Fast genial
noch mal auftauchen, kommt einer Unverschämtheit
gleich. Das alles ist eine Verleumdung, das wissen Sie genau!“
Francis blickte fragend zu Mrs. von Waldenfels, die
nun die Treppe herunterkam. Gemeinsam halfen sie ihrem Mann in den Rollstuhl. „Leider
verwechselt Fritz oft die Menschen“, sagte sie entschuldigend. „Sie erinnern
ihn wohl an jemand.“ Sie schob den Rollstuhl ins Wohnzimmer, Francis folgte
ihnen und setzte sich auf die Couch. Mrs. von Waldenfels fasste ihren Mann
beim Arm. „Das hier ist Francis, ein Freund von Alistair.“
Dr. von Waidenfels zog eine Augenbraue hoch. Er
dachte lange nach. „Alistair Haley?“, fragte er schließlich.
„Ja, genau“, antwortete Francis. „Er hat mir gesagt,
ich soll Sie besuchen.“
Mrs. von Waldenfels
schien gerührt. „Das hat er gesagt, wirklich? Sie müssen wissen, früher, als
Warren noch gelebt hat, hat er Alistair manchmal mitgebracht, er und Fritz haben
dann stundenlang im Arbeitszimmer diskutiert. Leider ist der Kontakt nach
Warrens Tod abgerissen. Fritz' Gesundheitszustand ist ja dann auch immer
schlechter geworden. Aber dass er Sie zu uns geschickt hat... Hast du das
gehört, Fritz?“
Mr. von Waldenfels nickte wohlwollend. „Alistair war
ein sehr intelligenter Junge, mathematisch hochbegabt“, sagte er mit nun
verblüffend fester Stimme. „Hätten wir doch mehr von seinem Schlag gehabt. Aber
es kam zu viel Schrott dabei heraus.“ Auf einmal schien er hellwach. „Alle
anderen Kinder waren eher durchschnittlich. Und dann gab es sogar noch Nieten.
Mir völlig unverständlich. Man nimmt die besten Zutaten und züchtet Versager.
Kein Wunder, dass wir den Laden schließen mussten.“
Bei diesen Worten sah er Francis an, und diesen
durchfuhr es wie ein Blitz. Doch wenige Augenblicke später sackte Waldenfels
wieder in sich zusammen und schwieg.
Armando kam und schenkte
allen Tee ein. Mrs. von Waldenfels bedankte sich, dann wandte sie sich wieder
Francis zu. „Haben Sie nicht gesagt, dass Sie ebenfalls ein... wie soll ich
sagen ... dass Sie ebenfalls ein Retortenkind sind?“
„Ja, meine Mutter hat an dem Projekt teilgenommen...
Stimmt das denn, was Ihr Mann sagt? Waren die anderen Kinder außer Alistair
tatsächlich nur durchschnittlich? Und wurde die Samenbank deshalb geschlossen?“
„Nun, es stimmt, die meisten Kinder waren nicht
außergewöhnlich. Aber geschlossen wurde die Samenbank nicht deshalb. Es gab
einfach zu viel Kritik. Man hat Mr. Monroe und meinen Mann beschimpft und ihnen
vorgeworfen, dass sie eine neue Herrenrasse züchten wollten! Dabei brauchen wir
nun mal eine experimentierfreudige Wissenschaft, wenn wir Krankheiten heilen
oder auch in Zukunft genug Wasser und Energie haben wollen, ohne Kriege zu
führen und den Planeten zu zerstören.“
Sie blickte Francis kurz an, als suche sie seine
Zustimmung. „Allerdings gab es auch ein paar unglückliche Zwischenfälle. So
wurden einige Spender gegen ihren Willen bekannt. Und dann kam auch noch der
Vorwurf auf, mein Mann habe während des Zweiten Weltkriegs für die Nazis
gearbeitet.“ Sie wirkte verbittert. „Das sind alles Lügen. Fritz hat die Nazis
doch aus tiefster Seele gehasst, niemals hätte er für sie gearbeitet. Ich habe ihn
kennengelernt, kurz nachdem er in den Fünfzigern nach Amerika ausgewandert war,
und ich lebe mit ihm seit nunmehr achtundvierzig Jahren zusammen. Ich kann
Ihnen versichern, an diesen Gerüchten ist absolut nichts dran.“
Francis wich ihrem Blick aus und schaute nur zu
ihrem Mann. Er stierte ins Leere, und es wurde peinlich still. Dann aber
richtete sich Mr. von Waldenfels plötzlich in seinem Rollstuhl auf und griff
nach seiner Tasse. Er trank hastig einen Schluck Tee und sah auf die Uhr. „Nun,
ich muss die beiden Herrschaften leider verabschieden“, sagte er zu seiner Frau
und Francis. „Ich habe gleich ein Meeting mit Warren P. Monroe.“
Mrs. von Waldenfels
strich ihm liebevoll über die faltige Hand. „Schatz, Warren ist seit sechs
Jahren tot.“
Ihr Mann, der eben noch voller Elan gewirkt hatte,
brauchte Zeit, um diese Information zu begreifen. Sie nahm ihm sichtbar den
Wind aus den Segeln. Er nickte nur, dann schaute er in Gedanken versunken aus
dem Fenster.
Francis hielt das für den geeigneten Zeitpunkt, um
zu fragen, ob es im Haus noch alte Spenderakten gebe und ob ihnen der Name
Doble bekannt sei.
„Da muss ich Sie leider enttäuschen.“ Mrs. von
Waldenfels schüttelte den Kopf. „Fritz besaß ohnehin nie Akten, die
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