Fast geschenkt
ich die komplette Monopoly-Bank mit mir herumschleppen. Gestern habe ich mir an einem Kiosk ein paar Zeitschriften gekauft, und als ich dem Verkäufer einen zwanzig-Dollar-Schein reichte, kam ich mir vor wie beim Kaufmannsladenspielen. Das muss eine besondere Art von Jetlag sein - man bewegt sich in einer anderen Währung und hat plötzlich das Gefühl, überhaupt nichts auszugeben.
Ich streife also durch die Taschenabteilung, hänge mir eine Tasche nach der anderen über die Schulter und achte im Grunde überhaupt nicht auf die Preise. Ab und zu drehe ich mal ein Preisschild um und unternehme einen eher halbherzigen Versuch auszurechnen, wie viel das in echtem Geld wäre - aber ich muss gestehen, dass ich den genauen Wechselkurs vergessen habe. Und selbst wenn ich ihn noch wüsste - Kopfrechnen war noch nie meine Stärke.
Aber das ist auch egal. Ich brauche mir keine Sorgen zu machen, weil ich schließlich in Amerika bin, und wie jedermann weiß, ist in Amerika alles wahnsinnig billig. Ich kann also prinzipiell davon ausgehen, dass alles, was ich kaufe, ein echtes Schnäppchen ist. Nun sehen Sie sich nur mal die vielen Designerhandtaschen an. Die kosten hier bestimmt nur halb so viel wie in England, wenn nicht noch weniger!
Ich entscheide mich für eine wunderschöne, gelbbraune Ledertasche von Kate Spade und bringe sie zur Kasse. Sie kostet 500 Dollar, das hört sich ganz schön viel an - aber »eine Million Lire« hört sich auch viel an, oder? Und das sind nur ungefähr 50 Pence.
Als die Verkäuferin mir den Bon reicht, sagt sie irgendetwas von »Geschenk«, und ich strahle sie glücklich an und sage:
»Das ist absolut geschenkt! Also, in London würde sie wahrscheinlich doppelt so viel kosten -«
»Gina, gehst du nach oben?«, unterbricht mich die Frau, um eine Kollegin anzusprechen. »Gina begleitet sie in den siebten Stock«, lächelt sie mich an.
»Gut«, sage ich leicht verwirrt. »Ja... okay.«
Gina winkt mich zu sich, und nach kurzem Zögern folge ich ihr und frage mich, was es wohl mit dem siebten Stock auf sich hat. Vielleicht gibt es da eine Lounge für Kate-Spade-Kundinnen, in der gratis Sekt ausgeschenkt wird oder so!
Erst als wir uns einer Abteilung mit dem Schild »Hier wird Ihr Geschenk verpackt« nähern, wird mir klar, worum es geht. Als ich was von »geschenkt« gefaselt habe, hat die Verkäuferin wohl gedacht, dass die Tasche ein Geschenk sein soll.
»Da wären wir«, sagt Gina beschwingt. »Die Schachtel mit dem Saks-Schriftzug ist gratis. Sie können aber auch aus unserem breiten Angebot von erstklassigem Geschenkpapier und -band auswählen.«
»Toll!«, sage ich. »Danke. Obwohl ich ja eigentlich gar nicht vorhatte -«
Aber da ist Gina auch schon wieder verschwunden und die beiden Damen hinter der Geschenkpacktheke lächeln mich aufmunternd an.
Ach, ist das wieder peinlich. Was mache ich denn jetzt?
»Haben Sie sich schon für ein Papier entschieden?«, fragt mich die ältere der beiden Damen mit einem strahlenden Lächeln. »Wir haben die unterschiedlichsten Bänder und andere Geschenkdekoration.«
Ach, was soll‘s. Ich lasse sie einpacken. Kostet ja nur 7,50 Dollar - und dann habe ich wenigstens etwas auszupacken, wenn ich ins Hotel zurückkomme.
»Ja!«, sage ich und strahle zurück. »Ich hätte gern das silberne Papier da. Und lila Geschenkband, bitte. Und einige von diesen silbernen Beeren dort.«
Die Dame nimmt einen Bogen von dem gewünschten Papier und packt in Windeseile und mit unglaublichem Geschick meine Tasche ein. So schön habe ich noch nie etwas eingepackt. Das macht ja richtig Spaß, das hier. Vielleicht sollte ich meine Einkäufe von jetzt an immer als Geschenk verpacken lassen.
»Für wen ist es?«, erkundigt sich die Dame, nachdem sie ein Geschenkanhängerkärtchen aufgeklappt und einen silbernen Stift zur Hand genommen hat.
»Am... für Becky«, sage ich etwas zerstreut, da soeben ein paar Mädels im Geschenkepackraum aufgetaucht sind, deren Gespräch mich leicht ablenkt.
»... fünfzig Prozent billiger...«
»... Sample Sale...«
»...Earl Jeans...«
»Und von wem?«, erkundigt sich die Packdame freundlich.
»Am... von Becky«, sage ich ohne nachzudenken. Die Packdame sieht mich reichlich misstrauisch an, und auf einmal wird mir klar, was ich gesagt habe. »Eine... eine andere Becky«, füge ich verlegen hinzu.
»...Sample Sale...«
»...Alexander McQueen, hellblau achtzig Prozent billiger...«
»...Sample Sale...«
»...Sample
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