Fast genial
Grover.
„Das ist in Oakland.“
Es entstand eine Pause.
„Aber wieso warst du denn auf einem völlig unbekannten
College, wenn du doch überall hättest studieren können?“, fragte Anne-May.
„Weiß nicht, ich hatte vermutlich einfach keinen Ehrgeiz
... Ja, das war's, glaube ich.“ Alistair lächelte. Zwar bemerkte er die Blicke
der anderen, aber es schien ihm zu gefallen, der spleenige Außenseiter zu
sein. Mit der Zigarette im Mund griff er nach seinem Handy. „Hat noch jemand
Lust auf Chinesisch?“
Sie ließen sich etwas vom Lieferdienst bringen und
aßen zu Mittag. Im Hintergrund lief ein Album der Doors. Grover hatte soeben
schockiert zur Kenntnis genommen, dass Alistair Unreal Tournament nicht
kannte, und empfahl es ihm eindringlich, Anne-May schaute sich währenddessen
die Bücher und Instrumente an. Als sie einen Joint angeboten bekam, lehnte sie
ab. „Danke, das hab ich hinter mir.“
Francis saß
abseits. Er musste daran denken, dass er
und die anderen Kinder am selben Ort produziert und in Kältetanks aufbewahrt
worden waren, nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Womöglich hatte er
unzählige Halbgeschwister, von denen er nichts wusste. Und bestimmt hatten
sich auch Alistair und diese Laura aus dem Artikel tausendmal eingeredet, es
sei ihnen egal, wer sie waren oder woher sie kamen, und dann hatten sie doch
nächtelang darüber nachgedacht.
Er schaute zu Alistair, der gerade Bong rauchte und
vor sich hin sagte: „Objektiv gesehen ist der Tod das Beste, was den Menschen
passieren konnte. Er zwingt sie, sich dem Leben zu stellen, jede Sekunde davon
zu genießen und sich zu verwirklichen. Er ist das einzig richtige Ende, notwendig
und ein starker Antrieb.“ Er machte eine Pause. „Subjektiv gesehen ist der Tod
natürlich scheiße.“
Am Nachmittag meinte Alistair, er müsse zur Arbeit.
Er machte keinerlei Anstalten, seinen Job zu verraten, also fragte auch niemand
nach. Grover und Anne-May verabschiedeten sich von ihm und gaben ihm ihre
Mailadressen. Während sie schon vorgingen, blieb Francis noch einen Moment
zurück.
„Danke für das Bett und das Regal“, sagte Alistair
zu ihm.
„Gern geschehen... Danke für den Namen meines Vaters.“
„Gern geschehen.“ Alistair drückte ihm einen Zettel
in die Hand, auf dem eine Adresse in Carpinteria notiert war. „Dort wohnt Dr.
von Waidenfels“, sagte er. „Ich weiß nicht, ob du ihn sehen willst. Er war der
Eugeniker bei der Samenbank der Genies, er hat fast alles allein gemacht. Inzwischen
ist er uralt, und ich habe gehört, er soll verrückt geworden sein. Aber
vielleicht hat er noch die Akten von damals, mitsamt den Adressen und Daten der
Spender. Außerdem freut sich seine Frau sicher über Besuch, sie ist ziemlich
einsam. Ich würde es versuchen.“
Francis ließ den Zettel in seiner Hosentasche
verschwinden. „Da ist nur eins, was ich nicht verstehe“, fing er an. Was er
sagen wollte, machte ihn verlegen. „Es ist... Wieso bin ich so schlecht in
allem? Bei meinen Genen müsste ich doch viel besser sein!“
„Vielleicht. Aber schon mal daran gedacht, dass du
dein Potential erst entfalten kannst, wenn du weißt, wer du bist?“
„Fair
enough.“ Francis grinste. Sie gaben sich die Hand.
„Ich hoffe jedenfalls, das Treffen mit deinem Vater
läuft gut“, sagte Alistair. „Ich musste bei Laura mit ansehen, was passieren
kann, wenn so was schiefgeht. Sie hatte einfach zu hohe Erwartungen, sie...“ Er
brach ab. „Ich hoffe wirklich, dass bei dir alles besser läuft.“
„Danke!“ Francis wollte sich schon wegdrehen, blieb
aber in der Tür stehen. „Sag mal, was hast du eigentlich auf dem Mills
studiert?“
Alistair zuckte mit den Schultern. „Religionswissenschaften.“
4
Nach dem Besuch konnte Francis an nichts anderes
denken als an den Namen seines Vaters. Doble. Inzwischen war er sich sicher, dass Alistair recht hatte.
Er sah einfach nicht aus wie jemand, der sich irrte. Auch die anderen waren der
Meinung, dass es plausibel klang. Vorhin hatten sie im Internet nach Doble
gesucht, doch es hatte zu viele unterschiedliche Einträge gegeben. Zudem
bestand ja auch die Möglichkeit, dass Francis' Vater ein zurückgezogen lebender
Forscher war, zu dem es keine Treffer im Netz gab. Auf jeden Fall benötigten
sie seinen Vornamen und mehr Informationen.
Gemeinsam besichtigten sie die Innenstadt. Anne-May
meinte, sie brauchte unbedingt neue Klamotten für den Besuch bei ihrer
Großmutter. Bei Macy's
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