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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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ist nicht berechenbar, was beim Joggen passiert. An manchen Tagen setzt auch die ausgedehnteste Tour keinerlei Glückshormone oder gar Geistesblitze frei. Doch heute hat sich auf dem letzten Kilometer wie aus dem Nichts eine Idee materialisiert – eine Idee, die ihm mit jedem Schritt besser gefällt, weil sie vielleicht dazu taugt, den ominösen Schwertritter zu überführen.
    Sein Kühlschrank ist leer, aber das vermag Mannis Laune nicht zu trüben. Er trinkt eine Flasche Orangensaft auf ex, duscht und kauft auf dem Weg zum Auto zwei belegte Brötchen, die er erst an seinem Schreibtisch im Polizeipräsidium isst, da er Krümel in seinem GTI nicht mag. Um 7.51 Uhr stiefelt auch Kollege Kühn ins Büro. Frisch gestriegelt und mit grün getupftem Schlips, was ein unweigerliches Indiz dafür ist, dass er als erste Tat des Tages eine weitere Pressekonferenz anberaumen wird.
    Manni unterdrückt ein Grinsen, während der Leiter der Soko Priester wie erwartet mit Pressekrämer telefoniert. Berechenbarkeit ist eine schöne Sache, mit der der Arbeitsalltag eines Kriminalbeamten nicht allzu oft gesegnet ist, umso wichtiger ist es, diese Eigenschaft bei einem Vorgesetzten zu würdigen.
    »Ich fahr noch mal zu Nora Weiß«, sagt Manni, sobald Kühn sein telefonisches Vorspiel zum Presseauftrieb beendet hat.
    Kühn nickt ihm zu. »Um 13 Uhr ist Konferenz. Ich erwarte, dass du dabei bist.«
    »Ja, klar.« Manni nimmt seine Jacke. Männchenmachen auf Zuruf, das ist, was Kühn von seinen Mitarbeitern erwartet. Aber schön, kann er haben. Und mit etwas Glück wird Manni sogar einen Erfolg präsentieren.
    Ralf Meuser sieht hingegen alles andere als optimistisch aus. Mit krummem Rücken stiert er auf seinen PC und wirkt so, als sitze er schon seit Stunden hier.
    »Wir müssen rausfinden, ob der Mörder wirklich Jens Weiß töten wollte, oder vielleicht einfach nur einen Priester«, begrüßt er Manni griesgrämig, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden.
    Manni linst über Meusers mageren Rücken auf den Monitor: www.heiligenlexikon.de , na fein.
    »Vergiss mal den alten Albanus für ein Weilchen und check in Weiß' Krankenhaus, ob jemand einen Grund hätte, unseren Doktor zu töten.«
    Meuser nickt unüberzeugt. »Der Tatort ist wichtig. Der Zeitpunkt, exakt parallel zur Verbrennung der Strohpuppen. Und das Schwert.«
    »Mag sein. Aber jetzt, wo wir wissen, wer unser Opfer ist, lohnt sich ja wohl die Suche nach einem eher weltlichen Motiv.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Endlich kommt so was wie Leben in den Kollegen. Manni wartet nicht ab, ob es von Dauer ist. Er will von Nora Weiß mehr über ihren Mann erfahren. Freunde, Feinde, Vorlieben, Laster. Er will wissen, ob er eine Geliebte hatte, Träume, Ängste, Schulden, Vermögen und warum er sich ausgerechnet als Priester verkleidet hat. Und vor allen Dingen will er wissen, auf welcher Kostümparty Jens Weiß in der Nacht vor seiner Ermordung tanzte. Weil die Wahrscheinlichkeit relativ hoch ist, dass ein 56-jähriger Chefarzt sich nicht einfach in irgendeine Kneipe drängelt, sondern zu einer eher noblen Feier geladen ist, einer Party, zu der eine Gästeliste existiert.
    Als sie zu sich kommt, liegt sie auf dem Boden in ihrem Zimmer. Steif, frierend. Ihr ist unsagbar schlecht. Alles tut ihr weh. Vorsichtig tastet Bat über ihren Körper. Sie ist angezogen. Ihre Bluse ist feucht und klebrig. Wieso liegt sie nicht in ihrem Bett, wie ist sie überhaupt heimgekommen, was ist passiert? Es muss Morgen sein, denn durch die Ritzen der Gardinen strömt Tageslicht. Sie hat geputzt, und diese spießige Kollegin ihrer Mutter hat sie die ganze Zeit angemeckert. Marianne. Wenn man schon so heißt.
    Und dann? Was war dann?
    Hinter ihrer Stirn hämmert es und auf einmal merkt sie, dass sie zittert. Sie war nach dem Putzen noch im Lunaclub. Das war sie doch, oder?
    Sie muss aufstehen, ins Bad gehen, sich waschen. Die Zähne putzen. Bat versucht hochzukommen, schafft es aber nur auf die Knie. Ihr Kopf tut so weh, sticht und pocht. Ihr ganzer Körper fühlt sich wie eine einzige Wunde an.
    Jana, sie wollte doch mit Fabi im Club Janas Geburtstag feiern. Warum hat sie das nicht getan, oder haben sie gefeiert und sie weiß es nicht mehr?
    Kotze, es stinkt nach Kotze, auf einmal nimmt sie das wahr. Ist sie krank, ist es das? Hat sie etwa hier in ihrem Zimmer auf den Teppich gekotzt? Panisch sieht sie sich um, kann jedoch keine verräterische Pfütze entdecken. Aber sie muss trotzdem erbrochen haben, jetzt

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