Fantastisches Grün (German Edition)
Seine Stimme rollte das R wieder deutlicher, obwohl er die letzten Informationen grammatikalisch völlig richtig geschafft hatte. Seine Stimmlage war dennoch ein klares Zeichen für den bevorstehenden Abschied.
„Bitte um Aufnahme im Schloss und bleibe am besten dort. Lebe dort und werde glücklich. Bis zum Fluss wirst du es alleine nicht schaffen. Hast du mich verstanden? Bleibe bitte auf Sarrrgon und tu was man dir sagt. Nur dort hast du eine Chance in diesem Land zu überleben.“ Damit drehte er sich um und ging zu seinem Pferd. Ohne ein weiteres Wort wollte er also einfach auf sein Pferd steigen und abhauen. Ich konnte gar nicht sagen, wie sehr mich das plötzlich verletzte. Ich war sprachlos, enttäuscht und frustriert. Dennoch schaffte ich einen Abschiedsgruß.
„Leb wohl“, krächzte ich. „Und ... danke.“ Meine Augen füllten sich mit Tränen, aber die blinzelte ich schnell weg. Solch eine Blöße wollte ich mir dann doch nicht geben. Darrrer aber stieg auf sein Pferd und wendete es in meine Richtung. Sein Blick war kalt oder zumindest sehr beherrscht.
„Viel Glück“, sagte er nur, dann trieb er sein Pferd an und preschte davon. Schon nach ein paar Sekunden war nichts mehr von ihm zu sehen oder zu hören. Verwirrt blieb ich genau auf dem Platz stehen, wo er mich zurückgelassen hatte und starrte sicher noch fünf Minuten einfach blöde vor mich hin. Immer wieder dachte ich dabei an seine Worte, seine Küsse und an seinen Abschied. Vielleicht kullerte doch auch die eine oder andere Träne, aber denen schenkte ich keine Beachtung. Ich mochte ja enttäuscht sein und durcheinander, aber ich hatte keine Lust hier in diesem Wald Wurzeln zu schlagen oder gar zu verenden. Das klang zwar etwas theatralisch, aber wenn es Kobolde mit Giftpfeilen gab und diesen sexbesessenen Yeti, dann sollte ich mich wohl schleunigst auf den Weg machen und aus diesem grünen Irrenhaus entfliehen.
0 5. Kapitel
Das Schloss lag auf einer Anhöhe eines Hügels und strahlte weiß im letzten Sonnenlicht des Tages. Immer wieder hatte ich wiederholt, was ich dem Herzog erzählen sollte und wie ich um Aufnahme und Schutz bitten würde. Doch als es soweit war, versagte mir beinahe die Stimme.
Der Saal in den ich vorgelassen wurde, war vollgestopft mit Leuten, die so ganz anders gekleidet waren als die Menschen im Wald oder als ich. Bodenlange, aufgebauschte Roben, Anzüge aus feinstem Schillerstoff. Es wirkte alles ein wenig kitschig und verschnörkelt, aber dennoch beeindruckend schön. Schon am Schlosstor hatte ich die Skepsis und die Abneigung der Wachbeamten bemerkt und das hier war schließlich auch alles andere als eine Privataudienz. Es kam mehr einem Anprangern in aller Öffentlichkeit gleich. Der Herzog forderte nun einmal eine öffentliche Rechtfertigung ... von einer Frau, die so offensichtlich zur anderen Seite und somit zu den Feinden gehörte. Unverhohlene Missgunst und spöttisches Getuschel schlugen mir aus der Masse entgegen. Lediglich der Herzog und seine Gattin wirkten reserviert und machten einen seriösen und anständigen Eindruck. Ich wusste natürlich nicht, wie ich mich richtig verhalten sollte, schritt nervös einen langen Gang entlang und machte eine Andeutung von einem Knicks. Die Umgebung hier wirkte so mittelalterlich, dass mir der Knicks noch am passendsten erschien.
Der Herzog trug sehr feines Gewand aus einem glänzenden Stoff, der in allen möglichen Farben schillerte. Seine Frau war eine blonde Schönheit, die ganz in Rot gekleidet war und deren Stoff mindestens genauso schillerte, wie der Anzug ihres Mannes. Beide hatten sie braune Augen und einen überraschend freundlichen Blick für mich. Eine gewisse Strenge konnte man zwar durchaus erkennen, aber die war vermutlich auf ihr hohes Amt und ihre Macht zurückzuführen. Nach meinem wackligen Knicks, richtete der Herzog in meiner Sprache das Wort an mich.
„Wie ist Euer Name?“
„Werter Herzog! Durch ein furchtbares Missgeschick, bei dem ich zu Sturz gekommen bin, habe ich leider mein Gedächtnis verloren und weiß meinen Namen nicht.“ Ein Raunen ging durch die Menge und der Herzog wechselte einen seltsamen Blick mit seiner Frau. „Ich weiß, dass Ihr mich vermutlich für eine Feindin von jenseits des Flusses haltet – das wurde mir
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