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Fantastik AG

Fantastik AG

Titel: Fantastik AG Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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Wippel gegründet worden war und in diesem Gründungsjahr 5 Dozenten
bei 89 ordnungsgemäß immatrikulierten Studenten beschäftigt hatte.
    Die aktuellen Zahlen waren noch übersichtlicher: Es gab 1 Dozenten
und 1 Studenten.
    Und jetzt stand Professor Hieronymus C. Welk im geräumigen Büro des
Direktors und warf ihm mit seinen kleinen, unruhig hin und her schweifenden
Augen misstrauische Blicke zu.
    Während er die Hand des Professors schüttelte, eine faltige, winzige
Kinderhand, beschlich den Direktor ein merkwürdiges Gefühl.
    Es ist ungefähr so, dachte er, als begegne man dem Osterhasen, lange
Jahre, nachdem man es aufgegeben hat, an seine Existenz zu glauben. Und müsse
ihm nun begreiflich machen, dass man zu dem Schluss gekommen sei, in Zukunft
auf seine Dienste verzichten zu können.
    Professor Welks Sprechzimmer befand sich wie Raum 043a im
Universitätskeller und diente gleichzeitig als Rumpel- und Abstellkammer für
den Hausmeister.
    Der Hinweis an der Tür, demzufolge sich der Dozent dort freitags von 16–18 Uhr aufhielt, war eher als Bezugnahme
auf ein rein fiktives Datum zu lesen. In Wirklichkeit war er dort so gut wie
nie anwesend, jedenfalls nicht mehr, seit ihn dort immer häufiger (in den
letzten fünfzehn Jahren genau drei Mal) schlecht beratene Studienanfänger
aufgesucht und gefragt hatten, ob das Phantastikstudium auch die
Auseinandersetzung mit ›Sachen wie Außerirdischen, Zombiefilmen oder MMORPG ’s‹ beinhalte .
    Professor Welk hatte nicht die leiseste Ahnung, um was es sich bei
einem MMORPG handelte,
und das war seiner Ansicht nach auch gut so.
    Nun räumte er sein Sprechzimmer aus.
    So weit ist es also gekommen, dachte er. Wenn man meint, ohne mich
auskommen zu können: Bitte. Ich dränge mich nicht auf.
    Seiner Meinung nach war es nicht wichtig, vor wie vielen Studenten
er las, es war nicht einmal notwendig, dass überhaupt jemand anwesend war
(außer ihm selbst, natürlich), aber dass er las,
dass überhaupt jemand weitermachte , darauf kam es an.
Diese zugegebenermaßen etwas abstrakte Theorie einem praktisch denkenden
Menschen wie dem Direktor nahebringen zu wollen, war natürlich ein völlig
aussichtsloses Unterfangen gewesen.
    Â»Ein kompetenter Wissenschaftler wie Sie findet doch jederzeit eine
neue Stellung«, hatte der Direktor gesagt.
    Â»Ja, ha«, hatte Professor Welk geantwortet, »ich habe gehört, der
Imbiss am Bahnhof sucht noch eine Aushilfskraft.«
    Â»Und wie ist es mit Pensionierung?«, hatte der Direktor gefragt.
»Sie sind doch sicher alt genug, um in Rente gehen zu können.«
    Â»Junger Mann«, hatte der Professor entgegnet (der Direktor war
dreiundsechzig Jahre alt) und ihn durch seinen Kneifer angefunkelt, »es geht
hier doch nicht um mich. Ich weiß nicht, ob Sie sich darüber im Klaren sind,
dass das hiesige Institut für Phantastik das letzte seiner Art ist. Wenn es
geschlossen wird, ist das das Ende der akademischen Phantastik. Können Sie sich
vorstellen, was das bedeutet?«
    Das konnte und wollte der Direktor
offensichtlich nicht, der an diesem Tag auch noch einige andere wichtige (um
nicht zu sagen: wichtigere ) Termine hatte. Zum Abschied wünschte er dem Professor
herzlich »Alles Gute für die Zukunft und einen glücklichen Einstieg in den
neuen Lebensabschnitt«.
    Neuer Lebensabschnitt!
    Der Professor schnaubte unwillig.
    Er blätterte flüchtig durch einige Ordner mit Vorlesungsunterlagen
und anderen Dokumenten, die sich im Laufe seiner Lehrtätigkeit angesammelt
hatten.
    Ein einzelnes, loses Blatt fiel aus einem der Ordner. Professor Welk
hob es auf und erkannte, dass es sich um eine Übersichtskarte der Fernen Länder handelte.
    Als er genauer hinsah, stutzte er. Etwas war seltsam an dieser
Karte. Auf den ersten Blick ähnelte sie genau derjenigen aus Adelbergs ›Atlas
der Fernen Länder nebst einem Register‹, doch bei näherer Betrachtung …
    Der Professor faltete die Karte zusammen und steckte sie in seine
Hemdtasche, in der Absicht, der Sache zu Hause in Ruhe nachzugehen.
    Â»So«, sagte er und sah sich ein letztes Mal in seinem ehemaligen
Sprechzimmer um, »das war es dann wohl.«
    Ein neuer Lebensabschnitt begann.
    Es war Abend geworden. Theodor ging unruhig in seiner Wohnung
auf und ab.
    Was sollte er tun?
    Sollte er etwas tun?
    Konnte er etwas tun?
    Täte er etwas können

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