Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fantastisches Grün (German Edition)

Fantastisches Grün (German Edition)

Titel: Fantastisches Grün (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Berger
Vom Netzwerk:
Herrschaften war nie die Zeit, um einmal in einen zu gucken. Ich wusste also nicht einmal, ob mir lange Haare überhaupt standen.
     
    Nach den ersten drei Wochen hatte ich schließlich einen freien Tag. Wie immer war ich in voller Montur um 5.30 Uhr zum Dienst angetreten und hatte nicht damit gerechnet, frei zu bekommen. Anfangs war ich sprachlos und wusste gar nicht was ich tun sollte, dann aber riss ich mir die verhasste Haube vom Kopf und stürmte ins Freie.
                  Inzwischen war es sicher Sommer geworden, denn es war schon zu früher Stunde hell und warm. Da die Küche in einem Kellergewölbe lag hatte ich seit meiner Ankunft nicht mehr wirklich Gelegenheit gehabt etwas von außerhalb mitzubekommen. Umso mehr genoss ich jetzt die Morgensonne und den Spaziergang. Mein langes Haar war noch etwas ungewohnt, aber ich mochte es. Irgendwann sollte ich mich wohl bei der alten Dame bedanken und ihr den Rest auch wieder zurückgeben, sonst würde mein Haar ja noch ins bodenlose wachsen.
                                Im Garten entdeckte ich dann die Herzogin, was mich zu solch früher Stunde verwunderte. Insgeheim hatte ich angenommen, dass adelige Herrschaften lange und ausgiebig schlafen würden und nur die arbeitende Schicht früh auf die Beine musste. Die Herzogin saß auf einer Bank und wirkte vollkommen in Gedanken versunken. Vorsichtig machte ich einen Bogen um sie, als mich ihre Stimme stoppte.
                  „Rumarin“, hörte ich ihre Stimme und fuhr zusammen, weil ich nicht gedacht hätte, dass sie mich bemerkt hatte. Natürlich konnte ich jetzt nicht einfach weitergehen.
                  „Ja, Herzogin?“
                  „Ach, bitte! Kommt doch zu mir“, sagte sie und ihre freundliche Stimme ließ mich hoffen, endlich ein klärendes Gespräch mit ihr führen zu können. Sie klopfte mit ihrer Hand auf den Platz neben sich und lächelte mir melancholisch zu. „Es ist so ein herrlicher Morgen, findet Ihr nicht?“
                  „Nun es ist seit drei Wochen mein erster Morgen im Freien“, sagte ich und war gar nicht bemüht meinen leisen Vorwurf darin zu verbergen. Sie lächelte erneut.
                  „Euer Haar ist schon bedeutend länger“, strahlte sie und konnte es nicht lassen, eine Haarsträhne von mir zwischen ihre Finger zu nehmen. „Ihr hattet wohl die Ehre Lorrrne’s Zaubertinktur zu trinken, nicht wahr?“ Als ich nickte, spielte sie immer noch mit meinem Haar.
                  „Und was ist es doch schön! Die Mädchen in der Küche werden Euch um die Festigkeit und die Farbe beneiden. Ist es nicht so?“ Die Herzogin war eine sehr schöne Frau und ihr blondes Haar bei weitem erwähnenswerter als mein schwarzes. „Und dann Eure Augen! Dieses intensive Grün mit dem Hauch von Gold. Wunderschön.“ Allmählich wurde mir ihre übertriebene Aufmerksamkeit ein wenig unangenehm. Außerdem verstand ich nicht worauf sie eigentlich hinaus wollte.
                  „Dann noch Eure vollen, roten Lippen!“ Sie lachte. „So weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Ebenholz.“ Hä? Hat die Frau etwa einen Vogel? Ihr Blick hatte etwas Verträumtes und ihre Bewunderung schien aufrichtig zu sein. Dabei konnte ich nicht verstehen, wie jemand, der so aussah wie sie, überhaupt das Aussehen einer anderen Frau beachten konnte. Und dann vergleicht sie dich noch mit Schneewittchen , ätzte meine fremde Stimme, die jetzt fast drei Wochen lang geschwiegen hatte und irgendwie heiser und eingerostet klang. Ich staunte, dass Kopfstimmen heiser werden konnten und lächelte zugleich über den neuen Erinnerungsschub. Immerhin konnte ich mich jetzt an das Märchen von Schneewittchen erinnern.
                  „Danke – ähm – das ist sehr nett von Euch. Doch bitte ...“ Schließlich hatte ich so viele Fragen und Wünsche, so viel Bedarf an Erklärungen und Hoffnungen. Was interessierte mich da schon mein Aussehen oder ein Märchen aus Kindertagen? Doch sie legte nur ihre Finger auf meine Lippen und wisperte:
                  „Pssst! Mach den Moment nicht kaputt!“ Ihr Blick war dabei eigenartig und löste ein komisches Bauchgefühl aus. Verlegen fragte ich mich, was die feine Dame eigentlich von mir wollte. Die ist ganz klar vom anderen Ufer, ätzte die fremde Stimme. Nur eben nicht vom Grenzfluss, haha. Gut, das war geschmacklos, aber ein

Weitere Kostenlose Bücher