Faszination Menschenfresser
ihrem Rücken reiten lassen. Bei den Hyänen, die in Clans von bis zu 70 Mitgliedern leben, herrscht übrigens das Matriarchat. Es sind ausschließlich die Weibchen, die immer und überall das Sagen haben. In der strengen Hyänenhierarchie steht selbst das ranghöchste Männchen noch unter dem rangniedrigsten Weibchen. Insbesondere beim Fressen müssen die Herren der Schöpfung stets den Damen den Vortritt lassen. Nähert sich eine männliche Hyäne einem Weibchen, dann kommt es übrigens stets zu einer Unterwürfigkeitsgeste der besonderen Art: Das Männchen legt ein Vorderbein im Stehen über das andere, das dabei leicht einknickt. Anders ausgedrückt, es macht einen Hofknicks.
Nach Ansicht des Hyänenexperten und Naturbuchautors Hans Kruuk sind es vor allem die sehr großen Hyänen, die Menschen angreifen. So brachten zwei Hyänen, die 1962 in Malawi 27 Menschen getötet hatten, stolze 77 bzw. 72 Kilogramm auf die Waage, nachdem sie von Jägern erschossen worden waren. Das durchschnittliche Gewicht einer Tüpfelhyäne liegt bei etwa 45 bis 50 Kilogramm.
In den letzten Jahren ist es auch in Mosambik immer wieder zu Angriffen von Tüpfelhyänen auf Menschen gekommen, Tendenz steigend. Nach Angaben der Sociedade para a Gestão e Desenvolvimento da Reserva do Niassa Moçambique ( SGDRN ), der Verwaltung der Niassa Game Reserve, einem Naturschutzgebiet im Norden Mosambiks, kam es allein im Jahr 2003 im Grenzgebiet zu Tansania zu 52 Hyänenattacken, bei denen 35 Menschen getötet wurden. Und das sind nur die offiziellen Zahlen. Nach Ansicht der SGDRN liegt die Dunkelziffer weit höher.
In anderen afrikanischen Staaten wurden dagegen deutlich weniger Hyänenangriffe registriert: 1975 wurde in Kenia ein schlafendes Mädchen von einer Tüpfelhyäne angegriffen und schwer verletzt. 20 Jahre später wurde eine amerikanische Touristin in der Serengeti von einer Hyäne aus ihrem Safarizelt gezerrt und konnte nur mit Mühe und schwer verletzt von dem zu Hilfe eilenden Camppersonal gerettet werden. Etwas glimpflicher kam vor rund 30 Jahren ein Buschmann in Namibia davon, der zu tief ins Glas geschaut hatte und seinen Rausch im Freien ausschlief. Ihm wurde von einer Hyäne lediglich das Ohr abgebissen. Besonders dreist verhielt sich im Februar 2009 eine Hyäne in der an den südafrikanischen Krüger Nationalpark angrenzenden Sabi Sand Game Reserve. Das Tier marschierte am helllichten Tag in eine im Park gelegene Lodge und attackierte einen Angestellten, der es sich gerade vor dem Fernsehapparat gemütlich gemacht hatte. Die von den Schreien des Mannes alarmierten Sicherheitskräfte schafften es zwar, das Tier mit Schlägen durch Bullenpeitschen zu vertreiben, aber die Hilfe kam zu spät, die Hyäne hatte ihrem Opfer bereits das Genick durchgebissen. Offensichtlich war die Hyäne, die später von Rangern erschossen wurde, vom Duft des gebratenen Fleisches, das gerade auf der Lodge zubereitet wurde, angelockt worden.
Streifenhyänen sind, was Menschen betrifft, wesentlich scheuer als die deutlich größeren Tüpfelhyänen. Nur ganz wenige Fälle aus der Vergangenheit sind bekannt, in denen Streifenhyänen Menschen angegriffen haben. Allerdings wird noch heute nach über 100 Jahren in der Türkei mit großem Schaudern die Geschichte einer berüchtigten Streifenhyäne erzählt, die 1880 in der heutigen Provinz Igdir drei Jahre lang gezielt Jagd auf Menschen gemacht hat und dabei viele ihrer Opfer, darunter viele Kinder, verletzt hat. Grund genug für die Behörden, ein hohes Kopfgeld auf jede getötete Hyäne auszusetzen. In Aserbaidschan sollen Streifenhyänen in den 1930er- und 1940er-Jahren auf der Suche nach Nahrung vereinzelt sogar in die Innenhöfe von Häusern eingedrungen sein und dort schlafende Kinder zerfleischt haben. Ähnliches wird für den gleichen Zeitraum auch aus Turkmenistan berichtet, und auch in Indien sollen Streifenhyänen in den 1960er- und 1970er-Jahren mehrere Kleinkinder getötet haben.
Aber es geht, bzw. ging, auch vice versa. Streifenhyänen sind nämlich, neben diversen Bärenarten, die einzigen Menschenfresser unter den Säugetieren, die auch mal auf dem Teller von uns Menschen gelandet sind. So weiß man, dass etwa die Tuareg, ein zu den Berbern zählendes Nomadenvolk aus dem nördlichen Afrika, zumindest bis in die 1940er-Jahre Streifenhyänen regelrecht gemästet haben, um sie anschließend zu verzehren. Eine Praxis, der übrigens auch die alten Ägypter gefrönt haben.
Das
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