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Farmer, Philip José - Flusswelt 04

Farmer, Philip José - Flusswelt 04

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das magische Labyrinth
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zur Liebe und Disziplin. Sie waren es, die die Kultur begründeten, die Sie hier sehen.«
    »Wenn der Geist der Bürger dem Anblick ihres Landes entspricht«, sagte John, »müssen sie wahre Engel sein.«
    »Sie sind absolut menschlich«, sagte Göring. »Und ihr Land ist weder ein Utopia noch ein Paradies. Ich glaube allerdings, daß es keinen anderen Ort gibt, an dem man so viele wirklich freundliche, offene, großzügige und liebenswerte Charaktere trifft. Wenn man guten Willens ist, kann man wunderbar hier leben.«
    »Vielleicht wäre es ein guter Ort für einen längeren Landaufenthalt«, sagte John. »Wir müßten nämlich die Motoren überholen, und das dauert seine Zeit.«
    »Wie lange Sie bleiben, hängt ganz von Ihnen ab«, versicherte Göring.
    John sah ihn scharf an. Göring lächelte. Dachte John darüber nach, wie er die Bewohner Virolandos übertölpeln konnte, oder hatte er wirklich nur vor, sich hier ein wenig auszuruhen, ohne befürchten zu müssen, daß ihm jemand sein Schiff wegnahm?
    In diesem Augenblick betrat ein Mann den Kontrollraum. Er war etwa einen Meter achtzig groß, von der Sonne tiefbraun gebrannt und breitschultrig. Sein glattes Haar war tiefschwarz, und seine buschigen, dunklen Brauen überschatteten leuchtendschwarze Augen. Das Gesicht des Ankömmlings strahlte Stärke aus. Er besaß eine Aura, die man in Görings Kindheit als >tierischen Magnetismus< bezeichnet hätte.
    Als John ihn sah, sagte er: »Ah, das ist Gwalchgwynn, der Hauptmann meiner Bordtruppen. Sie müssen ihn kennen lernen. Er ist ein verläßlicher Bursche, ein ausgezeichneter Fechter und Pistolenschütze und spielt großartig Poker. Er ist Waliser, und wenn man ihm glauben kann, stammt er vater- wie mütterlicherseits von Königshäusern ab.«
    Göring hatte den Eindruck, als würde ihm das Blut in den Adern gefrieren.
    »Burton«, murmelte er.

23
    Niemand schien ihn gehört zu haben.
    Der schockierte Ausdruck in Burtons Gesicht, der rasch einer Maske der Gleichgültigkeit wich, sagte Göring jedoch, daß Burton ihn erkannt hatte. Als man ihn als Bruder Fenikso, den Emissär und Stellvertreter La Viros, vorstellte, verbeugte Burton sich. Mit schleppendem Tonfall und einem spöttischen Lächeln sagte er: »Freut mich, Hochwürden.«
    »Unsere Kirche kennt keine derartigen Titel, Hauptmann«, sagte Göring. Natürlich wußte Burton das. Seine Begrüßung war der reinste Sarkasmus.
    Aber das machte nichts. Was Göring allerdings verunsicherte, war die Tatsache, daß Burton keinerlei Interesse daran zu haben schien, seinem Herrn mitzuteilen, daß Bruder Fenikso in Wirklichkeit Hermann Göring hieß. Daß er dies nicht tat, weil er Göring liebte, war ebenfalls klar, denn wenn er ihn entlarvte, war es mit seiner Tarnung auch vorbei. Burton hatte offenbar mehr zu verbergen als er selbst. Was Göring anbetraf, so hatte dieser eigentlich überhaupt keinen Grund, sich hinter einem Pseudonym zu verbergen. Er tat dies nur, weil er sich ersparen wollte, jedermann zu erklären, warum er ein Mitglied der Kirche geworden war. Es war eine lange Geschichte, und es gab eine Menge Leute, die sich einfach nicht vorstellen konnten, daß sein Übertritt aus lauteren Gründen geschehen war.
    König John behandelte seinen Besucher mit erlesener Höflichkeit. Er konnte sich offenbar überhaupt nicht mehr an den Mann erinnern, dem er einst einen Pistolenknauf über den Kopf geschlagen hatte. Göring wollte, daß dies so blieb. Wenn John immer noch daran glaubte, er könne die Uferbewohner niederwerfen und ausplündern, würde er sofort mißtrauisch werden, sobald er erfuhr, daß eines seiner ehemaligen Opfer in seiner Umgebung weilte. Solange er die Ansicht hegte, Fenikso sei ein einfacher und weltfremder Bischof, brauchte er sich keine Mühe zu geben, mit seinen Absichten im dunkeln zu verharren.
    Natürlich war es auch möglich, daß Johns Charakter sich zum Besseren hin verändert hatte. Würde Burton ihm etwa dienen, wenn das nicht der Fall war?
    Ja – vorausgesetzt, er war immer noch von dem Gedanken besessen, die Quellen des Flusses zu erreichen.
    Aber vielleicht war John doch nicht mehr die einstige menschliche Hyäne. Was natürlich nicht hieß, daß Göring den Hyänen zu nahe treten wollte.
    Abwarten und Tee trinken.
    John lud zu einer Schiffsbesichtigung ein. Göring nahm die Einladung dankend an. Er hatte das Schiff bereits kurz vor seiner Fertigstellung in Parolando besichtigt und kannte es sogar nach all den Jahren immer noch

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