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Farmer, Philip José - Flusswelt 05

Farmer, Philip José - Flusswelt 05

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Götter der Flußwelt
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erhob sich Frigate aus seinem Stuhl, warf ein halbvolles Glas gegen die Wand, sagte: »Ich verschwinde von hier«, und machte seine Ankündigung wahr.
    Ein paar Minuten später trat Sternenlöffel ein. Sie sah den verschütteten Whisky und Burtons wütendes Gesicht. Dann ging sie überraschenderweise auf ihn zu und küßte ihn auf den Mund.
    »Mir geht es jetzt viel besser«, sagte sie. »Ich glaube, ich kann wieder die fröhliche Frau sein, die du haben willst und die auch ich sein will. Du brauchst dir keine Sorgen mehr um mich zu machen. Das heißt, außer…«
    »Ich bin sehr glücklich«, sagte er. »Glaube ich. Gibt es noch etwas, das dir Kopfzerbrechen bereitet?«
    »Ich… ich bin noch nicht bereit, wieder mit dir ins Bett zu gehen. Ich würde es zwar gern, aber ich kann es nicht. Ich glaube jedoch, Dick, daß die Zeit kommt, in der ich wieder mit dir ins Bett gehen kann und völlig bereit bin. Hab nur Geduld mit mir. Die Zeit wird kommen.«
    »Wie ich schon sagte, ich bin sehr glücklich. Ich kann warten. Aber das alles kommt so plötzlich. Was verursacht diese Wandlung?«
    »Ich weiß es nicht. Es ist einfach passiert.«
    »Sehr seltsam«, sagte er. »Vielleicht werden wir es eines Tages erfahren. Bis dahin hast du doch nichts dagegen, daß wir uns ein wenig küssen, oder? Ich verspreche dir, ich lasse mich nicht hinreißen.«
    »Natürlich nicht.«
    Das Leben nahm für Burton allmählich wieder die Routine an, die es vor Du-naways Gewalttat gehabt hatte. Sternenlöffel war redsamer, auf den Parties manchmal sogar aggressiv. Verbal aggressiv; sie war eher zu einem Streit bereit und vertrat ihre Ansichten deutlicher. Aber sie verbrachte soviel Zeit mit dem Computer wie damals, als sie große Probleme gehabt hatte. Burton hatte nichts dagegen. Er hatte seine eigenen Projekte.

28
    Alle Menschen, dachte Nur, haben berichtet, daß die Zeit viel langsamer verstrichen sei, als sie Kinder gewesen waren. Die Zeit hatte sich etwas beschleunigt, als sie herangewachsen waren und wurde noch schneller in der Jugendzeit. Sie hatte noch einmal einen Schritt zugelegt, als sie junge Erwachsene geworden waren. Befand man sich in den Sechzigern, war das, was in der Jugendzeit ein träger und langsamer Strom, ein sich gemächlich dahinwälzender und breiter Fluß gewesen war, ein enger, tosender Kanal. In den Siebzigern war es ein kurzer Wasserfall, über den die Zeit hinabstürzte. In den Achtzigern war es ein tiefer Gebirgsfall, und das Wasser, die Zeit selbst, schoß vorbei und verschwand über den Rand des Lebens, der sich direkt neben einem befand - ein jäher Abgrund, über den die Zeit stürzte, als wolle sie sich so schnell wie möglich vernichten. Und einen selbst dazu.
    War man ein alter Mann oder eine alte Frau von neunzig Jahren und blickte zurück, schien die Kindheit eine sehr, sehr lange Straße gewesen zu sein, die auf einen unvorstellbar fernen Horizont zulief. Aber die letzten vierzig Jahre… wie kurz waren sie doch gewesen, wie schnell vorbeigerauscht.
    Dann starb man, und man erwachte an einem Ufer des Flusses, und der Körper, den man hatte, war der, den man mit fünfundzwanzig Jahren gehabt hatte -abgesehen davon, daß jeder körperliche Schaden, den man gehabt hatte, behoben war. Man konnte den Eindruck gewinnen, daß man nun, wieder jung, die Zeit erneut als verlangsamten Strom wahrnahm. Die Kindheit war einem in der Erinnerung nicht so weit entfernt, und sie kam einem auch nicht so lang vor, wie sie gewesen war, bevor man erneut fünfundzwanzig wurde.
    Aber nein. Der junge Körper war mit einem Gehirn bestückt, dessen Gewebe zwar jung, aber dessen Erinnerungen und Erfahrungen alt waren. Wenn man mit achtzig Jahren auf der Erde gestorben war, vierzig Jahre auf der Flußwelt gelebt hatte und demzufolge eigentlich einhundertundzwanzig Jahre alt war, war die Zeit eine Folge von Stromschnellen. Sie zerrte einen weiter, stieß und drängte einen. Weiter, weiter, sagte sie. Keine Rast für dich. Du hast keine Zeit. Für mich gibt’s auch keine Rast.
    Nurs lebendiger Leib existierte seit einhunderteinundsechzig Jahren. Und so sah er seine Kindheit, wenn er auf sie zurückschaute, als unendliches Band. Je älter er wurde, desto länger kam ihm die Kindheit vor. Würde er tausend Jahre alt werden, würde er glauben, seine Kindheit habe siebenhundert Jahre gedauert, die Zeit als junger Erwachsener zweihundert, als Erwachsener mittleren Alters neunundfünfzig, und die seither vergangene Zeit eins.
    Seine

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