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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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über komplizierte Probleme der Mathematik und
Physik.
    „Wie war denn dieser Monroe so?“, fragte Francis. „Wahnsinnig?“
    „Nicht unbedingt. Er war allerdings besessen von der
Idee, Genies in die Welt zu setzen. Frag mich nicht, wieso.
    Er meinte, bei der Züchtung einer Pflanze nehme man
auch nicht die schwächsten Samen, sondern die stärksten.“ Alistair ging zum cd -Player
und legte Musik auf. „Alles Blödsinn, wenn du mich fragst. Eugenikprogramme
gab es ja schon früher, und man hat Monroe damals auch kritisiert und Dr.
Frankenstein genannt oder den Hitler der Gene. Fair enough. Der Punkt
ist nur, dass er einfach der Erste war, der diese Idee hatte. Wäre er nicht
gewesen, hätte es eben jemand anders gemacht.“ Francis nickte verhalten.
    Alistair schien nun völlig in seinem Element. Den
Joint in der Hand, redete er von Wissenschaftlern wie Robert Edwards und Craig
Venter und meinte, dass alle immer so weit gehen würden wie möglich. „Die Leute
vergessen nur, dass jede Tür, die einmal geöffnet wurde, nie mehr geschlossen
werden kann“, sagte er. „Was machbar ist, wird auch getan, egal, wie gefährlich
es ist. Siehe die Atombombe.“
    „Und wie hast du dich mit Monroe verstanden?“,
fragte Francis, um wieder aufs Thema zurückzukommen.
    „Gut. Wir sind jede Woche essen gegangen. Er hat
mich mit seinem weißen Studebaker Cabrio abgeholt, dann haben wir stundenlang
diskutiert. Ich habe das verkörpert, wonach er strebte.“
    „Dann hat er dich in all die Talkshows gezerrt?“
    Alistair bleckte die Zähne. „Nein, das war Mom.“
    Er erzählte, wie er aufgewachsen war. Mit zwei hatte
er bereits perfekt gesprochen, im Alter von vier König Lear auswendig
gekonnt. Und als er sieben war, hatte man in einem Test herausgefunden, dass er
einen iq von 189 hatte.
    „Ab da ging es los. Monroe meinte, jetzt beginne die
nächste Stufe der Menschheit und der Evolution. Für ihn war ich ein Prototyp,
das Beste aus seiner Züchtung.“
    „Du musst ihn hassen.“
    „Wenn ich die Art und Weise meiner Zeugung in Frage
stellen würde, müsste ich mich selbst in Frage stellen. Wir können beide froh
sein, dass es uns überhaupt gibt. In der Natur wären wir nicht vorgekommen.
Also fair enougb“, sagte er wieder.
    „Was ist eigentlich mit deiner Mom?“
    Alistair fuhr sich durch den Bart und schien sich an
etwas halb Vergessenes, Schmerzhaftes zu erinnern. „Weiß nicht so genau“,
sagte er schließlich. „Wir haben nicht mehr viel Kontakt. Außerdem lebt sie
weit weg.“
    „An der Ostküste?“
    „In Indien.“ Er warf Francis einen langen Blick zu. „Und deine Mom?“
    „Sie ist gerade in der Klinik. Ich muss sie bald mal
anrufen. Aber wir haben noch sehr viel Kontakt, ich wohne bei ihr.“
    Er machte eine Pause. „Ich muss dich das natürlich
fragen: Weißt du, wer dein wirklicher Vater ist? Hast du ihn jemals sehen
wollen?“
    Alistairs Gesicht blieb ausdruckslos, aber es war
Francis, als ob sich dahinter eine tiefe Bitterkeit und Leere verbarg. „Nein.
Mich interessiert nicht, wer mein Vater ist. Ich bedeute ihm ja schließlich
auch nichts. Ich war in allen Zeitungen und Fernsehsendungen; wenn er an mir
interessiert gewesen wäre, hätte er sich gemeldet. Damals, als Monroe mir
sagte, dass Doble nicht mein Vater sei, habe ich das einzige Mal darüber
nachgedacht, wer er wohl sein könnte.
    Aber das ging vorbei.“ Alistair legte sich auf den
Boden und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
    Francis ging im Zimmer umher. Er versuchte nicht
mehr an Doble zu denken und schaute sich die unzähligen Bücher an, deren Titel
ihm nichts sagten. Manche waren Romane, andere schienen Fachliteratur aus der
Mathematik und Physik zu sein. Dann entdeckte er den Bücherstapel, der neben
der Matratze stand. „Ach was ... So was liest du?“
    Auf einmal bekam Alistairs Gesicht Farbe. „Ich liebe Herr der Ringe“, sagte er, noch immer auf dem Boden liegend. „Ich habe die
Bücher bestimmt zwanzigmal gelesen. Am liebsten mag ich Gandalf!“
    Als Francis seinen aufgeregten Blick sah, musste er
lachen. „Was ist eigentlich da drin?“, fragte er und deutete auf die beiden
großen Pakete in der Ecke.
    „Ein Bett und ein Regal. Hab ich schon vor
Ewigkeiten bestellt, ich bin aber noch nicht dazu gekommen, alles aufzubauen.“
    Francis bot an, ihm zu helfen. Sie machten sich an
die Arbeit, doch Alistair war handwerklich alles andere als begabt. Einmal
hämmerte er aus Versehen zwei falsche Teile zusammen und

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