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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Ludwig
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mindestens 228 Leoparden getötet, allein 2007 waren es 68 Tiere. Die Dunkelziffer dürfte jedoch weit höher liegen. Relativ häufig werden nämlich die Behörden gar nicht erst eingeschaltet, und die echten oder vermeintlichen Man-eater fallen einer, natürlich streng illegalen, Selbstjustiz zum Opfer. So wurde 2007 ein Leopard, der sich in die westindische Stadt Nasik verirrt hatte, von den Bewohnern auf grausamste Weise getötet. Die aufgebrachte Menge trieb das Tier in die Enge und prügelte es dann mit langen Stöcken zu Tode. Noch brutaler gingen 2008 die aufgebrachten Einwohner des im Lakhimpur Kheri Distrikt gelegenen Dorfes Bilahar vor, die einen Leoparden, der im Verdacht stand, fünf Menschen getötet zu haben, mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leib verbrannten. Da soll noch mal einer sagen, Raubkatzen wären grausam!

Von wegen feige!
    oder Hyänen, die unterschätzten Räuber
    Kaum ein anderes Tier hat so einen miserablen Ruf wie die Hyäne. Sie gilt als feiges, hinterhältiges und faules Tier, das sich noch dazu ausschließlich vom Aas toter Tiere ernährt.
    Schon Aristoteles ließ kein gutes Haar an den äußerlich nicht gerade attraktiven Raubtieren und schrieb in seiner berühmten Historia animalium , bei Hyänen handle es sich um schäbig lachende Aasfresser, die verfaultes Fleisch liebten und gerne auf Friedhöfen buddelten, um an Essbares zu gelangen.
    Auch Tiervater Brehm war nicht gerade ein Fan der so übel beleumundeten Räuber: »Unter sämmtlichen Raubthieren ist sie unzweifelhaft die mißgestaltetste, garstigste Erscheinung; zu dieser aber kommen nun noch die geistigen Eigenschaften, um das Thier verhaßt zu machen.«
    Und selbst für Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway, der ein bekennender Großwildjäger war, waren Hyänen lediglich »Hermaphroditen, die sich an den Toten vergehen«. Am schlechten Ruf der Hyänen hat sich bis heute wenig geändert. Und so ist es kein Wunder, dass den immer etwas unproportioniert wirkenden Raubtieren selbst im 1994 entstandenen Disney-Klassiker Der König der Löwen die Rolle der Schurken zugefallen ist.
    Ein Ruf, der völlig zu Unrecht besteht, zumindest, wenn man bei den unterschiedlichen Hyänenarten differenziert. Dem Stereotyp als Aasfresser entsprechen nämlich eigentlich nur die Schabrackenhyäne und teilweise auch noch die Streifenhyäne. Die größere Tüpfelhyäne dagegen ist eine äußerst erfolgreiche Jägerin, die den weitaus größten Teil ihrer Beute selbst jagt. Und feige, wie so oft behauptet wird, sind Tüpfelhyänen schon gar nicht. Ganz im Gegenteil: Eine Tüpfelhyäne nimmt es jederzeit mit einem Leoparden auf. Mit einem Geparden sowieso und es kommt nicht einmal selten vor, dass Hyänen, obwohl sie viel kleiner sind, selbst Löwen von ihrer geschlagenen Beute vertreiben. Ein Verhalten, das in der Wissenschaft übrigens etwas beschönigend als Kleptoparasitismus bezeichnet wird.
    Das Beutespektrum der gefleckten Räuber umfasst dabei eine ungeheure Bandbreite, die von winzigen Insekten bis hin zu riesigen Elefanten reicht. Am häufigsten werden jedoch Gnus und Zebras erbeutet. Äußerst hilfreich, sowohl bei der Jagd als auch beim Verzehr von Kadavern, ist sicherlich das geradezu furchterregende Gebiss der Tüpfelhyäne. Im Vergleich zum Körpergewicht besitzen Hyänen nämlich den mit Abstand stärksten Kiefer aller Raubtiere. Dank ihrer außergewöhnlichen Kiefermuskulatur und einer speziellen Kiefermechanik können Tüpfelhyänen Beißkräfte von über 9000 Newton entwickeln.Eine Beißkraft, die sie in die Lage versetzt, sogar die Knochen eines Elefanten oder eines Flusspferdes zu knacken.
    Jüngste Funde von Paläontologen beweisen, dass Menschen bereits in der Steinzeit zum Beutespektrum von Hyänen gehört haben. Die Wissenschaftler entdeckten nämlich in der südafrikanischen Gladysvale-Höhle in rund 200 000 Jahre altem fossilem Hyänenkot menschliches Haar. Ein klarer Beweis, dass auch unsere Vorfahren in Afrika auf dem Speisezettel der Raubtiere mit dem gewaltigen Gebiss standen. Aber auch in Europa mussten sich unsere Altvorderen mit Hyänen herumschlagen – Höhlenhyänen, die deutlich größer und kräftiger waren als ihre heute in Afrika und Asien lebenden Vettern. Paläontologen gehen davon aus, dass zum Beispiel Neandertaler und Hyänen in der Steinzeit nicht nur miteinander in Nahrungskonkurrenz traten, sondern dass die großen Raubtiere auch ab und an einen unserer Vorfahren verspeist haben. Einige

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