Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
bemerkte, »wir werden viele Monde hierbleiben.«
Nico spürte, dass sie beobachtet wurden, als sie auf den Mauleseln den Aufstieg aus dem Talgrund begannen. Asch bemerkte seinen suchenden Blick, als Nico die Felsvorsprünge in der Nähe betrachtete. »Du verschwendest deine Zeit«, war alles, was Asch dazu zu sagen hatte, während er sein Muli vorantrieb.
Es dauerte länger, als Nico erwartet hatte, bis sie bei dem Kloster angekommen waren. Rauch stieg träge aus den vielen Kaminen des Gebäudes auf, und die Läden der scheibenlosen Fenster waren weit geöffnet und ließen den Tag hinein. Als sie sich dem Wäldchen näherten, von dem das Gebäude umgeben war, kamen sie an ummauerten Gärten vorbei, in denen Gestalten in schwarzen Roben arbeiteten. Es waren Männer von höchst unterschiedlicher Herkunft, die in der heißen Bergsonne schwitzten; einige lachten oder unterhielten sich während der Arbeit miteinander, andere waren allein und konzentrierten sich ganz auf ihre Tätigkeiten.
Viele begrüßten Asch, als er an ihnen vorbeikam, und hoben die Faust zum Salut. Andere verneigten sich mit gefalteten Händen im traditionellen Gruß des Weges,
dem Sami, und ihre Münder verzogen sich zu leisem Lächeln.
»Asch!«, rief ein alter Farlander, der ein Lächeln voller Zahnlücken zeigte und auf bloßen Füßen zu ihnen eilte, während er mit den Händen den schmutzigen Saum seiner Robe anhob. Er war etwa so alt wie Asch, hatte die gleichen ungewöhnlichen Gesichtszüge, war aber untersetzter und trug mitten auf dem Kopf einen Knoten aus schwarzem und silbernem Haar. »Beim Dao, ich habe geglaubt, du bist im Eis begraben.«
»Wie geht es dir, alter Freund?«, fragte Asch.
»Besser, jetzt wo ich sehe, dass du gesund zu uns zurückgekehrt bist. Und nicht allein, wie ich feststelle.«
»Das hier ist mein Lehrling.« Asch zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf Nico. »Nico, begrüße diesen alten Narren, der auf den Namen Kosch hört.«
Der Mann riss die Augen noch weiter auf, als Nico ihm ein zaghaftes Lächeln schenkte. »Ein Stiller«, bemerkte Kosch gutmütig.
»Kaum. Er spricht nur, wenn es ganz und gar unerwünscht ist.«
»Ich will euch beide in Ruhe lassen, damit ihr erst einmal richtig ankommen könnt. Aber heute Abend werden wir etwas miteinander trinken, und du musst mir Geschichten von deiner Reise erzählen.« Der Mann klopfte Aschs Muli auf das Hinterteil, damit es sich in Bewegung setzte. Nico folgte ihm, drehte sich im Sattel um und sah, wie der Rō̄schun sich steif aufrichtete und dann respektvoll vor Aschs Rücken verneigte, während dieser allmählich davonritt.
»Diese Bäume …«, begann Nico, als die Maultiere über den knirschenden Kiesweg schritten, der durch den Wald führte. Die Bäume waren klein und hatten eine goldbraune Rinde sowie Kronen aus kupferfarbenen Blättern und rötlichen Blüten, die wie Sterne geformt waren. So etwas hatte er noch nie gesehen.
»Das sind Malibäume. Sie stammen ebenfalls von den Inseln. Von ihnen bekommen wir die Siegel.«
»Aus den Samen?«
»Ja.«
»Wachsen die Samen zu den Siegeln aus?«
Asch seufzte. »Die Samen sind die Siegel, Nico. Allerdings sind diese besonderen Bäume, die du um dich herum siehst, allesamt unfruchtbar und werden nie wieder Samen tragen.« Der alte Mann zerrte an dem toten Siegel, das er noch immer um den Hals trug. »Ich suche einen passenden Ort am Rande des Waldes und werde dieses hier begraben. Nach kurzer Zeit – schneller, als du es dir vorstellen kannst – wird es zu einem dieser Bäume werden, aber wie der Rest von ihnen wird er keine anderen hervorbringen, da er aus einem Siegel stammt, das nicht mehr atmet.«
»Also ist dieser Wald … sind all diese Bäume …« Mit offenem Mund starrte Nico den Wald um ihn herum an, der aufgrund einer vorübergehenden völligen Windstille nicht mehr das leiseste Geräusch von sich gab. »Sie alle sind aus den Siegeln der Toten gewachsen?«
»Ja – jeder einzelne von ihnen.«
Auf dem offenen Gelände vor dem Kloster übten sich einige Männer im Bogenschießen. Sie befanden sich auf einer weiten Rasenfläche, die von einigen herumwandernden Bergziegen kurzgehalten wurde. Die Tiere schienen sich nicht an den Pfeilen zu stören, die unmittelbar über ihren Köpfen durch die Luft schwirrten.
Nico beobachtete, wie der älteste der Bogenschützen, der einzige Farlander unter ihnen, vortrat, als er an der Reihe war. Vielleicht lächelte er, aber es war schwer zu sagen,
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