Fangjagd
Einfluß dieses Mannes überschätzt du bestimmt. Wenn ich dir einen Gefallen tue, bin ich gern bereit, ein Schließfach für den Geldkoffer zu mieten – aber du mußt den Schlüssel dazu behalten !“
„Gut, einverstanden.“ Seidler wußte, daß Erika nur unter dieser Bedingung tun würde, was er von ihr verlangte.
Anschließend würden sie den Schlüssel gemeinsam irgendwo in ihrem Apartment verstecken. „Du mußt dich jetzt beeilen, glaub’ ich“, sagte er, „sonst kommst du zu spät zur Arbeit.“ Erika umarmte ihn, als wolle sie ihn nie mehr loslassen. Er hatte selbst beinahe Tränen in den Augen. So anständig, so liebevoll! Wenn er sie doch nur schon vor einigen Jahren kennengelernt hätte…
Im Hotelzimmer im Penta Hotel am Flughafen Heathrow sah Newman schon wieder auf die Armbanduhr. Nancy war vor einigen Stunden allein nach London gefahren, weil sie wußte, daß er ihre zu Großeinkäufen ausartenden Einkaufsbummel nicht ausstehen konnte. Bis zum Swissair-FIug SR 837, der um 19 Uhr startete und Genf um 21.30 Uhr Ortszeit erreichte, blieb viel Zeit. Als Nancy endlich zurückkehrte, ertappte sie ihn beim Blick auf die Armbanduhr.
„Ja, ich weiß, ich bin stundenlang unterwegs gewesen“, gab sie unbekümmert zu. „Glaubst du, daß wir unsere Maschine verpassen? Aber dafür hab’ ich meinen Spaß gehabt!“
„Du hast wahrscheinlich halb Fortnum und Mason aufgekauft …“
„Allerdings! Ein Einkaufsparadies – und man kann sich alle Einkäufe per Post schicken lassen.“ Nancy lächelte schelmisch, während sie ihren Lammfellmantel in die Garderobe hängte. „Die Rechnungen zeige ich dir lieber nicht.
Ach, ich liebe London!“
„Warum ziehen wir dann nicht hierher?“
„Robert, fang bitte nicht wieder damit an. Und du bist selbst unterwegs gewesen. Dein Mantel hängt auf einem anderen Bügel als vorher.“
„Ich wollte ein bißchen frische Luft schnappen – aber sie war mit Abgasen versetzt. Bei deiner Beobachtungsgabe würdest du übrigens eine gute Detektivin abgeben.“
„Ärzte müssen gute Beobachter sein, Liebling.“ Sie warf einen Blick auf das Doppelbett. „Essen wir jetzt – oder erst später?“ „Später. Jetzt gibt’s Wichtigeres zu tun.“ Er schlang seine Arme um ihre schlanke Taille. „Danach gibt’s bloß einen Drink. Essen müssen wir an Bord. Aber die Swissair serviert ja ausgezeichnete Mahlzeiten…“
Lee Foley, der mit einem früheren Swissair-Flug nach Genf unterwegs war, saß mit angelegtem Gurt auf seinem Fensterplatz und sah nach draußen, als die Maschine die Wolkendecke durchstieß und in eine sonnenhelle Welt emporstieg. Der Amerikaner saß in der letzten Reihe der Ersten Klasse.
Foley hatte sich den Platz reservieren lassen, weil er von dort aus die übrigen Passagiere am besten beobachten konnte. Im Gegensatz zu ihnen hatte er alle Speisen und Getränke abgelehnt, als der Steward vorbeigekommen war, um sein Klapptischchen zu decken.
„Nichts“, knurrte er.
„Wie Sie aus der Speisekarte ersehen, haben wir zwei Menüs zur Auswahl, Sir.“
„Nehmen Sie die Speisekarte mit, behalten Sie das Essen!“
„Aber vielleicht einen Drink, Sir?“
„Nichts, hab’ ich gesagt…“
Es war noch Tag, als die Maschine über dem Jura an Höhe verlor, um zur Landung auf dem Flughafen Cointrin einzuschweben. Foley stellte fest, daß der im Jura liegende Lac de Joux zugefroren zu sein schien – zumindest war er wie die Berge unter einer geschlossenen Schneedecke verschwunden. Der Amerikaner verließ als erster Passagier das Flugzeug und trug sein gesamtes Gepäck bei sich.
Foley reiste stets mit leichtem Gepäck. Wer lange am Förderband stand und wartete, bis sein Koffer endlich zum Vorschein kam, gab Beobachtern Gelegenheit, ihn zu erkennen und die Ankunft weiterzumelden. Nach Foleys Überzeugung waren Terminals immer potentiell gefährlich. Er reichte dem Schweizer Zollbeamten, der in seinem kleinen Glaskasten thronte, wortlos seinen Paß. Der Uniformierte gab ihm den Reisepaß ebenso wortlos zurück, soweit Foley beurteilen konnte, hatte seine Ankunft keinerlei Interesse erweckt.
Der Amerikaner marschierte durch den grünen Zollausgang in die große Halle des Empfangsgebäudes. Er steuerte automatisch auf den Ausgang zu, an dem die Taxis warteten.
Foley kannte sich in Genf-Cointrin aus. Er ging bis zum ersten Taxi vor, nahm auf dem Rücksitz Platz und wartete, bis die Tür geschlossen war, bevor er dem Taxifahrer das Fahrziel nannte.
„Hotel
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