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Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaugth
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untypischen Äußeren einen guten Polizisten aus ihm machte.
    Andy Cagle war das glatte Gegenteil von Flynn. Er war beträchtlich jünger als sein Kollege - schätzungsweise Ende Zwanzig - und von großer, magerer Gestalt. Sein schmales Gesicht wurde vor allem von seiner dicken Brille beherrscht, die ihm das Aussehen eines Gelehrten verlieh und die er ständig auf seinem Nasenrücken hochschob. Seine Bewegungen waren unsicher und unbeholfen. Er hatte sich dreimal bei Sloan dafür entschuldigt, daß er sie mit Fragen über ihre Person im allgemeinen und über ihre Beschäftigung zum Tatzeitpunkt im besonderen belästigen mußte. Eigentlich sah er aus wie der Prototyp des schüchternen und naiven großen Jungen, der niemals eine andere Meinung als sein Gegenüber äußern würde und der eine Lüge nicht einmal von der Wahrheit unterscheiden könnte, wenn ihn jemand direkt mit der Nase daraufstieß. Sloan konnte sich aber des Verdachts nicht erwehren, daß er in Wirklichkeit über einen scharfen Verstand verfügte und sogar der gefährlichere der beiden Männer war.
    Paul hatte darauf bestanden, daß er und Sloan trotz allem bei ihrer falschen Identität blieben. Die Hälfte all dessen, was Sloan Detective Cagle erzählt hatte, war daher glatt gelogen. Doch im Grunde machte es wenig Unterschied, ob sie nun eine Innenarchitektin auf Urlaub war oder eine Polizistin, die mit dem FBI zusammenarbeitete: Edith Reynolds war tot. Wenn Sloan am Abend zu Hause geblieben wäre, hätte sie vielleicht noch am Leben sein können. Sloans einziger Trost - ein schwacher Trost, an den sie sich aber dennoch klammerte - war, daß ihre Urgroßmutter nicht gelitten hatte.
    »Mr. Reynolds«, begann Flynn endlich seine Befragung, »Sie sagten, Sie seien um etwa elf Uhr abends nach Hause gekommen?«
    Sloan bemerkte, daß Carters Hand zitterte, als er sich das Haar aus der Stirn strich. Sein Gesicht war bleich vor Schock, und er sah so mitgenommen aus, daß ihre Gefühle ihm gegenüber etwas milder und nachsichtiger wurden. Edith war sicher keine einfache Zeitgenossin gewesen, aber die Art, wie sie gestorben war, hatte ihn offensichtlich tief verstört. Er antwortete auf Flynns Frage mit einem Nicken und räusperte sich dann. »Das ist richtig. Ich habe bis Viertel vor elf mit ein paar Freunden Poker gespielt. Danach habe ich mich gleich auf den Heimweg gemacht und war etwa fünfzehn Minuten später hier. Nachdem ich mein Auto in der Garage geparkt habe, bin ich sofort nach oben ins Bett gegangen.«
    »Denken Sie jetzt bitte genau nach. Als Sie auf das Haus zugefahren sind, haben Sie da irgendwelche Fahrzeuge auf der Straße bemerkt, oder ist Ihnen sonst etwas Verdächtiges aufgefallen?«
    »Sie haben mich das vorhin schon gefragt, und ich habe versucht, mich zu erinnern. Mir scheint, ich habe einen weißen Lieferwagen gesehen, der weiter unten an der Straße parkte.«
    »Haben Sie an dem Lieferwagen etwas Besonderes bemerkt?«
    »Nein, er ist mir nur aufgefallen, weil ich diese Woche schon einmal einen ähnlichen Wagen hier gesehen hatte.«
    Flynn nickte und notierte sich etwas auf seinem Block.
    »Sie sagten, Sie seien in die Garage gefahren. Das Haus hat vier Hintereingänge: Durch einen gelangt man von der Garage aus in die Küche, und der andere führt durch den Garten ebenfalls in die Küche; die anderen beiden führen auch durch den Garten, allerdings in andere Zimmer. Nachdem Sie also Ihren Wagen in der Garage geparkt hatten, welchen Eingang haben Sie benutzt?«
    Carter sah Flynn an, als sei er nicht ganz bei Trost. »Natürlich habe ich die Tür benutzt, die von der Garage aus in die Küche führt.«
    Detective Flynn ließ sich von Carters Verhalten nicht aus der Ruhe bringen und fuhr mit seinen Notizen fort.
    »Sind Sie auf dem Weg in Ihr Schlafzimmer an dem Zimmer vorbeigegangen, in dem wir das Opfer gefunden haben, oder haben Sie von dort irgendwelche Geräusche gehört?«
    »Nein. Ich verließ die Küche und ging gleich über die Treppe nach oben.«
    »Gehörte es zu Mrs. Reynolds’ Gewohnheiten, abends allein und bei geschlossener Tür in diesem Zimmer zu sitzen?«
    »Nicht bei geschlossener Tür, aber sie hielt sich gern am Abend in diesem Zimmer auf, weil es auf den Garten hinausblickt und einen Fernseher mit sehr großem Bildschirm hat. Sie mochte das Sonnenzimmer am Abend nicht, weil sie so viele Lichter anschalten mußte, um die Atmosphäre dort als angenehm zu empfinden.« Carter saß nach vorne gebeugt und hatte seine

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