Farben der Sehnsucht
entdeckte sie, daß Noah nicht etwa auf Geschäftsreise in Miami war, sondern in diesem Moment in Jeans und Polohemd über den Strand auf sie zugelaufen kam. Erst als sie ganz sicher war, daß sie sich nicht getäuscht hatte, ging sie ihm schnell entgegen, und auch er beschleunigte seinen Schritt.
»Hast du irgendein bestimmtes Ziel?« fragte er mit einem jungenhaften Grinsen, als er schließlich vor ihr stehenblieb.
Sloan schüttelte nur sprachlos den Kopf.
»Hast du dich heute zufällig auch verloren und einsam gefühlt und dich auf nichts konzentrieren können?«
»Ja, tatsächlich habe ich das«, sagte sie und war überglücklich, daß er dasselbe zu empfinden schien. »Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist.«
»Gehört zu den Symptomen dieser seltsamen Krankheit auch, daß man anderen Menschen gegenüber unleidlich und gereizt ist?«
Wenngleich sie ihn erst kurz kannte, war Sloan bereits aufgefallen, daß er seine Launen hatte und sehr kurz angebunden oder sogar rüde sein konnte, wenn ihm etwas gegen den Strich ging; er hatte diese Seite seiner Persönlichkeit jedoch nie ihr oder seiner Familie gegenüber gezeigt. Sie sah ihn mit einem überlegenen Gesichtsausdruck an. »Das würde ich wiederum nicht sagen. Ich bin immer nett zu anderen Menschen.«
Er lachte und öffnete seine Arme. »Dann komm und sei auch zu mir nett.«
Sloan lehnte sich an seine Brust und fühlte, wie sich seine Arme so fest um sie schlossen, daß sie kaum mehr atmen konnte. »Ich habe dich vermißt«, sagte er ganz leise. »Du hast mich schon süchtig nach dir gemacht.« Damit zog er sie noch enger an sich und küßte sie heftig und fast verzweifelt. Erst nach einer langen Weile, als er wieder etwas ruhiger geworden war, schlang er seinen Arm um ihre Taille und schlug die Richtung ein, die zu seinem Haus führte.
»Wohin bringst du mich?«
»Dorthin, wo ich dich am liebsten sehe.«
»In deine Küche?« scherzte Sloan.
»Woher wußtest du das?« erwiderte er lachend. »Ich bin schon heute nacht zurückgekommen, weil ich dich sehen wollte. Allerdings habe ich seit dem Frühstück nichts gegessen, und Claudine ist schon zu Bett gegangen. Courtney verbrennt alles, was sie anfaßt, und Douglas rührt in der Küche nichts an, was er sich nicht direkt in den Mund schieben kann. Meinst du, du könntest wieder so ein Omelett hervorzaubern wie das, das du letzte Woche für mich gemacht hast?«
Sloan schmunzelte. »Es bricht mir das Herz, daß du anscheinend hungrig zu Bett gehen mußt, wenn du am Strand nicht zufällig eine Frau findest, die einen Herd bedienen kann. Das ist wirklich traurig.«
Noah sah sie prüfend an. »Du siehst aber gar nicht traurig aus«, scherzte er dann.
»Du bist nicht nur ein unverschämt gutaussehender Mann mit einer hocherotischen Ausstrahlung und einem umwerfenden Charme«, sagte Sloan, ohne sich ihre Verlegenheit über ihren eigenen Mut anmerken zu lassen, der sie zu diesen Komplimenten verleitet hatte, »sondern auch noch ein guter Beobachter. Ich sehe tatsächlich nicht traurig aus, und zwar weil ich eine Lösung für dein Problem weiß.«
»Wird sie mir gefallen?«
Courtney kam in das Arbeitszimmer ihres Vaters gerannt, packte seine Hand und zerrte ihn so heftig vom Stuhl, daß sein Buch zu Boden fiel. »Was ist denn nun wieder in dich gefahren?« protestierte Douglas ungehalten.
»Du mußt mit nach unten kommen! Sloan und Noah sind in der Küche, und du wirst deinen eigenen Augen nicht trauen, wenn du das siehst.«
»Was soll ich denn sehen?«
»Noah kocht!«
»Du meinst, er kocht vor Wut?« spekulierte Douglas, folgte ihr aber die Treppen hinunter.
»Nein, ich meine, er kocht - wie man eben in der Küche kocht.«
Unten angekommen, schlichen sie sich lautlos auf die Küche zu, um das unerhörte Ereignis ungestört beobachten zu können.
Noah stand mitten in der Küche und sah Sloan dabei zu, wie sie die Zutaten für ein Omelett zusammenstellte. »Ich habe eine eigene Philosophie über das Kochen«, verkündete er im professionellen Ton eines Mannes, der sich auf theoretischer Basis über ein Thema ergehen wollte, in dem er Experte war.
Sloan grinste ihm zu, während sie eine Zwiebel, ein paar Tomaten und eine rote und eine grüne Paprikaschote aus dem Gemüsekorb nahm und sie zum Hacken auf die Anrichte legte. »Lautet deine Philosophie in etwa so: >Ich habe für das Essen bezahlt; nun soll jemand anders herausfinden, was damit zu tun ist?<«
»Oh, du hast doch nicht etwa schon meinen
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