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Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03

Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03

Titel: Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das dunkle Muster
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kritisieren. Obwohl ich mir vorgenommen habe, mich in dieser Beziehung zurückzuhalten, fordern mich die Ansichten der Chancisten stets aufs neue heraus, selbst wenn sie in gewisser Beziehung beinahe exzellente Spekulationen verbreiten. Ich kann einfach keinen Leuten voll vertrauen, die ihre eigenen religiösen Vorstellungen haben.«
    »Ich war ein Freidenker, ein Libertin, wie wir uns nannten«, sagte Cyrano. »Aber jetzt… Ich weiß nicht. Vielleicht gibt es doch einen Gott. Wer sollte sonst für die Existenz dieser Welt verantwortlich sein?«
    »Es gibt eine Menge Theorien«, sagte Jill. »Ich zweifle nicht daran, daß Sie jede einzelne davon kennen.«
    »Viele jedenfalls«, erwiderte Cyrano. »Und ich hoffte schon, von Ihnen eine neue zu hören.«

15
    In diesem Moment gesellten sich mehrere andere Leute zu ihnen. Jill brach ab, trennte sich von der Gruppe und hielt nach einer anderen Ausschau, der sie sich zugesellen konnte. Wie auf der Erde glichen auch die Cocktailpartys auf der Flußwelt einander wie ein Ei dem anderen. Man sprach kurz miteinander, versuchte sich selbst für eine Weile im allgemeinen Durcheinander von Geschwätz und Musik hörbar zu machen und wechselte dann zu anderen Partnern über, bis sich der Kreis geschlossen hatte. War man an den Ansichten irgendeines Gesprächspartners besonders interessiert – oder vielleicht auch an ihm selbst –, verabredete man sich zu einem späteren Treffen, bei dem man ungestört und ruhig miteinander diskutieren konnte.
    In alten Zeiten (wie lange war das schon her?), als Jills Bewußtsein noch weniger ausgereift gewesen war, hatte sie bei Treffen dieser Art oft Männer und Frauen kennen gelernt, deren Ansichten sie gefesselt hatten. Aber damals war sie entweder betrunken oder high (oder beides) gewesen und allen Meinungen gegenüber offen. Es war nicht schwer, sich unter diesen Umständen in einen Geist oder Körper – oder beides zur gleichen Zeit – zu verlieben. Aber mit der Ernüchterung kam dann auch stets die Weisheit. Und eine Trennung. Zwar nicht immer, aber meistens.
    Und jetzt nahm sie an einer Gesellschaft teil, bei der scheinbar nur Fünfundzwanzigjährige anwesend waren. Chronologisch gesehen war sie jetzt einundsechzig. Es war nicht unwahrscheinlich, daß einige der anderen über einhundertdreißig Jahre auf dem Buckel hatten. Oder mehr. Der Jüngste war jedenfalls nicht unter sechsunddreißig.
    Wenn es wirklich stimmte, daß das Alter Weisheit mit sich brachte, mußte hier eine geballte Ladung davon vorherrschen. Dieser Spruch hatte sich auf der Erde meistens jedoch nicht bewahrheitet. Obwohl es nur schwerlich möglich war, der Erfahrung aus dem Wege zu gehen, schienen die meisten Leute dies irgendwie geschafft zu haben. Natürlich verwandelte sich die Erfahrung nicht automatisch auch in Weisheit; vielleicht lag es daran, daß die meisten alten Leute, denen sie auf der Erde begegnet war, immer noch so reagierten wie Neunzehnjährige.
    Man konnte also erwarten, daß die Leute sich auch hier wenig auf ihre Erfahrungen stützten, wenn auch das unerwartete Weiterleben nach dem Tode einigen ganz schön in die Glieder gefahren war.
    Beispielsweise hatte niemand mit einem Weiterleben in dieser Form gerechnet. Keine Religion hatte ihren Anhängern einen solchen Ort und solche Ereignisse vorhergesagt, wenn auch, um genau zu sein, alle Glaubensrichtungen, die von Paradiesen und Höllen sprachen, sich – was deren Beschreibung anging – bemerkenswert zurückgehalten hatten. Was vielleicht weniger bemerkenswert gewesen wäre, hätte es auf der Erde nicht einige Leute gegeben, die behaupteten, bereits einen kurzen Blick in die Welt nach dem Tode getan zu haben.
    Es war nicht einmal etwas Übernatürliches an diesem Ort und der Wiederauferstehung der Toten. Man konnte alles – oder doch beinahe alles – mit wissenschaftlichen oder metaphysischen Termini erklären. Aber auch das hielt die Leute nicht davon ab, religiöse Theorien zu entwickeln oder zu versuchen, alte zu verifizieren.
    Jene Religionen, die im Gegensatz zu den meisten westlichen nichts über die Eschatologie der Wiederauferstehung und der Unsterblichkeit verbreitet hatten – Buddhismus, Hinduismus, Konfuzianismus oder Taoismus –, hatten sich selbst diskreditiert. Den anderen – dem Judentum, dem Islam und dem Christentum – war es allerdings nicht anders ergangen. Aber wie auf der Erde war auch auf dieser Welt der Zusammenbruch einer Religionsgemeinschaft identisch mit der

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