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Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Cleland
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kam er wieder zu seinem Herrn, bevor dieser ihn vermisste. Beim Abschied zwang ich ihn — er wollte es durchaus nicht nehmen — so viel Geld anzunehmen als nötig war, eine silberne Uhr zu kaufen, die der Ehrgeiz jedes Bedienten ist. Er nahm das Geld endlich, um an meine Zuneigung eine Erinnerung zu haben, die er sorgfältig aufbewahren wollte.
    Soll ich mich vor Ihnen, Madame, entschuldigen, dass ich alle diese Dinge, die einen so tiefen Eindruck auf mich gemacht haben, so umständlich erzähle? Aber es hat dieses Erlebnis so große Veränderungen in mein Leben gebracht, dass ich es schon der historischen Treue wegen nicht übergehen durfte, ganz abgesehen davon, dass ich dies herrliche Vergnügen an dem Jungen nicht deshalb unterdrücken und undankbar vergessen werde, weil ich es bei einem Menschen von niedrigem Stande, bei einem Bedienten fand. Und man trifft es da wirklich oft unverfälschter und größer, als bei den falschen und albernen Verfeinerungen, mit denen sich die höheren Stände betrügen und betrügen lassen. Die höheren Stände, mein Gott! Es sind unter jenen, die man die große Masse nennt, wenige, die in der wahren Kunst des Lebens unwissender sind als wir und ungeübter. Suchen nach Lüsten, die der Natur fremd sind; der Natur, die nichts sonst will, als den Genuss der Schönheit und nicht fragt nach Rang, Geburt, Manier und Sitte!
    Die Rache hatte keinen Anteil mehr an meinem Liebesverkehr mit dem hübschen Knaben, und nur das Vergnügen kettete mich an ihn. Die Natur hatte ihn ja auch in seiner äußeren Gestalt so reich beschenkt, besonders mit jenem stolzesten Werkzeug der Liebe! Alles an ihm war dazu angetan, die Sinnlichkeit aufs höchste zu befriedigen, und doch fehlte ihm etwas, um in mir die Liebe zu wecken. Auch eine Menge anderer guter Eigenschaften besaß Will. Er war artig, umgänglich und dankbar; schweigsam, dass es schon ein Fehler wurde, denn er sprach fast nichts und ersetzte das durch seine Handlung. Um gerecht zu sein, muss ich sagen, dass er mir nie Ursache zur Klage gegeben hatte; nie hatte er sich der gestatteten Freiheiten wegen etwas gegen mich herausgenommen oder gar aus Unvorsichtigkeit oder Prahlerei etwas ausgeplaudert. Es gibt ein Schicksal in der Liebe, und das zwang mich, ihn zu lieben, wie ich ihn liebte. War er doch ein Schatz, ein Bissen für eine Herzogin, und mein Wohlgefallen an ihm war so groß, dass, um es nicht Liebe zu nennen, es einer feineren Distinktion bedürfte, die zwischen Lust und Liebe liegt.
    Durch eine unvorsichtige Nachlässigkeit fand meine Glückseligkeit ein jähes Ende. Erst hatten wir unsere Wonnen durch ganz überflüssige Mittel verborgen gehalten, aber unser Glück machte uns so dreist, dass wir schließlich auch die notwendigsten unterließen. Etwa nach einem Monat unserer Bekanntschaft war ich eines Morgens zu einer Zeit, in welcher mich Herr H*** selten oder nie besuchte, in dem Kabinett, wo meine Toilette war; ich hatte nichts als mein Hemd, meinen Schlafrock und einen Unterrock an. Will war bei mir, und wir waren beide sehr in Laune, die gute Gelegenheit auszunützen. Ich empfand ein wollüstiges Bedürfnis nach einem Spiel, zu dem ich meinen Partner einlud und ihn aufforderte, auf der Stelle ans Werk zu gehen, wozu er sich nicht bitten ließ. Ich saß in einem Armstuhl, Hemd und Unterrock aufgehoben, meine Schenkel ausgebreitet und über die Armlehnen des Stuhles gelegt, so dass Wills gezogener Spieß das schönste Ziel hatte. Er war gerade im Begriff ihn hineinzubohren, als H***, da die Kammertür unverschlossen geblieben war, leise eintrat, ehe einer von uns beiden es bemerkte, und die ganze Geschichte sah.

Ich stieß einen lauten Schrei aus und warf den Rock herunter; der Junge war wie vom Donner gerührt, und stand zitternd und blieb und wartete auf sein Todesurteil. Herr H*** sah bald auf den einen, bald auf den andern, mit einem Gemisch von Zorn und Verachtung, und ging ohne ein Wort zu sagen hinaus.
    In meiner Verwirrung hörte ich ihn noch deutlich den Schlüssel hinter der zugeworfenen Tür umdrehen, und wir konnten nur mehr durch den Speisesaal hinaus, wo er mit unruhigen und lauten Schritten hin- und herstapfte, wohl überlegend, was er mit uns anfangen sollte.
    Der arme Will war ganz weg vor Schrecken, und ich selber hatte alle meine Geistesgegenwart nötig, mich aufrecht zu erhalten. Ich musste dem Jungen zusprechen, dass er nicht einfach umfalle. Das Unglück, dass ich über ihn gebracht hatte, machte ihn mir

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