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Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaugth
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würde sie nun dazu treiben, ihre Vorbehalte aufzugeben und Carter Reynolds einen Besuch abzustatten.

10
    Der vielversprechende Name des Ocean View Motels war eigentlich irreführend, da es gar keinen Meerblick besaß und nur die Möwen, die auf seinem Dach vor sich hin dösten, die Nähe des Wassers erahnen ließen. Aber es war mit Swimmingpool und Kabelfernsehen ausgestattet, und seine Lounge war bis zwei Uhr nachts geöffnet. Als Paul um ein Uhr mit seinem Wagen vor dem Haupteingang hielt, hätte er alle diese Annehmlichkeiten noch nutzen können.
    Auf dem Fernseher in der Eingangshalle liefen gerade die CNN-Nachrichten, die jedoch von der Jukebox in der Lounge übertönt wurden. Dort saßen noch ein paar Nachtschwärmer an der Bar vor ihren Drinks, während die Tanzfläche jedoch leer war. Auf dem Weg zu seinem Zimmer ging Paul auch an der Schwimmhalle vorbei, in der ein paar Jugendliche trotz der späten Stunde noch Wasser-Volleyball spielten und sich durch schmutzige Bemerkungen gegenseitig ihre Männlichkeit bewiesen.
    Das Telefon kingelte, als er sein Zimmer betrat. Eher aus Gewohnheit als aus realer Sorge vor Beobachtern versperrte er erst die Tür und zog die Vorhänge vor die Fenster, bevor er zu seinem Bett hinüberging und den Hörer abnahm. Die Stimme am anderen Ende der Leitung gehörte einem alten Bekannten und Kollegen, der mit ihm zusammen am Fall Reynolds arbeitete. »Und?« fragte der Mann erwartungsvoll. »Ich habe dich mit Sloan Reynolds auf einer Strandparty gesehen. Wird sie mit uns kooperieren?«
    »Ja, das wird sie«, erwiderte Paul, während er sich den Hörer mit der Schulter ans Ohr klemmte, um sich nach vorne zu beugen und die Klimaanlage anzuschalten. Der Geruch der kalten Luft, die ihm kurz darauf ins Gesicht blies, war leicht modrig.
    »Ich dachte, daß du erst morgen früh Kontakt mit ihr aufnehmen wolltest.«
    »Ich habe es mir anders überlegt.«
    »Wann denn?«
    »Wahrscheinlich als sie plötzlich hinter mir auftauchte und ich mich unfreiwillig auf den Hintern setzte. Nein, es war doch erst später, als sie mit einer Neun-Millimeter-Glock auf mich zielte.«
    Sein Freund lachte schallend. »Sie hat dich ausgetrickst? Machst du Witze?«
    »Nein, tue ich nicht. Und wenn du möchtest, daß wir beide Freunde bleiben, erzählst du besser niemandem davon.« Trotz seines ruppigen Tons mußte Paul unwillkürlich lächeln bei dem Gedanken an die unwürdige Lage, in die ihn eine naive und unerfahrene Polizistin mit äußerst zierlichem Körperbau gebracht hatte.
    »Ich habe heute abend drei Schüsse gehört. Es wundert mich, daß du noch lebst - bei all den Auszeichnungen, die sie auf der Polizeischule für ihre Treffsicherheit erhalten hat.«
    »Die Schüsse galten nicht mir, sondern waren ein Signal für ihre Kollegen, die sich in der Nähe aufhielten. Sie hielt mich für einen bösartigen Kriminellen und hatte wohl Angst, die vielen Menschen am Strand zu gefährden, wenn sie es allein mit mir aufnehmen würde. Daher hat sie durch die Warnschüsse ihre Freunde zu Hilfe geholt. Ich muß zugeben, daß sie sehr routiniert und umsichtig gehandelt und jedes Risiko vermieden hat.«
    Er machte eine Pause, um sich ein Kissen am Kopfende des Bettes zurechtzulegen und sich gemütlich auszustrecken, bevor er fortfuhr: »Als ihre Verstärkung eintraf, wußte sie schon, wer ich wirklich war, und hat ganz selbstverständlich die Rolle übernommen, die ihr in diesem Fall geraten schien. Alles in allem«, schloß er, »hat sie ein bemerkenswertes Maß an Sachverstand und Reaktionsvermögen an den Tag gelegt.«
    »Klingt doch, als sei sie perfekt für den Job geeignet.«
    Paul legte den Kopf zurück, schloß die Augen und dachte nach. »Das würde ich nicht unbedingt sagen.«
    »Machst du dir etwa Sorgen, daß sie die Seite wechseln wird, wenn sie lange genug in Reynolds’ Palast in Palm Beach war, um sich von seinem Reichtum und seinen illustren Freunden beeindrucken zu lassen?«
    »Nachdem ich heute abend mit ihr gesprochen habe, halte ich das für sehr unwahrscheinlich.«
    »Was ist dann das Problem? Du hast soeben selbst gesagt, daß sie schlau und flexibel ist... und zudem sieht sie auch noch verteufelt gut aus. Ich glaube nicht, daß wir die Tatsache gegen sie verwenden können, daß sie phantastische Beine und ein schönes Gesicht hat.« Als Paul nicht auf die Anspielung reagierte, wurde der Mann wieder ernst. »Paul, wir haben vorher überprüft, daß sie nicht korrupt ist. Du behauptest selbst,

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