Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaugth
Vom Netzwerk:
haben.«
    In Gedanken vernahm Sloan den gleichen Refrain, der ihr schon früher am Abend in den Ohren geklungen hatte: Sie kannte ihn nicht. Nicht wirklich. Sie war mit ihm ins Bett gegangen und hatte die intimsten Dinge mit ihm angestellt, die man sich vorstellen konnte, aber sie kannte ihn dennoch nicht.
    Noah spürte, daß sie sich vor ihm zurückzog, als er wenig später wieder mit ihr auf dem Hauptdeck an der Reling stand. Es war nicht schwer, dies auf die Entdeckung des Waffenlagers zurückzuführen, und er ging davon aus, daß ihre Reaktion derselben vagen Panik entsprang, die auch Courtney bei seinem Anblick ergriffen hatte. »Wenn man Angst vor Gewehren hat, lernt man am besten, mit ihnen umzugehen.«
    Sloan schluckte und nickte.
    »Ich könnte dir das Schießen beibringen.«
    »Das wäre nett«, sagte sie geistesabwesend und versuchte, ihre widerstreitenden Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Sie sagte sich immer wieder, daß sie es nicht zulassen durfte, daß ihre Phantasie mit ihr durchging, auch wenn das eine völlig normale Reaktion war. Sie hatte sich praktisch in dem Moment, als sie ihn in Carters Wohnzimmer zum ersten Mal gesehen hatte, in Noah verliebt; soeben hatte sie ihren Körper mit dem seinen vereint und in seinen Armen vor Lust gestöhnt. Angesichts all dessen war es angemessener, ihn um eine vernünftige Erklärung zu bitten, als sich selbst eine auszudenken. »Es wäre mir aber lieber, wenn du mir einfach erklären würdest, zu welchem Zweck du diese Waffen hast. Schließlich befinden wir uns ja nicht im Krieg, oder?«
    »Nein, aber ich habe geschäftlich viel mit Ländern zu tun, deren Regierungen nicht sehr stabil sind. Die Geschäftsleute in solchen Ländern sind oft bewaffnet.«
    Sie drehte sich ganz zu ihm um und erforschte dabei sein Gesicht. »Du machst Geschäfte mit Leuten, die dich erschießen wollen?«
    »Nein', ich mache Geschäfte mit Leuten, deren Konkurrenten sie erschießen wollen. Oder mich, falls ich mich ihnen in den Weg stelle. Aus diesem Grund habe ich vor ein paar Jahren festgestellt, daß es nicht nur klüger, sondern auch gesünder ist, auf meinem eigenen Grund und Boden Geschäfte zu machen. Dieses Schiff hier ist mein eigener Grund und Boden. Nächsten Monat habe ich ein Treffen an der Küste einer mittelamerikanischen Großstadt. Es wird an Bord der Apparition stattfinden, und meine Partner werden per Helikopter eingeflogen werden.«
    »Vielleicht solltest du dir eine ungefährlichere Arbeit suchen«, bemerkte Sloan nicht ohne Besorgnis.
    Er lachte. »Ich benutze das Schiff nicht nur wegen der Gefahr, sondern auch wegen seiner Wirkung.« Als sie ihn nur verständnislos anblickte, erklärte Noah weiter: »In einem ausländischen Hafen ist es immer gut, wenn man die Leute mit dem eigenen Erfolg beeindrucken kann, und die Apparition gibt mir diese Möglichkeit.«
    Sloan atmete auf. Sie mußte zugeben, daß seine Ausführungen durchaus Sinn machten. »Welche Art von Geschäften machst du mit diesen Leuten?«
    »Import/Export. Meist führe ich die Verhandlungen für andere Auftraggeber.«
    »In Venezuela?«
    »Unter anderem.«
    »Trägt Mr. Graziella eine Waffe?«
    Sloan wurde bewußt, daß ihm die Frage nicht gefiel.
    »Nein«, sagte er ungerührt, »das tut er nicht. Und wenn es doch so wäre, würde sie ihm schnell jemand wegnehmen und ihn damit erschießen.«
    Er wußte, daß sie immer noch mißtrauisch war, aber statt ihre Zweifel zu zerstreuen, überließ er es ihr selbst, ihre Schlußfolgerungen zu ziehen. Sloan spürte, daß er sie heimlich auf die Probe stellte. Wollte er herausfinden, ob sie ihm vertraute? Oder gar, ob sie seine Liebe verdiente? Der Gedanke gefiel ihr sehr, aber auch wenn seine Absicht eine andere sein sollte, sagte ihr ihr Instinkt, daß seine Worte der Wahrheit entsprachen. Bisher hatte sie sich bei ihrer Arbeit immer auf ihren Instinkt verlassen können, und sie beschloß, dies auch jetzt zu tun. »Es tut mir leid, ich hätte nicht so neugierig sein sollen«, sagte sie endlich und wandte sich ab, um sich auf die Reling zu stützen und auf das Meer hinauszuschauen.
    »Hast du noch mehr Fragen?«
    Sie nickte langsam und feierlich. »Ja, eine noch.«
    »Und die wäre?«
    »Wieso haben wir bei der Besichtigungstour den Salon ausgelassen?«
    Noah war hingerissen, nicht nur von ihrer Schlagfertigkeit, sondern auch von der Art, wie sie mit ihrem trägerlosen Abendkleid und dem im Wind flatternden Haar im Mondlicht stand. Er stellte sich hinter

Weitere Kostenlose Bücher