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Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auf dem Zeitstrom
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geglaubt, dich edel, freundlich und liebenswert zu verhalten – und meistens warst du das ja auch; das warst du wirklich. Aber es kam oft genug vor, daß du aussahst, sprachst und gestikuliertest, wie… wie soll ich das nur genau beschreiben? Ich kann es nicht, aber ich weiß, daß du mir diese Krankheit übel nahmst und dich vor mir ekeltest.«
    »Das ist nicht wahr!« schrie Sam so laut, daß sich mehrere Leute ihnen zuwandten.
    »Was sollen wir uns darüber streiten? Ob es stimmt oder nicht, ist doch jetzt unerheblich. Ich habe dich damals geliebt und tue das in einem gewissen Sinn immer noch. Aber das kann man mit meiner damaligen Liebe nicht mehr vergleichen.«
    Den Rest des Weges auf den großen, pilzförmigen Stein zu schwieg Sam. Die Zigarre schmeckte plötzlich, als habe man sie mit den Exkrementen eines Stinktiers gebeizt.
    Cyrano war nicht in der Nähe. Er leitete die Bauarbeiten an einem Turm, von dem aus man später das Flußgebiet überwachen würde. Sam war glücklich darüber. Es war schon schwer genug, Livy allein zu treffen, aber wenn sie mit dem Franzosen zusammen war, konnte er nicht einmal seine eigenen Gedanken ertragen.
    Schweigend trennten sie sich voneinander.
    Eine hübsche Frau mit lieblichen, honigfarbenen Haaren gesellte sich zu ihm, und für einige Augenblicke war Sam sogar dazu in der Lage, seine Gedanken über Livy zurückzudrängen. Die Frau hieß Gwenafra. Sie war im Alter von sieben Jahren zu jener Zeit, als die Phönizier sich aufgemacht hatten, die Zinnminen in Übersee auszubeuten, in einem Land geboren worden, das Cornwall sein mußte, gestorben und aufgewacht in einer Gegend, wo niemand ihr frühzeitliches Keltisch verstand. Sie hatte sich einer Gruppe Englisch sprechender Leute angeschlossen, von denen einer jener Richard Francis Burton gewesen war, den Sam kurz vor der Ankunft des Meteoriten durch das Fernglas erblickt zu haben glaubte. Burton und seine Freunde hatten ein kleines Segelboot gebaut und waren den Quellen des Flusses entgegengefahren – wie man es von einem Mann, der sein halbes Leben damit verbracht hatte, die Wildnis Afrikas und anderer Kontinente zu erforschen, erwarten mußte. Auf der Erde hatte Burton nach den Quellen des Nils gesucht und statt dessen den Tanganjikasee entdeckt. Und auch auf dieser Welt hatte er sich aufgemacht, desgleichen zu tun: Er war aufgebrochen, nach den Quellen des größten Flusses aller Zeiten zu suchen, ungeachtet der Tatsache, daß er dabei vielleicht mehrere Millionen Meilen zurückzulegen hatte.
    Nach etwas mehr als einem Jahr war sein Boot von unbekannten Schurken angegriffen worden, und einer davon hatte die kleine Gwenafra mit einem Messer getötet und in den Fluß geworfen. Am nächsten Tag war sie irgendwo an einem Ufer der nördlichen Hemisphäre erwacht, wo das Wetter kälter und die Sonne schwächer war und die Leute sagten, daß man von hier aus nicht mehr als zwanzigtausend Gralsteine hinter sich bringen mußte, um in Zonen zu gelangen, wo die Sonne stets halb über und halb hinter den Bergen schwebte: Dort sollten haarige, affengesichtige Menschen leben, die zehn Fuß groß waren und sieben- bis achthundert Pfund wögen. (Was der Wahrheit entsprach, denn einer der einst dort lebenden Titanthropen hieß Joe Miller).
    Die Leute, unter denen sie von nun an lebte, sprachen Suomenkieltä, was Finnisch bedeutete. Flußabwärts von ihnen lebte ein friedfertiges Volk von dem zwanzigsten Jahrhundert entstammenden Schweden. Gwenafra war relativ glücklich bei ihren Pflegeeltern aufgewachsen, hatte Finnisch, Schwedisch, Englisch, einen chinesischen Dialekt aus der Zeit des 4. Jahrhunderts vor Christi und Esperanto gelernt. Eines Tages war sie bei einem Unfall ertrunken und wieder in dieser Gegend zu sich gekommen. Sie erinnerte sich noch immer gut an Burton und hegte die Kindheitserinnerung, die sie an ihn hatte. Dennoch war sie – realistisch wie sie war – dazu in der Lage, auch andere Männer zu lieben. Wie Sam gehört hatte, hatte sie sich gerade von einem getrennt. Sie befand sich auf der Suche nach einem Menschen, der treu sein konnte, und die waren auf dieser Welt nicht leicht zu finden.
    Sie gefiel Sam sehr. Das einzige, was ihn zurückhielt, sie zu fragen, ob sie bereit sei, mit ihm zu kommen, war die Angst, er könne Livy verärgern. Diese Befürchtung war natürlich grundlos, denn solang sie mit Cyrano zusammenlebte, konnte sie nicht den geringsten Anspruch auf ihn geltend machen. Und hatte sie ihm nicht

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