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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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fesselnder Dozent und erfahrener Theologe, es war interessant, was er erzählte.«
    Interessant, engagiert, christlich, fleißig. Es folgt exakt dasselbe Programm, das schon die Telefonseelsorge-Mitarbeiter abgespult haben.
    »Vielleicht habe ich letzte Nacht doch noch jemanden gesehen.« Markus Fuchs schluckt. »Da lief jemand zum Dom, ziemlich schnell, am Gebäude der Handelskammer vorbei.«
    »Wie sah er aus?«
    »Ich weiß es nicht. Es war ja dunkel, und ich habe nicht darauf geachtet. Ich habe ihn eher als eine Art Schatten wahrgenommen. Ich glaube, er trug einen schwarzen Mantel.«
    Erst ein Ritter, dann ein Schatten. Das ist toll, wirklich toll. Ein gigantischer Fortschritt.
    »Trug er vielleicht eine Soutane?«, meldet sich Meuser zu Wort.
    »Aber das würde ja bedeuten, dass Sie glauben, der Mörder …« Fuchs schüttelt den Kopf. »Ich weiß es nicht. Wirklich nicht. Ich habe ja auch nicht bewusst hingeguckt. Es ging zu schnell.«
    »Meine Herren!«
    Die Tür fliegt auf, und der Botschafter des Kardinals gesellt sich zu ihnen, seine Physiognomie erinnert Manni an einen misslaunigen Habicht. Ungefragt doziert er über die Sorgen des Kardinals, die Beunruhigung der Priester und über die Verpflichtung der Polizei, alles Menschenmögliche zu tun, um die Mordserie zu stoppen.
    »War Georg Röttgen ein Mörder?«, fragt Manni, als Ackermann sein mageres Hinterteil auf die Couch senkt und Luft holt.
    »Natürlich nicht.« Die Habichtaugen fixieren Manni, als sei er ein minderwertiges Nagetier, möglicherweise dazu geeignet, einem hungrigen Raubvogel in Notzeiten als Imbiss zu dienen.
    Manni starrt zurück. »Warum dann diese Botschaft?«
    »Das müssen Sie schon den Täter fragen.«
    »Ich frage Sie.«
    Mannis Magen knurrt. Vor einer halben Ewigkeit hat er ein labberiges Schinkenbrötchen gegessen, lange vorgehalten hat es nicht. Nichts an Ackermann signalisiert Unsicherheit. Falls er etwas weiß, wird er es nicht preisgeben, denkt Manni. Er ist es gewöhnt, nur zu sagen, was er will, oder was sein Boss ihm diktiert – sein Boss oder seine Kirche.
    »Hatte Georg Röttgen Feinde? Gibt es jemanden, der einen Grund gehabt haben könnte, ihn zu hassen?«, fragt er trotzdem.
    »Ich wüsste nicht, wer. Oder warum.« Der Gesandte des Kardinals schenkt sich ein Glas Mineralwasser ein.
    ***
    »Röttgen war erst seit einem halben Jahr in der Telefonseelsorge. Was hat er vorher gemacht?«, fragt Manni.
    »Er war Gemeindepfarrer«, antwortet Regens Ribusch.
    »Wo?«
    »Zunächst in der Eifel. Dann in der Brunogemeinde in Klettenberg.«
    Klettenberg, der Stadtteil, in dem Jens Weiß gelebt hat. Ist das eine Verbindung, die Spur, die sie suchen? Ein schneller Seitenblick zu Meuser verrät Manni, dass der Kollege dasselbe überlegt und dabei sogar wieder etwas wacher aussieht. Sie müssen noch mal mit Nora Weiß sprechen. Und mit ihren Töchtern. Sie müssen Röttgens Gemeinde befragen. Seine Personalakte studieren. Und mit Sicherheit verbirgt sich noch etwas in Röttgens Wohnung, etwas, das wichtig ist, möglicherweise sogar entscheidend, und sie haben es übersehen. Manni trinkt einen Schluck Kaffee. Sein Magen protestiert. Er stellt die halb volle Tasse auf den Couchtisch.
    »Kannte Georg Röttgen den Chirurg Jens Weiß?«
    »Das erste Opfer?«, fragt Ribusch. »Ich weiß es nicht.«
    »Warum hat Röttgen den Job gewechselt?«
    »Er wollte sich verändern.«
    »Wollte er oder musste er?«
    »Niemand hat ihn dazu gezwungen«, sagt Benedikt Ackermann.
    »Wirklich nicht?« Manni grinst. »Vielleicht hatte er sich ja etwas zuschulden kommen lassen und war als Gemeindepfarrer nicht mehr tragbar.«
    »Nein. Keineswegs.«
    »Vielleicht hat er es mit den Zehn Geboten ja nicht so genau genommen, sich an Messdienern vergriffen oder an einem Mädel aus dem Kirchenchor.«
    »Natürlich sagen Sie das.« Ackermann lächelt. »Mir ist durchaus bewusst, dass wir als katholische Kirche nicht bei jedem ein gutes Ansehen genießen. Das Abtreibungsverbot.
    Das Scheidungsverbot. Enthaltsamkeit vor der Ehe … Es gibt eben Regeln, die nicht gerade populär sind.«
    »Es gibt sogar Priester, die gegen diese Regeln verstoßen.«
    »Das sind Einzelfälle …«
    »War Georg Röttgen so ein Einzelfall?«
    »Nein.«
    »Er hatte also keine Feinde, es gibt niemanden, der etwas gegen ihn hatte?«
    »Nein.«
    »Und wer sind seine Freunde?«
    Die Blicke der beiden Geistlichen treffen sich.
    »Hartmut Warnholz«, sagt Ribusch. »Warnholz war Röttgens

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