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Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03

Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03

Titel: Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das dunkle Muster
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passieren.«
    Frigate gab zu, daß er sich ohne jeglichen Ballast äußerst unbehaglich fühlte. Allerdings konnten sie, wenn die Situation es erforderte, immer noch die chemische Toilette abschrauben und hinauswerfen. Die Frage war nur, ob man in einer solchen Lage noch genügend Zeit für ein solches Unternehmen haben würde.
    Die Jules Verne erhob sich über das Tal hinaus und ließ sich vom kräftigen Wind nach Nordosten schieben. Nach einer Stunde hatte er zwar zum größten Teil seine Kraft verloren, aber der Ballon trieb immer noch in die falsche Richtung. Außerdem stieg er ununterbrochen höher. Als sie über viertausendachthundert Meter hinaus waren, übernahm Frigate wieder das Kommando und ließ – um ein wenig an Höhe zu verlieren – tropfenweise den Wasserstoff ausströmen. Nachdem der Ballon zu sinken begann, zündete er den Brenner an. Von nun an würde jeder wachhabende Pilot darauf zu achten haben, daß der Ballon auf einer Höhe von zweitausend Metern blieb, daß so wenig Gas wie möglich abgelassen wurde und die Brennertätigkeit auf ein Minimum beschränkt blieb.
    Frigates Hals und Schultern schmerzten sehr stark. Er sehnte sich nach einer Ablösung und der Möglichkeit, seine Knochen unter einer Decke ausstrecken zu können. Ein Schluck Alkohol wäre jetzt auch nicht zu verachten; er würde zumindest seine Schmerzen etwas betäuben.
    Bis jetzt hatte die Reise in der Hauptsache aus harter und schneller Arbeit, einigen Magenschmerzen erzeugenden Gefahren und viel Langeweile bestanden. Er würde sich glücklich schätzen, wenn sie die letzte Landung endlich hinter sich gebracht hatten. Später dann – das war immer so – würde man sich der Schwierigkeiten und Probleme dieser Reise nur noch vom Standpunkt des Amüsierten aus erinnern. Im Laufe der Zeit verloren die Schrecknisse derartiger Abenteuer an Stellenwert. Man würde zu der Ansicht gelangen, die Reise sei wundervoll gewesen, die tollsten Geschichten über ihren Verlauf erzählen und die tatsächlichen Gefahren dermaßen ausmalen und übertreiben, daß den Zuhörern buchstäblich die Haare zu Berge standen.
    Die Fantasie ist der große Beschöniger der Realität.
    Als Frigate allein neben der verneschen Apparatur stand, alle anderen schliefen und das Innere der Gondel nur vom kalten Licht der Sterne und der Instrumentenbeleuchtung erhellt wurde, fühlte er sich einsam. Was die Einsamkeit jedoch etwas erträglicher machte, war der Stolz, den er empfand. Die Jules Verne hatte den Rekord für Nonstop-Ballonflüge gebrochen. Vom Zeitpunkt des Starts an hatte sie nicht weniger als achttausend Kilometer zurückgelegt. Und sie würde noch ein viel größeres Gebiet überfliegen, wenn alles so weiterlief und sie schließlich zur Landung gezwungen wurde. Und all das hatten fünf Amateure fertiggebracht. Abgesehen von ihm selbst hatte keiner von den anderen auf der Erde je einen Ballonkorb betreten. Und seine vierzig Fahrstunden auf Heißluft- und die dreißig auf Gasluftballons stempelten ihn auch noch nicht zu einem Veteran. Schon jetzt hatte er mehr Stunden auf der Jules Verne zugebracht, als während aller vorherigen Flüge auf der Erde zusammen.
    Sie hatten sich auf eine Reise begeben, die, hätte sie auf der Erde stattgefunden, in die Geschichte eingegangen wäre. Man hätte ihre Gesichter weltweit über die Fernsehsender ausgestrahlt, man hätte zu ihren Ehren Reden gehalten und Bankette gegeben. Jeder von ihnen hätte Bücher über den Flug schreiben, sie verfilmen lassen und Tantiemen kassieren können. Aber auf dieser Welt würden nur ein paar Menschen jemals erfahren, was sie vollbracht hatten. Und von denen würde eine noch kleinere Anzahl ihnen überhaupt glauben. Und noch weniger würden von ihnen erfahren, wenn die Reise mit dem Tod der Mannschaft endete.
    Frigate warf einen Blick hinaus. Die Welt bestand aus Sternenglanz und dunklen Schatten. Unter ihm zog sich – wie Schlangen in Marschformation – das Flußtal dahin. Die Sterne schwiegen und auch die Täler. Sie waren so still wie der Mund von Toten.
    Das war ein zu niederdrückender Vergleich.
    Stumm wie die Schwingen eines Schmetterlings. Dieser Gedanke erinnerte ihn an die Sommer seiner Kindheit und Jugend auf der Erde, an die bunten Blumen im Hintergärtchen, besonders die Sonnenblumen, ja, die großen, gelben Sonnenblumen, das Zwitschern der Vögel, den herrlichen Duft, der aus Mutters Küche zu ihm herausdrang, Roastbeef, Kirschtörtchen, das Klavier seines

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