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Farmer, Philip José - Flusswelt 05

Farmer, Philip José - Flusswelt 05

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Götter der Flußwelt
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ähnelte Twains Theorie der Vorbestimmung. Von dem Moment an, da das erste Ur-Atom mit dem als zweiten erschaffenen zusammenstieß, war eine Kettenreaktion in Kraft gesetzt worden, die sich nach dem Winkel und der Geschwindigkeit des Zusammenstoßes richtete. Wären Winkel und Geschwindigkeit anders gewesen, hätte sich alles Nachfolgende anders ergeben. Der Lebensweg des Menschen war gebahnt. Nichts konnte ihn ändern. Jede einzelne Handlung war vorbestimmt. Um die Computersprache des zwanzigsten Jahrhunderts zu verwenden: vorprogrammiert.«
    Der Haken war, daß man nicht einfach »Zum Teufel damit« sagen und ein liederliches, gottloses Leben führen konnte. Man mußte sich verhalten, als sei man ein wahrer Christ. Noch schlimmer, man mußte wirklich einer sein. Man mußte wirklich glauben; man durfte kein Heuchler sein.
    Aber man würde erst nach dem Tod erfahren, ob Gott den Aufstieg ins Paradies oder den Sturz in die ewigen Flammen der Hölle für einen vorgesehen hatte.
    »Hatten die Presbyter wirklich recht, konnte man das ganze Leben lang ein böser Mensch sein. Aber wenn Gott für einen die Erlösung vorgesehen hatte, konnte man im letzten Moment bereuen und zur ewigen Seligkeit emporfahren. Wer jedoch würde das Risiko eingehen, daß es wirklich so eintraf?
    Ich hätte meinen Eltern von meinen seelischen Qualen wegen dieses Problems erzählen sollen. Sie hätten mich wieder aufgerichtet, indem sie mir gesagt hätten, daß es keine Vorherbestimmung oder eine wörtlich zu nehmende Hölle gäbe. Wenigstens hätten sie versucht, mich zu beruhigen. Aber ich erzählte ihnen nichts davon - was dir eine Vorstellung von meiner Gesprächigkeit gibt - und litt. Sie hatten natürlich keine Ahnung, was mir dort in dieser zu Fuß erreichbaren Schule beigebracht wurde. Zu Fuß hin zur Verzweiflung, zum Zweifel und zur Hölle.«
    »Hast du wirklich so sehr gelitten?« hatte Burton gefragt.
    »Nicht die ganze Zeit über. Nur dann und wann, hier und da. Schließlich war ich ein tatkräftiger, gesunder Junge. Und mir fiel auf, daß sich die Erwachsenen in der Kirche gar nicht so benahmen, als glaubten sie wirklich an eine Vorherbestimmung. Die Zweifel und der Schmerz über ihre seltsame Doktrin hielt sich bei ihnen eindeutig in Grenzen. Sie entrichteten in der Kirche ein Lippenbekenntnis und hatten alles vergessen, sobald sie wieder draußen waren. Vielleicht schon eher.
    Als ich Bücher über Twains Leben las, fiel mir ebenfalls auf, daß er nicht an sein gottloses und strikt mechanisches Universum glaubte. Er benahm sich, als verfüge er über einen freien Willen, obwohl er oft davon sprach, daß die Menschen einen solchen nicht hätten.«
    Im Alter von zwölf Jahren war Frigate Atheist geworden.
    »Ich sollte lieber sagen, ein hingebungsvoller Anhänger der Wissenschaft als unsere Erlösung. Einer Wissenschaft, die von vernünftigen Menschen angewandt wird. Ich hatte jedoch vergessen, daß Swift zumindest zwischen den Zeilen gesagt hat, die meisten Menschen seien nur brutale Rohlinge.«
    Er hatte seine Behauptung eilends relativiert und verbessert. Die meisten Menschen benahmen sich nur wie Rohlinge; nur eine Minderheit bestand aus wahren, waschechten Rohlingen. Eine allerdings übergroße Minderheit.
    »Die Wissenschaft könnte nur in begrenztem Sinne unsere Erlösung sein, und auch nur dann, wenn sie nicht mißbraucht wird. Aber alles wird mißbraucht und falsch angewendet. Das habe ich jedoch erst richtig mit fünfunddreißig Jahren begriffen. In der Mitte meines Lebens stand ich wie Dante direkt vor den Toren der Hölle.«
    »Er hat lange gebraucht, bis er einsah, daß die Menschen meist irrational und gewöhnlich noch mehr sind als das«, hatte Nur gesagt. »Welch erstaunliche Enthüllung!«
    »Nicht nur die Altsteinzeit, sondern auch der aufrecht gehende Affe lebt in uns«, hatte Burton gesagt. »Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob dies keine Beleidigung für die Affen ist.«
    Frigate hatte viele Jahre geglaubt, so etwas wie eine Seele gäbe es nicht. Dann war er zu der Auffassung gelangt, wenn Gott dem Homo sapiens schon keine Seele gegeben habe, müsse dieser sich seine eigene machen. Er hatte eine Geschichte geschrieben, die auf der Vorstellung synthetischer Seelen basierte, die den Menschen Unsterblichkeit boten, da Gott, wenn es einen gab, sich geweigert hatte, dergleichen zu tun.
    Soweit er wußte, war kein anderer je auf eine solche Idee gekommen, und sie ergab ein sehr gutes Fundament für einen Science

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