Fangschuss
vorbei, zwei entfesselte Dämonen, ich konnte ihre schwarz glänzenden Körper sehen, ihren muffigen Geruch kurz danach riechen. Wir hielten still, bis sich das Klirren ihrer Halsbänder entfernt hatte. Nach einer Weile richtete Tarik sich vorsichtig auf und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, als es draußen knirschte. Seine Gesichtszüge erstarrten. Das Geräusch war schwer einzuordnen, es konnte ein auftretender Schuh sein, aber auch nur ein Vogel, der im Laub nach Insekten wühlte. Instinktiv befürchteten wir das Schlimmste. Dann hörten wir das Geräusch wieder, und jetzt waren wir sicher, dass es Schritte waren. Sie kamen näher und stoppten dann abrupt. Leises Fluchen war zu hören. Wer auch immer es war, er stand direkt neben dem Eingang der Höhle. Ich presste mich so weit wie möglich nach hinten, während sich Tarik plötzlich nach vorn beugte.
›Tarik!‹, zischte ich.
Tarik suchte verängstigt meinen Blick. ›Spielt Scheißflöte, Mann‹
›Eine Hundepfeife!‹
Die Sekunden, die dann vergingen, erschienen uns wie Stunden. Wir standen wie festgefroren in der Höhle und sahen uns mit wachsendem Entsetzen an. Dann war das Kettenrasseln zu hören, es kam verdammt schnell näher.
›Platz!‹, befahl eine Stimme. Durch den Spalt beobachtete ich, wie sich die Hunde vor ihrem Meister hinsetzten, die rosa Zungen hingen triefend zwischen den messerscharfen Zähnen. ›Brav.‹
Raschelnd entfernten sich die Schritte, und die beiden Hunde erhoben sich wieder. Ich lehnte mich etwas vor und spähte über Tariks Schulter. Seeholzer hatte sich abgewendet und ging jetzt gemächlich den Abhang hinauf, während die beiden Hunde friedlich hinter ihm hertrotteten. Ich zeigte Tarik den nach oben gerichteten Daumen und grinste triumphierend, worauf er sich erschöpft an die moosbedeckte Höhlenwand lehnte und sich den Schweiß von der Stirn wischte. Irgendwas knirschte über uns und Tarik zuckte zusammen. Seine Miene verhieß nichts Gutes. Es knirschte erneut, ein hohles, schabendes Geräusch, und feiner Schutt rieselte leise zu Boden. Als ich begriff, was vor sich ging, war es schon zu spät. Der Stein, der offenbar nur lose auf dem darunterliegenden Felsvorsprung gelegen hatte, musste sich durch Tariks Gewicht verschoben haben, jetzt schlitterte er über die abfallende Fläche unaufhaltsam Richtung Höhleneingang, und obwohl wir sofort versuchten, ihn zu bremsen, gelang es uns nicht. Er war viel zu schwer, voll von glitschigem Moos und so rutschte er uns dauernd aus den Händen. Mit einem Ächzen senkte er sich plötzlich nach vorn, Tarik sprang zur Seite, und ohnmächtig mussten wir zusehen, wie der Felsbrocken dumpf auf den Boden donnerte und dann aus der Höhle rollte, den Abhang hinunter, wo er immer schneller wurde, bevor er mit Wucht gegen einen Baumstamm prallte. Mit panisch flackerndem Blick fixierte mich Tarik. Alles Blut war aus seinem Gesicht gewichen und seine Lippen formten stumme Worte. Dann bekreuzigte er sich, und ehe ich ihn hätte daran hindern können, war er aus der Höhle gestürzt.«
Philipp schniefte geräuschvoll, Tränen liefen über sein Gesicht, und es dauert einen Moment, bis er sich einigermaßen gefasst hatte.
»Ich … ich …« Er brach ab und barg sein Gesicht in den Händen. Ich drückte behutsam seinen Arm, worauf er den Kopf hob und mich lange ansah. Ein schwerer Seufzer entfuhr ihm.
»Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand, ich konnte mich nicht bewegen. Ich hätte ihm helfen müssen, doch mein Körper gehorchte mir nicht mehr, meine Beine waren wie gelähmt. Ich war zum Zusehen verdammt. Es muss eine Ewigkeit gedauert haben. Doch dann ließen die Hunde wie auf Kommando von ihm ab. Sie hoben die Köpfe und blickten mit bluttriefenden Schnauzen in dieselbe Richtung, dann setzten sie sich langsam und irgendwie widerwillig in Bewegung. Ich wartete nur so lange, wie unbedingt nötig, bevor ich aus der Höhle stürzte und neben Tarik auf die Knie fiel. Er lebte noch, doch er war übel zugerichtet, blutverschmiert, helles Blut spritzte in Stößen aus seinem Oberschenkel. Ich zog mein Hemd aus und riss einen Ärmel ab, mit dem ich sein Bein behelfsmäßig abband, dann richtete ich ihn auf und schleppte ihn den Hang hinauf. Er stöhnte vor Schmerz und wir kamen nur schrittweise voran. Wir waren beinahe am Rand der Lichtung, als ratterndes Rotorengeräusch über uns hinwegdröhnte. Kurz danach landete der Helikopter neben der Jagdhütte und Seeholzer stieg mit den restlichen
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