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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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gnadenlos aussortiert.“
    Francis hörte aufmerksam zu und fragte sich, wie die
Gardeners sich ihm gegenüber verhalten würden. Dann fiel ihm auf, dass Grover
gar nicht überrascht gewesen war, als Anne-May von ihrem toten Bruder
gesprochen hatte. Anscheinend hatte sie ihm ebenfalls davon erzählt.
    Gegen Abend kühlte es ab, die Temperatur wurde mild.
    Vor ihnen erstreckten sich die Getreidefelder
Kaliforniens, das Licht der untergehenden Sonne traf auf Heuballen und ließ sie
rötlich aufleuchten. Die Stimmung im Wagen besserte sich, sie hielten die Hand
in den Fahrtwind, aßen Sandwiches, hörten Radio und sangen Brown Eyed Girl von Van
Morrison mit. Als es dunkel wurde, checkten sie in einem Best Western ein und
zahlten mit Grovers Kreditkarte. Die Chedwicks hatten sie ihm zwar nur für das
Benzin gegeben, aber das brauchten sie ja nicht zu wissen. Sie warfen ihre
Klamotten in einen Waschautomaten und setzten sich in den Outdoor Jacuzzi. Die
Luft war kühl, das Wasser wunderbar warm, ein Grauhörnchen flitzte über den
Rasen. Sie tranken Alkohol aus Plastikbechern und stießen an. Francis lehnte
sich zurück; sie waren seit genau sieben Tagen unterwegs, unglaublich, wie
viele Meilen sie gefahren waren. Claymont war am anderen Ende des Kontinents,
Lichtjahre entfernt.
    „Was machst du eigentlich, wenn dein Vater
wahnsinnig reich ist?“, fragte ihn Anne-May.
    Er trank einen Schluck. „Das war cool.“
    „Und wenn er ein dummer Arsch ist, der dich nicht sehen
will?“
    „Dann zünd ich sein Haus an!“
    „Weißt du, was mir auffällt?“, fragte sie. „Jedes
Mal, wenn du von deinem Vater oder von dieser Samenbank der Genies redest,
hast du so ein Leuchten in den Augen und lächelst die ganze Zeit vor dich
hin.“
    „Ach, Quatsch.“
    „Doch, jetzt gerade tust du es ja schon wieder. Ich
glaube langsam, dir gefällt es, ein Teil dieses kranken Projekts zu sein.
Insgeheim freust du dich doch, dass du zu dieser elitären Samenbank gehörst.“
    „Das ist doch Bullshit. Welcher normale Mensch würde
sich darüber freuen?“ Francis tauchte unter und biss Anne-May in die Wade. Er
hörte sie oben quieken.
    Später lagen sie zu dritt auf dem Bett im
Motelzimmer, sie aßen m&m's aus der Minibar, redeten über peinliche Erlebnisse
und schauten Filme an. Für eine Weile schienen alle Streitereien vergessen, und
Francis wurde bewusst, wie wunderbar es eigentlich war, mit den beiden zusammen
zu sein und durchs Land zu fahren.
     
    Als er am nächsten Tag in San Francisco vor Alistair
Haleys Türschild stand, war er nervös. Grover und Anne-May waren nicht
mitgekommen, sie wollten sich die Stadt ansehen. Francis drückte die Klingel.
Vielleicht traf er gleich den Mann, der ihm den Namen seines Vaters sagen
konnte. Im Treppenhaus war es dunkel, er wartete schon eine halbe Minute.
    Dann klingelte er noch mal.
    Laut Telefonbuch lebten in der Stadt zwei Alistair
Haleys, aber in einem Artikel hatte gestanden, dass das ehemalige Wunderkind
im Sunset District wohnte, und dort gab es nur einen. Francis war gespannt, wer
ihm aufmachen würde. Vielleicht ein Typ im Anzug, der ihm sofort die Tür vor
der Nase zuknallte. Wahrscheinlich war Alistair aber auch gar nicht da.
    Da hörte er Schritte.
    Der Mann, der öffnete, war Mitte zwanzig, hatte
kurze, gegelte Haare, eine Brille und einen ziemlich beeindruckenden Bart. Er
war bleich wie die weißen Wände seiner Wohnung, und in seinem Apartment roch es
dermaßen nach Gras, dass Francis das Gefühl hatte, schon vom bloßen Luftholen
high zu werden.
    „Was willst du?“, fragte Alistair Haley.
    Francis hielt ihm den Artikel über die Genies aus
der Kälte hin.
    „Und? Ich gebe keine Interviews
mehr.“
    „Deshalb bin ich nicht
hier. Ich bin wie du!“
    „Okay, das ist was
anderes. Komm rein.“
     
    Im Apartment schien es nichts außer Unmengen von Büchern,
zwei Laptops, einem Schachbrett und einer Menge seltsamer Musikinstrumente zu
geben. An der Wand hing ein einziges Poster, darauf stand in roter Schrift die
Zahl 137. Die Wohnung wirkte karg und unmöbliert, offenbar war
Alistair gerade erst hier eingezogen.
    „Das ist eine Sitar“, sagte er und deutete auf das
Instrument, das Francis in die Hände genommen hatte. „Sie kommt aus Indien.
Man muss täglich stundenlang üben, um sie perfekt zu beherrschen.“
    „Wie lange lebst du schon hier?“
    „Vier Jahre.“ Alistair holte aus einer Schublade
Stoff und drehte sich einen Joint. „Willst du auch?“
    „Nein“, sagte

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