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Fangjagd

Fangjagd

Titel: Fangjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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ebenfalls Fahrkarten kaufte, schon wenig später zu Kobler hin überkam.
    „Er hat eine Karte für eine einfache Fahrt nach Bern gekauft, besser gesagt zwei. Ich habe auch zwei genommen – falls du auch…“
    „Allerdings! Fahrkarten wohin?“
    „Zürich. Der Schnellzug um 11.56 Uhr fährt durch.“
    Kobler beglückwünschte sich dazu, daß er Graf mit der Überwachung des Bahnhofs beauftragt hatte. Er ließ sich seine Fahrkarte geben und legte sie in seine Krokobrieftasche.
    „Warum nach Zürich, Emil, wenn Newman doch Fahrkarten nach Bern gekauft hat?“
    „Diese Journalisten sind gerissen. Vielleicht will er in Wirklichkeit nach Zürich…“
    „Ausgezeichnet, Emil. Siehst du den kleinen Mann mit dem komischen Trachtenhut, der sich gerade auch eine Fahrkarte besorgt? Das ist Julius Nagy, ein widerlicher Schnüffler. Er ist Newman mit einem Taxi hierher gefolgt. Sieh zu, daß du ihn unterwegs in der Zugtoilette oder nach dem Aussteigen in irgendeinem dunklen Winkel erwischst. Stell fest, für wen er arbeitet. Bei Nagy brauchst du keine Rücksicht zu nehmen – dieser miese Spitzel hat kein Mitleid verdient. Schüchtere ihn ordentlich ein und mache ihm solche Angst, daß er in Zukunft für uns arbeitet. Er soll Newman weiterhin beschatten und dir alle seine Bewegungen und Kontakte melden.“
    „Klar, wird gemacht.“
    Kobler griff nach seinem Aktenkoffer und beobachtete, wie Graf mit seiner Reisetasche davon trottete. Möglicherweise konnte ihr Inhalt dazu beitragen Nagy unmissverständlich vor Augen zu fuhren, was er bei einer Weigerung riskierte. Kobler warf einen Blick auf die Anzeigetafel und machte sich auf den Weg zu dem Bahnsteig, von dem in zehn Minuten der Schnellzug nach Zürich abfahren würde.
    Lee Foley, der in der hintersten Ecke der Bahnhofshalle scheinbar interessiert seine Zeitung studierte, beobachtete alle diese Vorgänge. Er hatte das Hotel des Bergues nur fünf Minuten vor Newman und Nancy Kennedy verlassen, um sich hier am Bahnhof einen Logenplatz zu sichern. Er hatte sich eine Fahrkarte Erster Klasse nach Bern gekauft und dann diesen Beobachtungsposten bezogen, von dem aus er die Fahrkartenschalter unauffällig überwachen konnte. Als Kobler verschwand, faltete er die Zeitung zusammen, steckte sie in die Jackentasche, griff nach seiner Reisetasche und machte sich ebenfalls auf den Weg zum Bahnsteig.
    Eine Person, die alle – selbst Lee Foley – übersehen hatten, war die Tizianrote, deren ganzes Gepäck aus einer Nylontasche mit ihrem Sturzhelm und einer Fotoausrüstung bestand. Sie stieg ganz hinten in den Schnellzug Bern-Zürich ein, der gleich darauf aus dem Bahnhof glitt.

12
    Bern! Eine nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Westeuropa einzigartige Stadt! Schon ihre Topographie ist außergewöhnlich. Die Altstadt wird auf drei Seiten von der hier eine Schleife bildenden Aare um rauscht und erstreckt sich als Halbinsel in West-Ost-Richtung, vom Bürgerspital zum Hauptbahnhof und der Universität bis zur fernen Nydeggbrücke, die über den Fluss fuhrt.
    Die Breite dieser Landzunge beträgt nur etwa ein Viertel ihrer Länge. An vielen Stellen kann man die Halbinsel zu Fuß überqueren, den Fluss hinter sich zurücklassen, um kaum zehn Minuten später erneut davor zu stehen.
    Bern ist eine Festung, die auf einem gigantischen Felsrücken hoch über dem umliegenden Land emporragt. Unterhalb der Terrasse hinter dem Bundeshaus fallt das Gelände steil ab, unterhalb der Plattform neben dem Münster führen massive Befestigungsmauern 30 Meter tief zur Badgasse hinunter.
    Jenseits von Badgasse und Aarstraße schäumt die aus dem Thunersee kommende Aare vorbei.
    Der Felsrücken hat seinen höchsten Punkt zwischen Bundeshaus und Hauptbahnhof. Die parallel nach Osten führenden Straßen fallen allmählich in Richtung Nydeggbrücke ab.
    Bern ist alt, sehr alt. Das ehrwürdige Münster stammt aus dem Jahre 1185. Und da Bern seit Jahrhunderten keinen Angriff mehr erlebt hat, ist die Stadt erhalten geblieben. Sie ist eine Stadt für menschliche Maulwürfe. Ihre Straßen sind mit an Maulwurfsbauten erinnernden Bogengängen („Lauben“) gesäumt, unter denen man auch bei schlechtem Wetter vor Regen und Schnee geschützt ist.
    Bei Einbruch der Dunkelheit oder an grauen, wolkenverhangenen Tagen wirkt die Stadt düster, fast bedrohlich. Nur wenige Passanten sind unter den Arkaden der Münstergasse unterwegs, die in die nach Osten verlaufende Junkergasse einmündet. Alle West-Ost-Straßen und

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