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Fantastisches Grün (German Edition)

Fantastisches Grün (German Edition)

Titel: Fantastisches Grün (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Berger
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griff nach meiner und zog mich hinter ihr her. Nachdem die Vorstellrunde bereits vorbei war, folgte ich ihr und zwinkerte Rrrruri zum Abschied zu. Die sah immer noch verstört aus und schüttelte den Kopf über meine Gleichgültigkeit wegen der Haare.
                  Die Alte war schneller als erwartet und ich musste ordentlich ausschreiten, um ihr folgen zu können. Draußen war es schon finster und mit einer Fackel leuchtete sie den holprigen Weg. Ihr Wohnbereich lag allem Anschein nach in der Nähe des Schlossgartens. Wir entfernten uns also immer mehr vom Hauptgebäude, gingen vorbei an Wachen und Nebengebäuden und blieben schließlich vor einer kleinen, unscheinbaren Hütte mit entzückendem Strohdach stehen. Ich wunderte mich, dass ich als Fremde und mögliche Spionin so frei und ungehindert im Dunkeln spazieren durfte, doch das lag vermutlich an meiner Begleitung.
                  Lorrrne öffnete die dicke Holztür und rollte dabei einen leise gemurmelten Satz über ihre schmalen, faltigen Lippen. Als hätte sie ihr Heim mit einem Zauber geschützt und nun entsichert. Vielleicht aber hatte sie nur in ihrer Sprache etwas wie ‚Home sweet home‘ gemurmelt. Am liebsten hätte ich Rrrruri als Dolmetscherin bei mir gehabt, doch das schelmische Augenzwinkern der Alten zeigte mir, dass sie mich mochte und wir keine gröberen Verständigungsprobleme haben würden.
                  In der Hütte roch es ein wenig modrig und feucht, vor allem aber nach Kräutern und Stroh. Es gab nur einen Raum mit Tisch, offener Feuerstelle mit Abzug, wo sie die Fackel hineinwarf und ein Bett. Weiter hinten entdeckte ich noch zwei Truhen, aber viel mehr hatte in der Behausung keinen Platz. Es war ihr kleines, abgeschirmtes Reich und ich konnte sehen, wie sie diese Hütte liebte. Flink wuselte sie von einem Ende zum anderen und strich dabei fast zärtlich über die Wände.
                  „Guter Schutz das Sandelholz“, erklärte sie fast akzentfrei und lächelte mir mit ganzen drei Zähnen offen zu. Ich war vollkommen überrascht, dass sie doch Deutsch sprechen konnte und wollte sie gerade danach fragen, als sie – wie zur Antwort – ihren Finger über den Mund legte und mir zu verstehen gab, dass ich darüber schweigen sollte. Scheinbar durfte niemand wissen, dass sie dieser Sprache mächtig war. Warum sie mir aber vertraute, wusste ich nicht.
                  Sie kramte etwas in einer der Truhen und holte ein winziges Fläschchen mit blauer Flüssigkeit hervor.
                  „Ahhh, das ist es“, zischte sie und hob es in den Schein ihrer Fackel. „Sieh her mein Kind!“ Dabei schwenkte sie das Fläschchen vorsichtig. Die Flüssigkeit darin veränderte ihre Farbe und ich bemerkte, wie dünne rote Fäden durch das Blau schlängelten und simultan mit der Bewegung der Alten ihre Form veränderten. Der Anblick hatte eine magische Faszination, denn die Flüssigkeit wirkte lebendig. So als würde sie die Bewegungen Lorrrnes gutheißen und genießen. Je langsamer sie es dann drehte, desto genüsslicher schienen auch die roten Fäden auseinander zu strömen und sich wieder ineinander zu verschlingen. Wie Würmer aus Farbe.
                  „Das mein Kind ist für dich“, sagte sie und ihre Augen blitzten mir stolz und voller Vorfreude entgegen.
                  „Was ...“, fragte ich und blinzelte immer noch fasziniert in das Glas „... ist das?“ Doch Lorrrne grinste nur und steckte das Fläschchen in einen kleinen Beutel.
                  „Was es ist tut nichts zur Sache. Dass es ist, zählt.“ Dabei blickte sie listig zu mir und reichte mir den kleinen Beutel.
                  „Ja, aber ...“, sagte ich und griff automatisch zu dem gereichten Sack.
                  „Ja, aber, ja, aber! Schluss damit“, fuhr sie mich an und ich hielt tatsächlich meinen Mund. „Das nimmst du morgens! Zwei Tropfen in die Milch und mehr nicht! Hast du verstanden?“ Doch ich verstand natürlich nicht so ganz und Lorrrne wurde ein wenig ungeduldig. Entschlossen nahm sie mich bei der Hand.
                  „Du magst nicht viel von langen Haaren halten mein Kind, aber glaube mir: Du wirst sie hier ganz gut gebrauchen können! Für die Menschen hier ist es wie eine Huldigung an das Urweibliche.“ Damit grinste sie mich so witzig an, dass ich einfach auch lachen musste und mich wie eine

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