Farmer, Philip José - Flusswelt 04
austauschte, wurden in dem verkürzten Esperantodialekt gesprochen, der in Virolando üblich war.
»Bon ten, Eskop.« (»Guten Morgen, Bischof.«)
»Tre hon ten vi, Fenikso. Pass ess via.« (»Einen wunderschönen guten Morgen auch für dich, Phönix. Friede sei mit dir.«)
Er war in diesen Momenten formell und feierlich, aber kurz darauf hielt er eine Gruppe von Leuten an und erzählte ihnen einen Witz.
Herrmann Göring fühlte sich wohl. Das war nicht immer so gewesen. Seine Geschichte war lang, und wenn es in ihr hie und da auch heitere und friedfertige Augenblicke gegeben hatte, so war sie doch im allgemeinen traurig und stürmisch verlaufen und keinesfalls erbaulich.
Seine terrestrische Biografie war folgendermaßen verlaufen:
Am 12. Januar 1893 in Rosenheim am Inn geboren. Der Vater war Kolonialbeamter: der erste Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika. Im Alter von drei Monaten wurde Göring von seinen Eltern getrennt, die für drei Jahre nach Haiti gingen, wo sein Vater den Posten des deutschen Generalkonsuls übernahm. Die lange Trennung von seiner Mutter – zumal in einem solchen Alter – hatte einen ausgesprochen negativen Einfluß auf Hermann. Er konnte den Trennungsschmerz und die Einsamkeit dieser Periode nie ganz überwinden. Als er in seinen frühen Lebensjahren zudem bemerkte, daß seine Mutter ein Verhältnis mit seinem Paten hatte, verspürte er für sie Verachtung und Haß. Er schaffte es allerdings, seine diesbezüglichen Gefühle niemandem zu zeigen. Seinen Vater betrachtete er mit schweigender Geringschätzung, aber er war nur selten offen beleidigend zu ihm. Als dieser beerdigt wurde, konnte er seine Tränen dennoch nicht zurückhalten.
Im Alter von zehn Jahren packte ihn eine schwere Drüsenkrankheit. 1915, einen Monat nach dem Tod seines Vaters, wurde Göring Leutnant im 112. Prinz-Wilhelm-Infanterieregiment. Der blauäugige, blonde, schlanke und einigermaßen gutaussehende Offizier war in diesen Tagen ein bekannter Mann. Er tanzte und trank gern und zeigte sich allen Vergnügungen gegenüber aufgeschlossen. Sein Taufpate, ein zum Christentum konvertierter Jude, unterstützte ihn finanziell.
Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs führte eine schmerzhafte Arthritis in den Knien dazu, daß Göring in ein Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Da er jedoch unbedingt an den Kampfhandlungen teilnehmen wollte, verließ er es bald wieder und spielte im Flugzeug eines Freundes namens Lörzer den Part des Beobachters. Drei Wochen lang entfernte er sich ohne Genehmigung von der Truppe. Obwohl man ihn aufgrund körperlicher Unzulänglichkeiten für einen Dienst in der Armee ungeeignet hielt, ging er zur Luftwaffe. Seine robuste und unorthodoxe Sprache amüsierte den Kronprinzen, der das 25. Luftgeschwader der 5. Armee kommandierte. Im Herbst 1915 brachte Göring die Freiburger Luftfahrtschule hinter sich und errang die Qualifikation eines Piloten. Im November 1916 wurde er abgeschossen, schwer verletzt und lag sechs Monate danieder. Trotzdem flog er weiter. Er machte schnell Karriere, denn er war nicht nur ein exzellenter Offizier und Flieger, sondern auch ein hervorragender Organisator.
1917 wurde ihm aufgrund seiner Führungsqualitäten und für seine Verdienste beim Abschuß von fünfzehn gegnerischen Flugzeugen der Orden Pour le merite verliehen. Außerdem erhielt er das goldene Fliegerabzeichen. Am 7. Juli 1918 ernannte man ihn zum Kommandeur des Geschwaders 1, dessen Befehlshaber Richthofen nach achtzig Luftsiegen umgekommen war. Görings großes Interesse an technischen Einzelheiten und Ausrüstungsproblemen machten dies nur verständlich. Sein überdurchschnittliches Wissen um alle Aspekte des Luftkrieges verschaffte ihm auch später noch große Reputation.
Als Deutschland sich ergab, standen dreißig Feindflugzeuge auf seinem Konto. Aber während der Periode, die dem Kriegsende unmittelbar folgte, konnte er sich dafür nichts kaufen. Fliegerasse gab es wie Sand am Meer.
Nachdem er sich einige Zeit in Dänemark und Schweden als Kunstflieger betätigt hatte, wurde er 1920 Flugleiter der Svenska Lufttrafik in Stockholm. Hier lernte er Karin von Kantznow, die Schwägerin des schwedischen Forschers Graf von Rosen, kennen. Obwohl sie geschieden und die Mutter eines achtjährigen Jungen war, heiratete er sie. Bis zu ihrem Tode war er ihr ein guter Ehemann. Obwohl er später in einer Organisation Karriere machte, die für ihren unmoralischen Lebenswandel berüchtigt war, hielt er ihr
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