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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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versuchte er sich ein Kondom überzurollen.
Aber erst bekam er die Verpackung nicht auf, danach gelang es ihm nicht, es
sich überzuziehen. Schließlich schaute er so hilflos zu Anne-May, dass sie
anfing zu lachen. Mit ihren Zähnen riss sie die Verpackung eines weiteren
Kondoms auseinander und streifte es ihm über, danach legte sie sich wieder auf
den Rücken. Sie hatte noch immer ihr typisches, überlegenes Lächeln im Gesicht,
selbst als er in sie eindrang. Doch je länger und schneller er sich in ihr
bewegte, desto ernster wurde sie, bis sie anfing, unkontrolliert zu atmen.
Wieder flackerten ihre Augen unruhig hin und her, bis sie sich endlich
schlossen.
     
    Sie schliefen mehrmals miteinander. Francis wollte
immer wieder, Anne-May wehrte nach dem zweiten Mal erst ab, ließ sich aber
jedes Mal überreden. Als er schließlich erneut angekrochen kam, lachte sie. „Gott,
Dean, wirst du denn nie müde?“ Sie nahm ihn mit ihren Beinen in eine Schere.
    „Ich weiß, was du denkst“, sagte er. „Du stellst dir
gerade vor, wies mit Grover wäre.“
    Ihre Beine umklammerten ihn noch fester, so dass es
beinahe schon weh tat. „Das muss ich mir nicht vorstellen. Ich weiß, dass es
großartig wäre.“
    Er wollte sie küssen, doch sie wich zurück und sah
ihn ernst an.
    Dann lächelte sie, und sie schliefen ein letztes Mal
in dieser Nacht miteinander.
    Anschließend lagen sie im Bett, bis es draußen hell
wurde. Sie sprachen kein Wort. Francis fuhr mit den Fingern über die Narben an
Anne-Mays Handgelenken. Sie beobachtete ihn und schien dabei nachzudenken.
Francis fiel wieder ein, dass Frauen angeblich nur die Geheimnisse der Männer
aufdecken wollten und dass Anne-May nun alles von ihm wusste, er aber kaum
etwas von ihr. Doch er machte sich deshalb keine Sorgen. Sein Nachbar Toby
hatte zwar gemeint, wenn eine Frau einen lange anschaue und dabei nachdenke,
bedeute das nichts Gutes, aber da musste er sich geirrt haben. Anne-May und er
waren sich so unglaublich nahe, er hatte sich noch nie so sehr als Mann gefühlt
wie in diesem Moment. Es war plötzlich alles ganz einfach.
    „Ich liebe dich“, sagte er.
    Sie antwortete nicht.
     
    Los Angeles
     
    1
     
    Anne-May war verschwunden. Beim Aufwachen hatte sie
nicht mehr bei Francis im Bett gelegen. Erst hatte er gedacht, sie sei nur
kurz weggegangen, um Frühstück zu holen, doch sie war auch in den folgenden
Stunden nicht wiedergekommen. Grover und er saßen in der Lobby und
spekulierten darüber, was wohl los war und ob ihre Eltern daran schuld waren.
Vielleicht hatte ihre Großmutter ja doch bei ihr zu Hause angerufen. Insgeheim
befürchtete Francis aber, dass es etwas mit ihm zu tun hatte.
    Es vergingen zwei weitere Stunden, und langsam bekamen
sie Angst, dass Anne-May sich etwas angetan hatte. Sie wurden immer nervöser
und überlegten schon, zur Polizei zu gehen. Francis machte sich Vorwürfe, dass
er sie aus der Klinik geholt und auf die Reise mitgenommen hatte.
    Am späten Nachmittag tauchte Anne-May jedoch unversehens
wieder auf. Sie trug ihre Sonnenbrille und kam mit schnellen Schritten ins
Foyer. Als sie die anderen sah, nahm sie die Ray-Ban ab.
    „Wo warst du?“, rief Francis und lief ihr entgegen.
Er wollte sie umarmen, doch sie wich ihm aus. Ihre Augen wirkten plötzlich
feindselig, abweisend.
    „Lasst uns aufbrechen“, sagte sie nur, ohne ihn anzusehen.
    Sie fuhren an der zerklüfteten Felsküste entlang in
Richtung Süden. Ein Radiosender spielte mexikanische Volksmusik. Die Luft
roch nach Salz und Algen, die tiefstehende Sonne tauchte die Serpentinen in
mildes Licht, rechts glitzerte der Ozean. Doch Francis hatte keinen Blick
dafür und dachte nur an Anne-May. Einmal wollte er ihre Hand nehmen, aber sie
zog sie sofort weg.
    „Hab ich dir was getan?“, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf, und wenn er mit ihr reden
wollte, meinte sie nur: „Da ist nichts“, oder: „Ich bin einfach müde.“
    An einer einsamen Bucht hielten sie an, um zu baden.
Francis hatte nicht schnell genug in den Westen kommen können, doch jetzt war
er insgeheim froh über jede Pause auf dem Weg zu seinem Vater. Was, wenn er ihm
nicht genügte, wenn er abgelehnt wurde? Am liebsten wäre er einfach nur sein
ganzes Leben lang unterwegs zu ihm gewesen, ohne jemals anzukommen.
    Sie stürzten sich nackt in den Pazifik, aber es war
kalt, und Grover und er rannten sofort zum Strand zurück. Nur Anne-May blieb
noch im Wasser. Francis beobachtete, wie sie in die eisigen Wellen

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