Fanny Hill
süßer Liebling, mit einer Bestellung seines Herrn kam, der sich nach meinem Befinden erkundigen ließ. Ich hatte dafür gesorgt, dass mein Mädchen auf weitläufigen Besorgungen in der City war, und von den Leuten aus dem Hause hatte ich nichts zu befürchten, denn das waren Menschen, die klug genug waren, sich nicht mehr um anderer Leute Dinge zu kümmern als durchaus nötig war.
Ich empfing meinen kleinen Liebsten im Bette und verschloss nach seinem Eintritt mit einem Riegel, den ich an einem Drahte vom Bett aus zog, die Tür. Es fiel mir sofort auf, dass mein Kleiner geputzter war, als ich von seiner Stellung erwarten konnte: eine Begierde zu gefallen, die mir nicht gleichgültig war, weil sie mir bewies, dass ich ihm gefallen hatte.
Sein Haar war hübsch frisiert und er hatte saubere Wäsche an. Aber was war das gegen diese blühende Gesundheit des Bauernjungen! Das allein machte ihn zu dem reizendsten Gegenstand für die Begierde einer Frau, und ich würde eine jede für geschmacklos gehalten haben, die da nicht zugegriffen hätte, sich nicht von dem Jungen hätte vögeln lassen, den die Natur für die Gabe höchster Wonne bestimmt zu haben schien.
Und weshalb soll ich das Vergnügen verschweigen, das mir dieser liebenswürdige Bursch machte, da ich jeden kunstlosen Blick bemerkte, jede Regung der reinen unverstellten Natur, die seine lebhaften Augen verrieten, — ja selbst sein bäuerischer, steifer Anstand ermangelte nicht einer eigentümlichen Grazie. Aber, höre ich Sie sagen, das war doch schließlich ein Mensch von zu niedrigem Stande, als dass er eine so umständliche Beschreibung verdiente! Dem mag so sein. Aber wenn ich auch wirklich über ihm gestanden, hob ihn nicht die Fähigkeit, mich in so hohem Grade anzuziehen, zu mir herauf? Mag wer will Künstler nach dem Grad des Vergnügens, das sie einem bereiten, lieben und lohnen, in meinem Alter und mit meinem Geschmack am Vergnügen der Liebe und mit meinem Temperament gebe ich das größte Verdienst dem Talent, mit dem die Natur einen hübschen Mann versieht. Daneben sind Titel und Würden nur von sehr geringer Bedeutung. Man würde die Körperschönheit nicht so tief schätzen, wenn sie käuflich zu haben wäre. Meine höchst natürliche Philosophie ist nichts als sinnliche Empfindung. Mich regiert der starke Instinkt, meine Lust am rechten Orte zu suchen, und so konnte ich keine Wahl treffen, die meinem Verlangen gemäßer hätte sein können.
Herrn H***‘s Vorzüge der Geburt, des Vermögens und des Verstandes hielten mich unter einer Art Unterwürfigkeit und Zwang, und das hindert die Liebe.
Auch hielt er mich vielleicht nicht für wertvoll genug, diese seine Überlegenheit vor mir zu verbergen. Aber dieser Junge war mir gleich und ich ihm, und das ist der Liebe lieber. Wir mögen sagen was wir wollen, sicher ist, dass wir mit denen am freiesten und angenehmsten leben, die uns am meisten gefallen, ich will nicht einmal sagen, am meisten lieben.
Bei diesem Jungen, dessen ganze Liebeskunst in der Handlung selbst bestand, konnte ich ohne Rückhalt und scheue Achtung allen meinen Begierden die Zügel schießen lassen und jede Laune befriedigen, die mich ankam. Mein größtes Vergnügen bestand jetzt darin, allen Mutwilligkeiten und wollüstigen Einfallen eines Neulings nachzugeben, dessen Gefühl für die Liebe noch gar nicht abgestumpft war.
Er näherte sich meinem Bette, und während er seine Bestellung herstotterte konnte ich sein Rotwerden und seine leuchtenden Augen sehen; meine Lage war auch seinen wollüstigsten Wünschen so günstig, als ob er das Spiel vorher bestellt hätte.
Ich lächelte und gab ihm meine Hand, die er mit Feuer küsste, wobei er niederkniete, eine Höflichkeit, die ihn nur die Liebe, diese große Lehrmeisterin, gelehrt hatte. Nach ein paar konfusen Reden fragte ich ihn, ob er für die kurze Zeit, die ich ihn bei mir behalten dürfe, zu mir ins Bett kommen wolle. Das hieß einen vor Hunger sterbenden Menschen fragen, ob er sein Lieblingsgericht essen wolle, das da für ihn aufgestellt sei. Ohne sich weiter zu bedenken, warf er in einem Augenblick alle seine Kleider ab, und kam noch tiefer errötend zu mir unter die Bettdecke, die ich aufgehoben hatte, und nun war er das erste Mal im Leben mit einer Frau im Bett.
Er begann mit den gewöhnlichen zärtlichen Vorspielen, die vielleicht ebenso lustvoll sind als der Schlussakt des Genusses, zu dem sie die Ungeduld wecken, die das Vergnügen sich selbst zerstören macht.
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