Farben der Sehnsucht
schönes Flamenco-Stück spielte. »Er hätte Musiker werden sollen statt Polizist«, bemerkte Jess, bevor er sich ebenfalls Jims Zuhörern anschloß.
Leo blieb noch einen Moment bei Sloan und Paul stehen. »Essen Sie erst mal was«, wies er Richardson an und zeigte mit einer großzügigen Geste auf den riesigen Holztisch, der mit offenen Pizzaschachteln, zahlreichen Schüsseln mit den Resten von Käsedips, Chili und Kartoffelsalat und einem großen Teller mit kalten Hot dogs beladen war. »Getränke sind dort im Kühlschrank«, fügte er hinzu, bevor auch er zu Jim hinüberging. »Nehmen Sie sich einfach, was Sie gerne möchten.«
»Danke, das werde ich tun«, erwiderte Richardson, der seinen Arm immer noch um Sloans Schulter gelegt hatte und sie so zwang, an seiner Seite zu bleiben, bis sie den Tisch erreicht hatten. Sloan hatte den Eindruck gehabt, daß er zu Anfang wütend gewesen war, doch während des Strandspaziergangs schien er sich ein wenig beruhigt zu haben. Er Hatte in lockerem Plauderton mit Leo über die Kochkünste von Männern gescherzt und auch herzlich über eine Bemerkung Sloans zum Thema gelacht. Sie nahm an, daß er mittlerweile langsam Vertrauen zu ihr gewonnen hatte und davon ausging, daß sie ihn nicht verraten würde.
Er reichte ihr lächelnd einen Teller, doch die Heftigkeit seiner darauffolgenden Worte strafte seine freundliche Miene Lügen. »Wenn Sie auch nur ein Wort verlauten lassen, das mich in Gefahr bringt, werden Sie Ihr blaues Wunder erleben!«
Sloan war so überrascht über den verhaltenen Zorn in seiner Stimme, daß sie ihn wortlos anstarrte, während sie mit einer automatischen Bewegung den Teller in Empfang nahm. Immer noch lächelnd, reichte er ihr eine Serviette, bevor er sich selbst eine nahm und dann schnauzte: »Verstanden?«
Sie begriff, daß es ihm mit seiner Drohung ernst war und sah ihm verwundert zu, wie er anscheinend ungerührt seinen Teller mit Happen aus den verschiedenen Schüsseln belud und ihn schließlich mit einem kalten Hot dog krönte. Die Pizza ließ er allerdings unberührt - auch noch, als die Gitarrenmusik verstummte und Leo sowie der Rest der Gruppe zum Tisch zurückkehrten. Offensichtlich ging Agent Richardsons Pflichtgefühl nicht so weit, daß er vor lauter Aufopferung auch noch Anchovis verspeiste.
»Ich hatte überhaupt nicht vor, ihnen etwas über Sie zu erzählen«, erklärte Sloan in dem ruhigen, vernünftigen Ton, den sie immer gebrauchte, wenn es eine emotional aufgeheizte Situation zu bewältigen galt. »Aber ich habe ein Recht auf eine Erklärung, und ich konnte Sie einfach nicht gehen lassen, bevor Sie mir eine gegeben haben.«
»Sie hätten bis morgen warten sollen.«
Sloan tunkte einen Taco Chip in einen Dip und legte ihn auf ihren Teller. Sie war fest entschlossen, souverän zu bleiben und sich nicht von Richardson beeindrucken zu lassen. »Ach was«, versetzte sie. »Und wie hätte ich Sie morgen finden sollen?«
»Gar nicht. Ich wäre schon von selbst auf Sie zugekommen.«
»Wann denn? Nachdem Sie mich erst noch eine Weile beschattet hätten?« fragte sie bitter.
Ihre schlagfertige Antwort schien ihn zu amüsieren, doch sicher war sie sich dessen nicht, da der Mann ihr ein völliges Rätsel war.
»Hey, Sloan, wo bist du denn die ganze Zeit gewesen?« fragte Pete, der in diesem Moment auf sie zukam und damit Richardson an einer Erwiderung hinderte. Er trug ein Bier in der Hand und hatte den anderen Arm um die Schultern seiner Verlobten gelegt. Mary Beth war blond, schlank, sehr hübsch und ein wenig scheu, und wenngleich sie kein Wort sagte, machte sie einen ebenso glücklichen Eindruck wie Pete. »Liebling, zeig ihnen doch das Medaillon, das ich dir zur Erinnerung an den Tag eine Woche vor unserer Hochzeit geschenkt habe«, bat Pete, nachdem Sloan dem Paar ihren »Freund« Paul Richardson vorgestellt hatte. »Es ist aus vierzehnkarätigem Gold«, fügte Pete stolz hinzu.
Mary Beth zeigte ihnen das schwere, herzförmige Medaillon an ihrem Hals, so daß sie es angemessen bestaunen konnten.
»Es ist wirklich sehr hübsch«, kommentierte Sloan strahlend und überlegte hastig, was sie noch tun konnte, um Richardsons Vertrauen zu gewinnen.
Richardson seinerseits beugte sich vor und betrachtete aufmerksam das Medaillon, als gäbe es in diesem Moment nichts Wichtigeres für ihn, als sich bei Sloans Freunden beliebt zu machen. »Ich finde es auch sehr schön«, sagte er dann anerkennend.
»Stellen Sie sich nur vor«, gestand
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