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Fast geschenkt

Fast geschenkt

Titel: Fast geschenkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Kinsella
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lächelt in die Kamera. »Alles Gute für Ihren Ruhestand, Enid!«
    »Halt!«, sage ich. »Enid, wenn Sie noch ein bisschen über Ihr Problem reden möchten, bleiben Sie einen Moment dran, ja?«
    »Ja«, sagt Enid nach kurzer Bedenkzeit. »Ja, gerne.«
    »Und wir kommen zum Wetter«, sagt Rory, der immer zu neuem Leben erwacht, wenn die Finanzgespräche vorbei sind. »Möchten Sie abschließend noch etwas loswerden, Becky?«
    »Das Gleiche wie immer«, sage ich und lächle in die Kamera. »Was Sie heute für Ihr Geld tun...«
    »...tut Ihr Geld morgen für Sie!«, vollenden Rory und Emma mein Motto. Nach der obligatorischen Sekundenstarre entspannen wir uns alle, und Zelda, die Produktionsassistentin, erscheint im Set.
    »Sehr gut!«, lobt sie uns. »Ist klasse rübergekommen. Becky, diese Enid ist immer noch auf Leitung vier. Wenn du willst, wimmeln wir sie irgendwie ab ...«
    »Nein!«, entrüste ich mich. »Ich will wirklich gern mit ihr sprechen. Ich hatte nämlich den Eindruck, dass sie überhaupt noch nicht aufhören will zu arbeiten.«
    »Wie du willst«, sagt Zelda und hakt irgendetwas auf ihrem Klemmbrett ab. »Ach, und Luke wartet am Empfang auf dich.«
    »Jetzt schon?« Ich sehe auf die Uhr. »O Gott... Kannst du ihm sagen, dass ich gleich komme?«
    Ich hatte wirklich nicht vor, so lange mit Enid zu telefonieren. Aber kaum waren wir sozusagen unter uns, rückte sie mit der wahren Geschichte heraus: Dass sie Angst vor dem Ruhestand hat und nur ihr Mann will, dass sie zu Hause bleibt, damit sie für ihn kocht. Dass sie richtig aufgeht in ihrem Job und dass sie eigentlich einen Computerkurs machen wollte, ihr Mann aber meinte, das sei Geldverschwendung... Gegen Ende bin ich völlig außer mir. Ich habe Enid ziemlich deutlich meine Meinung gesagt, und als ich sie gerade frage, ob sie sich für eine emanzipierte Frau hält, klopft Zelda mir auf die Schulter und erinnert mich daran, wo ich bin.
    Dann dauert es noch mal fünf Minuten, bis ich mich umschweifig bei Enid entschuldigt und ihr klar gemacht habe, dass ich weg muss. Dann entschuldigt sie sich bei mir - und dann verabschieden und bedanken wir uns beide noch mindestens zwanzigmal. Dann flitze ich in meine Garderobe und ziehe mich um: das Morning-Coffee-Outfit aus, das Hinreise-Outfit an.
    Ich betrachte mich im Spiegel und bin zufrieden. Ich trage ein Puccieskes, buntes Oberteil, ausgefranste Jeans-Shorts, meine neuen Sandalen, eine Sonnenbrille von Gucci (gab‘s im Ausverkauf bei Harvey Nichols zum halben Preis!) - und mein über alles geliebtes, blassblaues Dennyand-George-Tuch.
    Luke hat einen Narren gefressen an diesem Tuch. Wenn uns jemand fragt, wie wir uns kennen gelernt haben, antwortet Luke immer: »Unsere Blicke trafen sich über einem Dennyand-George-Tuch.« Und das stimmt auch fast. Er hat mir einen Teil des Geldes geliehen, das ich brauchte, um das Tuch kaufen zu können, und er behauptet heute noch steif und fest, ich hätte ihm das Geld nie wiedergegeben, und darum würde das Tuch zum Teil ihm gehören. (Das stimmt natürlich überhaupt nicht. Ich habe ihm das Geld sofort zurückgegeben.)
    Wie dem auch sei, ich trage das Tuch ziemlich häufig, wenn Luke und ich zusammen ausgehen. Und auch, wenn wir zu Hause bleiben. Wissen Sie was, ich verrate Ihnen ein kleines Geheimnis - manchmal trage ich das Tuch sogar, wenn wir...
    Ach nein, lieber doch nicht. Das müssen Sie nun wirklich nicht wissen. Vergessen Sie‘s.
    Als ich endlich in den Empfangsbereich rausche, sehe ich auf die Uhr und stelle fest, dass ich vierzig Minuten zu spät bin. Oh Gott. Und Luke sitzt in einem der knautschigen Sessel und sieht so groß und fantastisch aus. Er trägt das Polohemd, das ich ihm im Ausverkauf bei Ralph Lauren gekauft habe.
    »Tut mir Leid, Luke«, sage ich. »Ich habe nur noch...«
    »Ich weiß«, sagt Luke, faltet die Zeitung zusammen und steht auf. »Du hast mit Enid gesprochen.« Er gibt mir einen Kuss und drückt meinen Arm. »Ich habe die letzten beiden Anrufe gesehen. Schön für dich.«
    »Die hat vielleicht einen Mann, sage ich dir!«, erzähle ich auf unserem Weg durch die Schwingtüren nach draußen auf den Parkplatz. »Kein Wunder, dass sie weiter arbeiten will!«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Er erwartet von ihr, dass sie ihm zuliebe zu Hause bleibt und ihm das Leben so angenehm wie möglich macht.« Ich schüttle indigniert den Kopf. »Mannomann, also, das würde ich ja nie tun! Nie! Zu Hause bleiben und dir immer brav Abendessen machen.

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