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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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etwas herausfindest«, drängt Judith Krieger.
    Melden Sie sich, rufen Sie uns an – die immer gleiche Bitte. Du willst es zu sehr, so wird das nicht funktionieren. Aus heiterem Himmel fallen ihm plötzlich die Worte von Margarete aus dem letzten Training ein. Karate perfekt zu beherrschen heißt, zuallererst den Geist zu beruhigen – das ist das Credo aller Karatemeister. Zen. Der leere Geist. Die schwerste Übung. Der einzige Weg, einen Ippon zu setzen, diesen einen, perfekt getimten tödlichen Schlag. Er denkt an Sonja, die jetzt vielleicht meditiert, oder Yoga macht oder Tee trinkt und in einem ihrer englischen Klassiker liest. Im Gegensatz zu all ihren Vorgängerinnen in seinem Leben hat sie ihm wegen seines Berufs noch nie eine Szene gemacht. Aber wird das so bleiben und will er das überhaupt? Eine Beziehung, die zur Gewohnheit wird?
    »Wir müssen los, nimmst du mich mit?« Die Stimme Judith Kriegers reißt ihn aus seinen Gedanken. Draußen ist es inzwischen hell, aber der Regen ist stärker geworden und peitscht ihnen ins Gesicht, als sie die Stufen zum Parkplatz herunter rennen. Wer ist ihr Gegner, was hat er vor? Er wird wieder zuschlagen, denkt Manni und gibt Gas, kaum dass er die Wagentür zugeknallt hat, so abrupt, dass die Krieger neben ihm zusammenzuckt.
    »Wir müssen den Arzt finden, der Röttgen sterilisierte«, sagt sie und tastet nach dem Haltegriff.
    »Den Arzt und vor allem die Frau, beziehungsweise die Frauen«, mit denen unser angeblich so frommer Herr Priester was hatte.« Manni zieht auf die linke Spur. Die Ampel vor ihm schaltet auf Rot. Er bremst hart, sieht aus dem Augenwinkel, wie die Krieger die Fersen ins Bodenblech rammt.
    »Die wissen doch alle, dass Röttgen rumgevögelt hat«, sagt er und drängt die Erinnerung an die Beichttouren mit seiner Mutter beiseite. »Die wollen doch nur, dass das niemand erfährt.«
    »Seine Vorgesetzten, meinst du.«
    »Dieser aufgeblasene Kardinalsgesandte, die Gemeindefuzzis in Klettenberg, dieser Warnholz aus der Telefonseelsorge.«
    »Wahrscheinlich, ja.« Die Krieger hypnotisiert die Scheibenwischer. Oder die hypnotisieren sie, das ist nicht klar zu entscheiden.
    Manni angelt nach einem Fisherman's. »Der hat sich jahrelang einen Dreck um Enthaltsamkeit geschert und dann ließ sich das nicht länger vertuschen und sie haben ihn in die Telefonseelsorge strafversetzt.«
    »Möglich. Ja.«
    Es wird grün, Manni gibt wieder Gas und grinst die Krieger an, die sofort wieder das Bodenblech malträtiert. »Keine Angst, Baby, ich hab alles im Griff.«
    »Das ist schön.« Sie verdreht die Augen, wird gleich wieder ernst. »Dieses Mädchen, Beatrice Sollner, welche Rolle spielt die?«
    »Vielleicht stand Röttgen ja auf Minderjährige und konnte die Pfoten nicht bei sich behalten.«
    »Hat sie sich inzwischen gemeldet?«
    »Noch nicht. Nein.«
    »Röttgen war ihr Chef, aber kannte sie auch Weiß?«
    »Seine Frau sagt, nein. Aber das muss nichts heißen.«
    »Ja, klar.« Die Krieger glotzt wieder den Scheibenwischer an. »Röttgen und Weiß«, sagt sie nach einer kleinen Pause. »Ist es nur Zufall, dass beide sterilisiert sind?«
    »Gegenfrage: Woher sollte der Täter das wissen?«
    »Vielleicht waren sie beim selben Arzt. Oder sie hatten was mit derselben Frau.«
    »Du meinst, wir suchen eine Täterin?«
    Vor ihnen nimmt ein Sonntagsfahrer mit Hut den Trennstreifen auf der Fahrbahn exakt zwischen die Räder seines blank gewienerten Mercedes. Manni hupt. Einmal. Noch einmal. Die Reaktion vor ihm ist gleich Null.
    »Diese Frau muss ja nicht die Täterin sein, sie muss nur mit dem Mörder in Verbindung stehen«, sagt Judith Krieger.
    »Der Täter mordet in ihrem Namen?«
    »Oder um Widersacher auszuschalten.«
    »Eifersucht.«
    »Wäre doch ein klassisches Motiv.«
    Manni schüttelt den Kopf. »Und warum dann diese klerikale Inszenierung? Und diese Botschaft, ›Mörder‹? Die bezieht sich ja wohl kaum auf die Sterilisation.«
    »Wir müssen noch mal von vorn anfangen, Röttgens und Weiß' Lebensläufe vergleichen. Irgendwo muss sich ein Hinweis auf das Motiv des Täters verbergen. Irgendeine Gemeinsamkeit haben wir übersehen.«
    »Oder auch nicht.« Manni zerbeißt das Fisherman's. »Vielleicht hat ja doch Ralf Meuser recht und wir haben es mit einem religiösen Spinner zu tun, der seine Opfer willkürlich wählt.«
    Die Krieger antwortet nicht. Der Opi hat endlich ein Einsehen und lenkt nach rechts. Manni würgt das Pfefferminzbonbon in seinen

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