Fantastik AG
einmal ganz
in Ruhe â¦Â«
»Seien Sie nicht albern«, unterbrach der Professor. »Das hier
geschieht rein im Dienste der Wissenschaft. Mit persönlichen Rachegelüsten hat
es nicht das Geringste zu tun.«
Jedenfalls nicht über das Maà des Normalen und Erlaubten hinaus,
ergänzte er in Gedanken.
»Ich weià nicht â¦Â«, sagte der Student.
»Junger Mann«, entgegnete Professor Welk, »wenn sich mir in Ihrem
Alter eine solche Gelegenheit geboten hätte, wäre ich hocherfreut gewesen. Eine
lobende Erwähnung im Vorwort meines zweifellos bahnbrechenden
Forschungsberichtes ist Ihnen sicher.«
Fürs Erste würde es schon genügen, dachte der Student, wenn von
meiner Erwähnung im Polizeiprotokoll abgesehen werden könnte.
Trotzdem machte er sich an die Arbeit.
Immerhin, musste er zugeben, wirkte sein Dozent von der Vernünftigkeit
des Vorhabens sehr überzeugt.
Und abgesehen davon: Ein bisschen politisch
motivierter Vandalismus konnte eigentlich nicht schaden â¦
Nicht weit entfernt wechselte der Hausmeister der
Universität, noch späten Dienst in den Katakomben tuend, gerade eine Glühbirne
aus.
Hätte er genauer hingehört, dann wären ihm möglicherweise die bedenklichen
oder sogar alarmierenden Geräusche aufgefallen, die an diesem Abend aus Raum 043a
kamen.
Er hörte aber nicht genauer hin.
Der Vorgang wiederholte sich mehrfach ohne nennenswerte Abweichungen.
Professor Welk schritt die Wände ab, klopfte gegen die eine oder andere Stelle,
um schlieÃlich »Hier ist es!« auszurufen. Woraufhin Theodor den Teil der
Vertäfelung entfernte, hinter dem sich nach felsenfester Ãberzeugung seines
Dozenten jenes ominöse es befinden sollte.
Dann begann die Prozedur von Neuem,
ohne dass sie etwas AuÃergewöhnliches oder Bemerkenswertes gefunden hätten.
SchlieÃlich hatte Theodor die gesamte Vertäfelung von den Wänden
entfernt.
Die Anzahl der dabei gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse
stagnierte bei null, das Ausmaà der angerichteten Zerstörung war ganz
respektabel.
»Gut«, sagte der Dozent, während er in der Mitte des Raums stand,
die Arme in die Hüften stemmte und die Verheerung begutachtete. »Ich habe mich
geirrt. Das kann vorkommen.«
Wenigstens sieht er es ein, dachte Theodor.
»Dann nehmen wir uns jetzt den Boden vor«, beschloss Professor
Welk.
»Was?«, rief der Student. »Oh, nein, ich rühre keinen Finger
mehr, bis Sie mir sagen, worum es hier geht!«
Der Professor schien einige Augenblicke mit sich zu ringen. »Na
gut«, sagte er dann, nahm seine Tasche aus dem Haufen des übrigen Gepäcks und
begann seine Erklärung.
»Ich nehme an, dass Sie mit der Bedeutung der Fernen
Länder für die Phantastik hinreichend vertraut sind?«
»Natürlich«, antwortete Theodor. »Die Fernen
Länder , das Reich der Märchen und Magie, der Feen, Drachen, Kobolde und
Wichtel. Ich wäre ein schrecklicher Phantastiker, wenn ich nicht einmal das
wüsste.«
»Dann wissen Sie sicherlich auch, dass es in der Geschichte unseres
Faches immer wieder Spekulationen über die mögliche Existenz dieser magischen
Welt gegeben hat.«
»Ja«, entgegnete der Student, »aber das sind nur haltlose Vermutungen.
Sie selbst haben das oft genug in Ihren Vorlesungen betont. Die Fernen Ländersind ein
Symbol, eine Metapher für die Phantasie, das Wunderbare.«
»Und wenn ich Ihnen nun sage, dass
ich nicht nur weiÃ, dass es die Fernen Länderwirklich gibt, sondern auch, wo sich der Ãbergang
zwischen ihnen und unserer Welt befindet?«
»Dann würde ich Ihnen antworten, dass â¦Â«, begann der Student und
schwieg.
Eigentlich würde er antworten, dass sein
Dozent sich die Auflösung des Instituts offensichtlich allzu sehr zu Herzen
genommen und darüber den Verstand verloren hatte.
»Hören Sie zu«, sagte der Professor. »Ich werde versuchen, mich
kurz zu fassen. Ich habe Nachforschungen angestellt. Wussten Sie, dass die
ersten Vorlesungen über Phantastik in genau dem Raum gehalten worden sind, in
dem wir uns gerade befinden?« Professor Welk sprach hastig und ging dabei unruhig auf und ab. »Ich wusste es bis vor Kurzem
auch nicht, aber es ist so. Wippel hat hier gelesen, Maienkindt und auch
Adelberg. Jener Adelberg, der im Juli 1817 unter
rätselhaften Umständen urplötzlich
Weitere Kostenlose Bücher