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Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaugth
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Unterarme mit gefalteten Händen auf die Knie gestützt. Als ihn nun aber die Erinnerung an seine Großmutter überfiel, wie sie noch wenige Stunden zuvor gewesen war, legte er völlig niedergeschlagen den Kopf in die Hände.
    »War es üblich, daß die Vorhänge aufgezogen waren, wenn sie am Abend dort saß?« fuhr Flynn unbeirrt fort.
    Carter nickte.
    »Falls also jemand sie vom Strand aus beobachtet haben sollte, hätte er dies schnell herausfinden können?«
    Carters Kopf schoß in die Höhe. »Wollen Sie damit sagen, daß irgendein Psychopath hier Nacht für Nacht herumlungerte und nur auf eine Gelegenheit gewartet hat, sie zu ermorden?«
    »Das wäre möglich. War Mrs. Reynolds in irgendeiner Art und Weise behindert?«
    »Sie war fünfundneunzig Jahre alt. Das ist Behinderung genug.«
    »Aber sie konnte noch gehen?«
    Carter nickte. »Für ihr Alter konnte sie sich noch recht gut bewegen.«
    »Waren ihre Augen in Ordnung?«
    »Sie brauchte eine Lesebrille, aber die hatte sie schon, seit ich denken kann.«
    »War sie schwerhörig?«
    Er schluckte hörbar. »Nur wenn sie wollte. Wieso fragen Sie das alles?«
    »Es handelt sich um reine Routinefragen.«
    Flynn log, und Sloan wußte das. Sie hatte noch nicht vergessen, daß Hocklin ein zerbrochenes Fenster im Fernsehzimmer erwähnt hatte. Edith hätte etwas hören oder sehen müssen, das sie auf einen Einbrecher hinwies, und sicher hätte sie dann versucht zu fliehen. Das hatte sie aber nicht getan. Als Paris sie gefunden hatte, lag sie mit dem Gesicht nach unten auf dem Sofa. Andererseits wußte Sloan, daß Ediths Glieder steif waren und sie manchmal sehr lange zum Aufstehen brauchte. Vielleicht hatte sie doch zu fliehen versucht und war nur nicht schnell genug gewesen. Was auch immer geschehen sein mochte, Sloan hielt es für besser, daß Flynn und Cagle von Ediths begrenzter Bewegungsfähigkeit erfuhren. »Mrs. Reynolds hatte Arthritis«, sagte Sloan vorsichtig, woraufhin Flynn und Cagle sie aufmerksam ansahen. »Ich weiß, daß das nicht gerade eine Behinderung ist, aber sie hatte manchmal große Schmerzen, und vor allem fiel ihr das Aufstehen schwer, wenn sie länger gesessen war.«

»Ich bin froh, daß Sie das erwähnt haben, Miss Reynolds«, sagte Hocklin schnell. »Es könnte uns vielleicht weiterhelfen. Danke.«
    Sloan warf einen Blick auf Paul, der ihr gegenüber neben Noah auf dem Sofa saß; sie wollte sehen, wie er darauf reagierte, daß sie den Kriminalbeamten eine Information lieferte, um die sie diese nicht gebeten hatten. Paul schien sie jedoch nicht zu bemerken, da er in die Beobachtung von Paris vertieft war. Auf seinem angespannten Gesicht lag ein seltsamer Ausdruck, den sie nicht zu deuten wußte.
    Statt Paul fing Noah ihren Blick auf und lächelte ihr ermutigend zu, und Sloan wünschte sich einen Moment lang verzweifelt, ihren Kopf an seine breite Schulter zu legen und zu weinen. Sie war Polizistin, und doch hatte sie es nicht verhindern können, daß ein Mitglied ihrer eigenen Familie ermordet wurde. Sie war Polizistin, und man hatte sie dazu ausgebildet, sowohl im Dienst als auch in ihrer Freizeit alles auch nur im geringsten Verdächtige zur Kenntnis zu nehmen. Und doch war auf ihrem Weg vom Haus zum Strand wahrscheinlich Ediths Mörder schon in der Nähe gewesen, und sie hatte nichts, absolut nichts bemerkt.
    »Miss Reynolds«, wandte sich Flynn nun an Paris, nachdem er noch einen Blick auf seine Notizen geworfen hatte. »Sie sagten, daß Sie am Nachmittag ein Migränemittel genommen haben und gegen zehn Uhr abends aufgewacht sind. Wissen Sie, wodurch Sie geweckt wurden?«
    »Nein. Ich hatte einige Stunden geschlafen, und wahrscheinlich ließ die Wirkung des Medikaments nach.«
    »Was taten Sie, nachdem Sie wach geworden waren?«
    »Das sagte ich Ihnen ja schon: Ich wollte etwas frische Luft schnappen und ging daher auf den Balkon hinaus.«
    »Haben Sie von dort aus etwas Verdächtiges bemerkt?«
    »Nein, nichts Verdächtiges.«
    »Sie dürften dort etwa zum selben Zeitpunkt gestanden sein, zu dem Ihre Urgroßmutter gestorben ist. Es scheint, daß der Einbrecher durch ein Fenster ins Fernsehzimmer eingedrungen ist, und der Balkon Ihres Schlafzimmers ist nicht weit davon entfernt.«
    »Ich weiß. Aber ich habe wirklich nichts Verdächtiges gesehen.«
    »Sind Sie sicher? Vielleicht haben Sie ja etwas gesehen, das Ihnen gar nicht verdächtig vorkam?«
    »Ich habe nur Noah Weggehen sehen...« Sie brach abrupt ab und sah so entsetzt drein, als

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