wollte erst auspacken, wenn die Schweiz hinter uns lag.“
„Sie sind also nicht am Bahnhof gewesen? Ganz bestimmt nicht?“
„Wer hat diesen verdammten Wagen gefahren – Sie oder ich?
Für mich war der erste Teil meiner Aufgabe gelöst, als Seidler zu uns ins Auto gestiegen ist. Unser nächstes Ziel war die französische Grenze. Wie oft muß ich Ihnen das noch, sagen?
Was für Leichen meinen Sie überhaupt? Wessen Leichen? Wer ist auf dem Bahnhof zu Tode gekommen?“
„Das wissen wir noch nicht. Einer meiner
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