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Fangjagd

Fangjagd

Titel: Fangjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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gedeckt hatte. „Jetzt merke ich überhaupt erst, wie hungrig und durstig ich bin!“
    „Na, das nenne ich eine rasche Veränderung!“ Ihre dunklen Augen betrachteten ihn forschend. „Bist du froh, nicht mehr auf der Straße sein zu müssen, Manfred?“
    Er stürzte den Kaffee, den sie ihm einschenkte, hinunter, obwohl er sich beinahe daran verbrannte. Dann setzte er sich hin und verschlang drei Croissants, während die ihm gegenübersitzende Erika ihn nachdenklich beobachtete. Wie Seidler war auch sie eine Vollwaise ohne nähere Angehörige.
    Erika hatte als kleine Sekretärin bei einer Bank angefangen und sich bis zur Chefsekretärin hinaufgearbeitet.
    Wahrscheinlich war es nur in diesem Land möglich, durch Fleiß und Pflichtbewußtsein auf solche Weise Karriere zu machen.
    „Ich genieße mein Alleinsein“, hatte sie einst einer Freundin anvertraut. „Ich habe eine gute Stellung, eine hübsche Wohnung und einen zärtlichen Liebhaber (damit meinte sie Manfred, obwohl sie seinen Namen nicht nannte). Was kann man sich mehr wünschen? Ich weiß jedenfalls Besseres, als zu Hause angehängt zu sein, mit einem quengelnden Kind auf dem Arm im Supermarkt einzukaufen – und einen Ehemann zu haben, der nach drei Jahren einen Blick für die hübschen Sekretärinnen in seinem Büro entwickelt…“
    „Bist du froh, nicht mehr auf der Straße sein zu müssen, Manfred?“ wiederholte sie jetzt.
    „Natürlich! Dieser scheußliche Schneeregen … Und ich bin ein bißchen erholungsbedürftig. Ich möchte mich irgendwo verkriechen, wo mich niemand kennt. Wo kein Telefon klingelt“, fügte er rasch hinzu.
    Seidler hatte ausnahmsweise einmal die Wahrheit gesagt. Er hatte sich ganz bewußt für Basel als Zufluchtsort entschieden. Falls eine rasche Flucht notwendig werden sollte, brauchte er in dieser Dreiländerecke nur auf dem Hauptbahnhof in einen Zug zu steigen, der ihn binnen weniger Minuten nach Deutschland brachte. Oder er konnte auf dem Bahnhof in einen anderen Flügel überwechseln und befand sich bereits auf französischem Boden. Ja, Basel war ein gutes Versteck, bis er sich überlegt hatte, wie alles weitergehen sollte – bis sich irgend etwas ergeben hatte. Für Manfred Seidler ergab sich immer irgend etwas. Und außerdem lebte in Basel Erika. Seidler, der seinen Lebensunterhalt überwiegend mit illegalen, nahezu kriminellen Tätigkeiten bestritt – und der inzwischen ein Mörder geworden war –, erkannte sehr wohl, daß Erika ein
anständiges
Mädchen war. Er empfand es als angenehme Abwechslung, mit ihr zusammen zu sein. Jetzt schrak er aus seinen Gedanken auf, weil er merkte, daß Erika etwas gesagt hatte.
    „Entschuldigung, ich hab’ nicht richtig zugehört…“
    „Übrigens bin ich seit deinem letzten Besuch befördert worden“, wiederholte Erika.
    „Schon wieder? Du bist doch schon Chefsekretärin eines Direktors gewesen…“
    „Jetzt bin ich Chefsekretärin des Vorstandsvorsitzenden.“
    Sie beugte sich über den Tisch, und er starrte die beiden einladenden Ausbuchtungen unter ihrer geblümten Bluse an.
    „Manfred“, fuhr sie fort, „hast du – ich weiß, du kommst viel herum – schon jemand das Wort
Terminal
benutzen gehört?“
    Das Wohlbehagen, das das Frühstück, die Wärme in der Wohnung und Erikas Nähe in Seidler bewirkt hatten, war schlagartig verflogen. Ein einziges Wort hatte genügt, um seinen Alptraum zurückzubringen. Er bemühte sich, Erika nicht zu zeigen, wie sehr sie ihn erschreckt hatte.
    „Kann schon sein“, antwortete er lächelnd, „wenn du mir zuerst sagst, wo du’s gehört hast.“
    Erika zögerte, weil Neugier und Integrität im Widerstreit lagen. Die Neugier siegte. Sie holte tief Luft und faßte mit ihrer kleinen Hand nach seiner Rechten.
    „Ich habe bei einer Vorstandssitzung Kaffee serviert. Mein Chef hat seine Kollegen gefragt: ‚Hat jemand von Ihnen mehr über diese Terminal-Sache in Erfahrung gebracht – oder ist das Ganze wieder nur so ein Gerücht, das mit dem Goldklub zusammenhängt?“
    „Mit dem Goldklub? Was ist das für ein Klub?“
    „Na ja, der existiert nicht offiziell. Soviel ich weiß, besteht er aus einer Gruppe von Bankiers, die bestimmte politische Ansichten vertreten. Diese Gruppierung ist als Goldklub bekannt geworden…“
    „Und dein Chef gehört ihm an?“
    „Ganz im Gegenteil! Er ist mit den Ansichten – die ich übrigens nicht kenne – dieser Kollegen ganz und gar nicht einverstanden. Der Goldklub hat sich übrigens in

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